Volksentscheid in der Schweiz

Bergbauer kämpft gegen Abschneiden von Hörnern

Ein Schweizer Bergbauer kämpft dafür, Kühen und Ziegen ihre Hörner zu belassen. 120.000 Unterschriften hat er zusammengetragen. Nun muss sogar das Volk entscheiden.  

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Typische Schweizer Kuh – ohne Hörner Foto: fwfwf

MOUTIER (dpa). Kühe und Ziegen gehören zur Schweiz wie der Käse und die Schoggi. Doch richtig natürlich sehen sie auf den Almwiesen oft nicht mehr aus, denn meist werden ihnen in jungen Jahren die Hörner gezogen. Dagegen kämpft ein uriger Bergbauer – und ist damit nicht allein. 120 000 Unterschriften hat er in den vergangenen Wochen zusammengetragen. Nun muss das Volk über die Zukunft der Hörner abstimmen.

Heidi-Filme, Tourismusposter, Schokoladenverpackungen – glückliche Kühe mit prächtigen Hörnern prägen das Bild der Schweiz. Oder doch nicht? "Neun von zehn unserer Kühe haben keine Hörner mehr", bestätigt die Organisation Schweizer Tierschutz (STS). "Ziegen geht es nicht viel besser." In der Schweiz – ebenso wie in Deutschland und anderen Ländern mit moderner Viehwirtschaft – werden die Nutztiere systematisch enthornt. Unter anderem soll damit die Verletzungsgefahr in Großställen reduziert werden, wo Kühe oft dicht an dicht stehen. "Dafür raubt man ihnen die Würde und riskiert, dass sie dauerhaft Phantomschmerzen haben", schimpft der Bergbauer Armin Capaul. Seit fünf Jahren kämpft er bereits dafür, dass Kühe und Ziegen ihre Hörner behalten dürfen.

Nun hat Capaul einen großen Erfolg errungen: Gemeinsam mit nur wenigen Helfern sammelte der 64-Jährige rund 120 000 Unterschriften. Nach den Spielregeln der direkten Demokratie in der Schweiz sind das 20 000 mehr als erforderlich, damit über eine Volksinitiative abgestimmt wird. Von einem "basisdemokratischen Wunder" war in Zeitungen zu lesen – nachdem Capaul anfangs als "Hornkuh-Spinner" verspottet wurde.

"Wir nehmen die Schweizer Landwirtschaftspolitik auf die Hörner." Armin Capaul
Das Datum der Abstimmung muss zwar noch bestimmt werden. Klar ist aber, dass die Eidgenossen tatsächlich zu den Urnen gerufen werden, um über die Hörner von Kühen und Ziegen zu entscheiden. Genauer gesagt: Über die Frage, ob der Staat Bauern mit finanziellen Anreizen dazu bringen soll, auf das Enthornen zu verzichten. "Ein Verbot wollen wir nicht", erklärt Capaul bei einem Besuch auf seinem Bergbauernhof unweit des Städtchens Moutier im Berner Jura. Mit seiner Frau Claudia und einem seiner Söhne kümmert sich Capaul in einer malerischen Wiesen- und Waldlandschaft um acht Kühe, zehn Kälber, einen Stier, zwei Hunde sowie um etliche Ziegen, Schafe, Esel, Hühner und fünf Katzen.

"Wer das Enthornen für richtig hält, soll das weiter tun dürfen", sagt der Viehwirt, den man sich mit seinem Rauschebart und der Strickmütze auch gut in einem Werbespot für Kräuterbonbons oder Bergkäse vorstellen könnte. Ihm und seinen Mitstreitern von der IG Hornkuh gehe es darum, die vorhandenen Agrarsubventionen der Schweiz anders als bisher zu verteilen. "Weniger für die industrielle Landwirtschaft, ein wenig mehr für Bauern, die aus Respekt vor der Natur ihren Tieren die Hörner lassen."

Konkrete Summen nennt die "Hornkuh-Initiative" nicht. Capaul schweben pro Jahr etwa 500 Franken (455 Euro) für jede Kuh und 100 Franken (91 Euro) für jede Ziege mit Hörnern vor. "Das sollte als Direktzahlung an Bauern gewährt werden, die ihren Tieren die Hörner lassen. Unter anderem, weil sie dafür mehr Platz brauchen in einem Freilaufstall."

Noch hat der Schweizer Bauernverband SBV keine offizielle Empfehlung für die Abstimmung ausgesprochen. Die Meinungen gingen in der Bauernschaft auseinander, es werde "sehr emotional" diskutiert, sagte SBV-Präsident Markus Ritter dem Zürcher Tages-Anzeiger. Bei der Abstimmung rechnet Capaul fest damit, dass ihn die Mehrzahl der Schweizer Frauen unterstützen wird. "Frauen bringen einfach mehr Gefühl für Tiere auf", sagt er und fügt mit einem Augenzwinkern hinzu: "Wer unseren Sieg an der Urne verhindern will, der müsste vorher das Frauenstimmrecht abschaffen." Der Althippie, der seinen Kühen auch gerne etwas vortanzt oder sie mit Pink Floyd beschallt, gibt sich siegesgewiss und kämpferisch: "Wir nehmen die Schweizer Landwirtschaftspolitik auf die Hörner."

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