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Radsport

Bei der DM in Bad Dürrheim und Donaueschingen gibt’s zwei Überraschungsmeister

Stefan Kech
  • So, 23. Juni 2024, 21:52 Uhr
    Radsport

     

Bei der deutschen Radmeisterschaft in Bad Dürrheim holt sich am Sonntagnachmittag Marco Brenner den Titel auf der Straße. Bei den Frauen stoppt Franziska Koch die Serie von Liane Lippert.

Das Hauptfeld der Männer mit Nico Denz (rechts) aus Albbruck Foto: Bernd Weißbrod (dpa)
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Am Ende strahlte sogar die Sonne. Und einer strahlte ganz besonders mit: Marco Brenner. Der 21-Jährige vom Team Tudor Pro Cycling erwies sich an diesem Tag als unbezwingbar und holte sich zum krönenden Abschluss der dreitägigen Großveranstaltung den nationalen Titel. Zweiter wurde Florian Lipowitz (Bora-Hansgrohe) vor Kim Heiduk (Ineos Grenadiers). Bei der Siegerehrung waren sich alle einig: Brenner hatte sich das Trikot des deutschen Meisters absolut verdient.

Unzählige Zuschauer entlang der Strecke, tolle Stimmung inklusive. Dazu Fahrer, die an ihr Limit gehen. Viele Details glichen dem Rennen im vergangenen Jahr, als die deutsche Meisterschaft ebenfalls rund um Bad Dürrheim und Donaueschingen stattfand. Doch es gab einen gravierenden Unterschied zu 2023: Damals spulte Emanuel Buchmann (Bora-Hansgrohe), der dieses Mal nach einem schweren Sturz bei der Tour de Suisse mit Schlüsselbein- und Hüftbruch fehlte, eine grandiose Solofahrt ab und wurde deutscher Meister.

Ein Jahr später erlebten die Radsportfans deutlich mehr Spannung an der Spitze. Den Kampf um nationale Weihen bestimmte lange Zeit ein Quintett. Schon von Beginn an wurde klar, dass die 209 Kilometer lange Tour trotz weniger Bergpassagen als im vergangenen Jahr weiterhin ihren selektiven Charakter behielt. Das Starterfeld mit knapp 180 Fahrern wurde alsbald auseinandergerissen, in kleineren Gruppen kämpften die Pedaleure um die besten Positionen. Etwa 50 Kilometer vor Schluss rauschte die Spitzengruppe einmal mehr an der Zielankunft in Bad Dürrheim vorbei. Kurzzeitig mussten Tim Teutenberg und Kim Heiduk abreißen lassen, konnten die 16 Sekunden Rückstand dank der Unentschlossenheit der Konkurrenten rasch wieder zufahren.

Knapp viereinhalb Minuten später flog Simon Geschke (Cofidis) heran. Der 38-Jährige, beim Giro d’Italia jüngst als 14. bester Deutscher, hatte sich für die DM in seiner letzten Saison einiges vorgenommen. Doch es sollte nicht sein, der Mann mit dem mächtigen Bart wurde Zwölfter, und so muss er seine Karriere ohne einen deutschen Meistertitel beenden. Die Lokalmatadoren Jonas Koch und Nico Denz (beide Bora-Hansgrohe) wurden Sechster und Neunter.

Ganz vorne präsentierte sich Marco Brenner bärenstark. Er attackierte immer wieder, wollte seine Kontrahenten müde fahren und eine vorzeitige Entscheidung erzwingen. Teutenberg, Heiduk und Ben Zwiehoff konnten da nicht mehr mithalten, nun also machten Brenner und Florian Lipowitz den Sieg unter sich aus. Acht Kilometer vor dem Ziel holte Brenner zum entscheidenden Schlag aus. Beim Anstieg in Aasen ging er aus dem Sattel und trat unwiderstehlich an. Im ersten Moment sah es so aus, als ob Lipowitz noch folgen könnte, doch Meter für Meter vergrößerte sich sein Rückstand.

"Diese Attacke sitzt", legte sich der über die vielen Lautsprecher zu hörende Kommentator fest; er sollte recht behalten. Im Ziel durfte sich Brenner mit 55 Sekunden Vorsprung feiern lassen. "Ich habe es in der letzten Runde einfach noch einmal versucht. Am Ende haben es dann die Beine gerichtet", berichtete der neue Meister bei der Siegerehrung auf der großen Bühne mitten in Bad Dürrheim.

Dort präsentierte sich auch Jan Ullrich gut gelaunt. Der 50-Jährige wurde als "Die Legende" angekündigt und stand locker Rede und Antwort. Gerne erinnerte er sich an seinen Sieg an gleicher Stätte 2001 und lobte den Gastgeber: "Die Profis mögen es, hier zu fahren."

Das dürfte definitiv auch für Franziska Koch (Team DSM) gelten. Bei nasskaltem Wetter gewann sie mit knappem Vorsprung das Straßenrennen bei den Frauen. "Ich fahre gerne im Regen. Beim Zielsprint bin ich mit Schwung von hinten gekommen", so die 23-jährige Siegerin aus Mettmann. Die Meisterin der beiden vergangenen Jahre, Liane Lippert (Movistar Team), musste sich, von Krämpfen geplagt und vor Kälte schlotternd, im Schlusssprint geschlagen geben. Dritte wurde Antonia Niedermaier (Canyon/Sram Racing). Clara Koppenburg (Lörrach/EF Education-Cannondale) fuhr als Zehnte über den Zielstrich.

Am Freitag standen bei der deutschen Straßenradmeisterschaft die Zeitfahren im Blickpunkt. Dabei konnten Nils Politt und Mieke Kröger ihre Titel jeweils verteidigen.

Irgendwie dürfte das auch für Organisator Rik Sauser und sein Team gelten. Noch nie ließ der Bund Deutscher Radfahrer (BDR) seine Meisterschaft zwei Jahre nacheinander am selben Ort ausrichten. Bei dieser Ausgabe wurde das Programm durch die Nachwuchsrennen gewaltig ausgebaut. "Eine echte Herausforderung, die wir gemeinsam bestens gemeistert haben", so Sauser am Sonntag. Einmal mehr prasselte kollektives Lob auf ihn ein, sogar von ganz oben. So würdigte der anwesende BDR-Präsident Rudolf Scharping die Organisation und rief Bad Dürrheim kurzerhand "zur deutschen Hauptstadt des Radsports" aus. Donaueschingen als zweite involvierte Kommune hatte er in diesem Moment nicht auf dem Schirm. Sie werden es verschmerzen können – hoffentlich.

Ressort: Radsport

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