Hürdenlauf
BZ-Interview mit Matthias Bühler aus Haslach
BZ-INTERVIEW mit Matthias Bühler über seine Leidenschaft, zehn Hürden zu überqueren – und seinen eigenen Weg zu gehen.
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HASLACH. An diesem Samstag (Vorlauf 17.50 Uhr, Finale 19.50 Uhr) hat Matthias Bühler aus Haslach im Kinzigtal die Chance, bei der deutschen Leichtathletik-Meisterschaft in Erfurt zum siebten Mal den Titel im 110-Meter-Hürdensprint zu holen. Mit dem 30-Jährigen sprach Georg Gulde über die Titelkämpfe, sein teures Hobby und den Leichtathletik-Verband.
Bühler: Das kann man so sehen. Aber im Ernst: Ich bin sehr froh, dass ich es dieses Mal vor der deutschen Meisterschaft schaffte. Denn so langsam bin ich nervös geworden.
BZ: Warum?
Bühler: Ich habe im vergangenen halben Jahr die beste Saisonvorbereitung meiner Karriere gehabt. Ich war nicht verletzt, Maximalkraft- und Sprungkraftwerte sowie meine Sprintwerte waren so gut wie nie zuvor. Ich bin seit vier Jahren je die Hälfte des Jahres in Phoenix/Arizona und trainiere dort in der Gruppe von Hürdensprint-Weltrekordler Aries Merritt. Die Wettkämpfe im Frühjahr in den USA liefen trotzdem nicht wie gewünscht. Wenn man sich topfit fühlt, aber die Zeiten stimmen nicht, dann wird man eben nervös.
BZ: Wie haben Sie es dann geschafft, die WM-Norm von 13,48 Sekunden vergangenen Samstag in Mannheim um zwei Hundertstelsekunden zu unterbieten?
Bühler: Ich habe meinem Körper eine Ruhepause verordnet. Das fällt mir schwer, denn ich trainiere einfach viel zu gerne. Doch ich habe inzwischen gelernt, auf meinen Körper zu hören.
BZ: Sie könnten am Samstag zum siebten Mal deutscher Meister werden. Was ist das Geheimnis, immer zum richtigen Zeitpunkt die beste Leistung abzurufen? Und klappt das dann bei internationalen Höhepunkten auch?
Bühler: Es gibt kein Geheimnis. Bis auf Olympia 2016, als ich im Vorlauf ausschied, habe ich meist bei internationalen Großevents gute Leistungen gebracht.
BZ: Sie sind trotz erfüllter WM-Norm noch nicht für die WM endgültig qualifiziert. Erklären Sie mal den Modus?
Bühler: Bisher haben Gregor Traber und ich die Norm erfüllt. Aber vor allem Erik Balnuweit und Alexander John ist das in Erfurt auch zuzutrauen. Dann wären wir vier Normerfüller. Der deutsche Meister ist nach den Kriterien des Deutschen Leichtathletik-Verbandes sicher für die WM qualifiziert. Deshalb wäre mir der Titel sehr wichtig. Von den anderen Dreien müsste einer daheim bleiben. Am Dienstag gibt der DLV sein Aufgebot für die WM Anfang August in London bekannt.
BZ: Sie sind seit dem Frühjahr wieder in Deutschland, trainieren aber das halbe Jahr in Phoenix in der Gruppe von Weltrekordler Aries Merritt. Wie finanziert man das?
Bühler: Meine Hauptgeldgeber sind meine Eltern und die LG Eintracht Frankfurt. Ich benötige jährlich 30 000 Euro, um mein teures Hobby finanzieren zu können. Meine Ersparnisse habe ich aufgebraucht. Aber ich will diesen Weg gehen, will mit den Besten trainieren. Außer 300 Euro pro Monat von der Sporthilfe habe ich keinerlei Unterstützung.
BZ: An der Situation sind Sie aber nicht ganz unschuldig. Zum 1. Oktober 2011 sind sie als Sportsoldat nach Unstimmigkeiten aus der Bundeswehr geflogen – und mit dem Deutschen Leichtathletik-Verband haben Sie auch immer wieder Zwist gehabt.
Bühler: Ja, das stimmt. Aber der Verband sollte sich doch dafür einsetzen, dass seine Athleten die besten Bedingungen haben. Ich finde es unlogisch, dass man Sportler, die einen eigenen Weg gehen und sich einer etablierten Trainingsgruppe in den USA anschließen, nicht unterstützt. Die Sportfördergruppen in Deutschland sind unheimlich wichtig, jedoch möchte ich als Athlet nicht jährlich zwei Monate auf Training verzichten oder kürzertreten um für Dienste anzutreten. Das ist meiner Meinung nach nicht förderlich für die Leistungsentwicklung. Die Weltklasse trainiert das ganze Jahr unter optimalen Bedingungen, warum sollte man als deutscher Athlet ständig Nachteile haben müssen?
BZ: Bereuen Sie es manchmal, dass Sie den Schritt in die USA nicht in ganz jungen Jahren gemacht haben, so dass Sie in der College-Leichtathletik der USA einen Platz gefunden hätten? Dann hätten Sie einen Studienabschluss machen und das US-amerikanische System benutzen können?
Bühler: Ich bin jemand, der nicht zurück-, sondern nur vorausschaut. Es gibt genug Beispiele, dass deutsche Leichtathleten an US-Colleges nicht zurechtkamen und sich ihre Leistungen so verbessert haben wie sie es erwarteten. Generell ist die Idee aber gut auf ein College zu gehen, um seinen Traum als Sportler zu verwirklichen. Altis ist jedoch ein eigenständiges Unternehmen, das Spitzensportler anbietet unter optimalen Bedingungen zu trainieren, daher wusste ich von Anfang an, dass ich mit Andreas Behm einen Top-Trainer habe und eine leistungsstarke Trainingsgruppe. Diese Konstellation ist nicht in jedem US-College gegeben.
BZ: Sie sind als bescheidener Starter bekannt. Schon mal darüber nachgedacht, auf die 400-Meter-Strecke zu wechseln?
Bühler: Na hören Sie mal, ich hatte in Mannheim kürzlich meinen besten Start überhaupt. Ich liebe den Hürdensprint zu sehr, um davon noch mal loszukommen. Das soll jedoch nicht heißen, dass ich nicht doch mal ein Rennen über 400 Meter Hürden bestreiten werde. Aber ein grundsätzlicher Wechsel auf eine andere Strecke kommt mit 30 Jahren zu spät. Mein größtes Potential sehe ich über 110 Meter Hürden.
BZ: Wie lange wollen Sie Ihr teures Hobby noch ausüben?
Bühler: Die Europameisterschaft 2018 in Berlin will ich auf alle Fälle noch mitmachen. Wann ich mit dem Leistungssport aufhöre, hängt tatsächlich von der Finanzierung ab. Ich kann ja meinen Eltern nicht mit 35 Jahren noch auf der Tasche liegen.
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