Interview

Eishockey-Bundestrainer zu Olympia: "Es waren einige Fehler"

Aus Enttäuschungen lernen: Eishockey-Bundestrainer Toni Söderholm äußert sich im Interview über das vorzeitige Ausscheiden bei den Olympischen Spielen und die WM, die an diesem Freitag beginnt.  

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Deutschlands Eishockey-Bundestrainer Toni Söderholm Foto: Daniel Karmann (dpa)
Hinter Eishockey-Bundestrainer Toni Söderholm liegt ein lehrreiches Jahr. 2021 verpasste das Nationalteam bei der WM knapp eine Medaille, Deutschland zog erstmals seit 2010 ins Halbfinale ein. Im Februar folgte das Olympia-Aus vor dem Viertelfinale. Am Freitag beginnt nun in Helsinki gegen Kanada (19.20 Uhr auf Sport 1 und Magentasport) die nächste Weltmeisterschaft. Im Interview spricht der 44-Jährige über die Olympia-Enttäuschung, seine Ansprüche und das NHL-Trio im Kader.
Toni Söderholm (44) wurde Ende 2018 überraschend Nachfolger von Marco Sturm. Der ehemalige Profi war damals Trainer beim Drittligisten SC Riessersee. Bis zu den Winterspielen war eher mit seinem Abschied vom Deutschen Eishockey-Bund nach dieser WM in Helsinki und Tampere gerechnet worden. Ende März verlängerte Söderholm bis 2026.

BZ: Die Winterspiele in Peking waren eine Enttäuschung. Was muss bei der WM passieren, dass sie als Wiedergutmachung gelten kann?
Söderholm: Die wichtige Frage für mich ist, dass wir die Wie-Frage beantworten können. Wie gewinnen wir Spiele? Dass wir uns identitätsmäßig wieder im Spiegel anschauen können. Wir hatten eine hohe Erwartungshaltung, aber irgendwie ist das Wie-wir-Gewinnen ein bisschen verloren gegangen. Wichtig ist, dass wir auch nicht so viel über Resultate reden.

BZ: Welche Fehler wurden möglicherweise in der Olympia-Vorbereitung gemacht und welche Lehren wurden daraus gezogen?
Söderholm: Es waren einige Fehler. Der eine war größer als der andere. Aber das ist jetzt Vergangenheit.

"Es war auch lehrreich zu wissen, wie alle reagieren, wenn es nicht so läuft, wie man sich das erhofft."

BZ: Hat sich beim Verhältnis zwischen den Spielern im Team und im Verhältnis zu Ihnen durch die Olympia-Enttäuschung etwas verändert?
Söderholm: Überhaupt nicht. Ich glaube, die Gespräche danach waren ernüchternd für alle. Es war auch lehrreich zu wissen, wie alle reagieren, wenn es nicht so läuft, wie man sich das erhofft. Alle wollen sich besser präsentieren.

BZ: Bei der WM in Riga im vergangenen Jahr hat das Team nur knapp eine Medaille verpasst. Wäre es vermessen, vom zweiten Halbfinale nacheinander zu träumen?
Söderholm: Träumen kannst du jeden Tag, wenn du willst, und sollte man wahrscheinlich auch. Aber lass uns erst den ersten Punkt im ersten Spiel gewinnen – und dann schauen wir weiter. Kaltschnäuzig, bodenständig, hart – so müssen wir arbeiten, damit wir uns in eine Position bringen, dass wir erfolgreich sein können. Mehr interessiert mich nicht.

"Wenn ein Spieler sich so fühlt, dass er der Mannschaft nicht helfen kann, dann hilft er der Mannschaft auch nicht und dann nehmen wir den nächsten."

BZ: Wie sehr sind Sie enttäuscht, dass sich offenbar nicht alle Nationalspieler für diese WM aufraffen können?
Söderholm: Es gibt mehrere Gründe. Wenn ein Spieler verletzt ist, dann ist er verletzt. Wenn ein Spieler keine Energie hat, dann hat er keine Energie. Wenn ein Spieler sich so fühlt, dass er der Mannschaft nicht helfen kann, dann hilft er der Mannschaft auch nicht und dann nehmen wir den nächsten. Da gibt es für mich nichts zu diskutieren. Einige sind verletzt, das ist für die Spieler dann auch eine Enttäuschung, wenn sie nicht dabei sein können.

BZ: NHL-Torhüter Philipp Grubauer dürfte die Rolle der Nummer eins übernehmen. Wie sehen Sie seine Rolle im Team?
Söderholm: Er ist sehr wichtig. Philipp hat auch einen sehr guten Charakter. Er bringt auch sehr viel Selbstvertrauen mit. Er bringt ein Gefühl mit, was das Selbstvertrauen der ganzen Mannschaft stärkt.

BZ: Verteidiger Moritz Seider hat eine starke erste NHL-Saison gespielt. Wo sehen Sie die Grenzen seiner Entwicklung?
Söderholm: Gibt es welche? Ich glaube nicht.

BZ: Moritz Seider vermittelte in der Vergangenheit stets großes Selbstvertrauen. Wie wichtig ist seine Rolle im Team?
Söderholm: Wichtig. Ich glaube, er hat eine sehr gute Balance zwischen dem, wann es ernst sein muss und wann die Zeit ist, Spaß zu haben. Wenn er dann seine Schlittschuhe anzieht und aufs Eis geht, dann ist es volles Business.

BZ: Welche Last kann der 20-jährige NHL-Stürmer Tim Stützle in der Offensive trotz seines jungen Alters bereits übernehmen?
Söderholm: Er kann sicher vieles übernehmen. Wichtig ist für uns, im Team die Mentalität zu haben, dass jemand Tore schießen kann. Tim hat sehr viel offensives Potenzial, ist technisch begabt und reagiert sehr schnell. Außerdem sind sein Auge und seine Kreativität in der Offensive auf einem sehr hohen Level.

BZ: Wer ist Ihr Titelfavorit?
Söderholm: Ich glaube, an den Finnen muss man irgendwann vorbei. Ich glaube, Kanada wird eine starke Mannschaft haben. Und es wird interessant zu sehen, was die Tschechen mit Kari Jalonen als neuem Trainer machen.
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