Elektroimpulswaffe

Baden-Württemberg will keine Taser für Streifenbeamte

Im Südwesten dürfen sich nur Spezialeinheiten der Polizei mit Elektroschockern gegen Angriffe wehren. Immer wieder kommen sie auch zum Einsatz. Für Streifenbeamte sieht das Innenministerium hingegen Probleme.  

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Ein Polizeibeamter demonstriert einen Taser.  | Foto: Soeren Stache (dpa)
Ein Polizeibeamter demonstriert einen Taser. Foto: Soeren Stache (dpa)

Ein Mittel zwischen Schlagstock und Pistole: Die baden-württembergische Polizei hat im vergangenen Jahr mehrfach Angreifer mit Elektroschocker außer Gefecht gesetzt. Das teilte das Innenministerium auf Nachfrage mit. Demnach kam es 2024 zu fünf Taser-Einsätzen. Seit März 2007, der Einführung des Tasers im Land, seien 64 Fälle registriert worden. Todesfälle wurden demnach bislang nicht verzeichnet.

Sogenannte Distanz-Elektroimpulsgeräte werden im Südwesten ebenso wie in einigen anderen Ländern ausschließlich durch die Spezialeinheiten eingesetzt - daran soll sich auch erstmal nichts ändern. Das Land plant derzeit keine flächendeckende Einführung. "Bei dynamischen Einsatzlagen, in denen Einsatzkräfte mit Messern oder Waffen bedroht oder angegriffen werden, ist der Einsatz von Tasern nicht geeignet", sagte eine Sprecherin des Ministeriums. Nur bei günstigen Rahmenbedingungen und in Einzelfällen könnten Taser Zugriffe wirksam unterstützen - etwa bei statischen Einsatzlagen gegen bewaffnete Personen.

Hoher Trainingsaufwand

Für das Ministerium ist das eine Kosten-Nutzen-Rechnung, die sich derzeit nicht lohnt. Es gebe nur relativ wenige Situationen, in welchen ein Taser wirklich ein gutes Mittel im Einsatz sei, erklärte die Sprecherin. Der Beamte müsse in einem gewissen Abstand gut treffen. Es könne sein, dass die Pfeile nicht hafteten und der Elektroschock nicht funktioniere - dann könnte der Polizist in Gefahr sein. Dem gegenüber stehe ein enormer, regelmäßig wiederkehrender Schulungsaufwand. "Der Einsatz von Tasern ist mit einem hohen Trainingsaufwand zur Erreichung von routinierten Verfahrensweisen im Einsatz verbunden", betonte die Sprecherin.

Die Bewertung für die flächendeckende Einführung von Tasern für Streifenbeamte sei vielschichtig und komplex, so die Sprecherin weiter. "Unter anderem sind das taktische Vorgehen, die Anzahl der benötigten Einsatzkräfte, die Eigensicherung beim Vorgehen gegen gefährliche oder bewaffnete Personen und die medizinische Versorgung der betroffenen Personen zu berücksichtigen." Man bewerte den Einsatz von Tasern aber fortlaufend. "Wenn sich Rahmenbedingungen ändern, müssen wir uns die Vorgehensweise und die Ausrüstung ansehen und gegebenenfalls auch ändern."

Nicht ohne Risiko

Mit dem Taser wird ein Gegner mehrere Sekunden lang handlungsunfähig gemacht, weil die Geräte eine kurzzeitige Lähmung im Nervensystem verursachen. Aus einer Distanz von zwei bis fünf Metern schießt der Polizist mit Draht verbundene Pfeile ab. Für den Getroffenen ist das schmerzhaft, denn der Pfeil dringt mehrere Millimeter tief in die Haut und gibt einen Stromimpuls ab. Damit sollen Polizisten einen Angreifer auf Distanz halten können - ohne dass es das Risiko einer tödlichen Verletzung gibt. Ganz ohne Risiko ist der Einsatz eines Elektroschockers aber nicht. Gerade bei Älteren, Schwangeren und Menschen mit Herzproblemen kann er tödliche Folgen haben.

Der Taser sendet nach Abschuss zweier Elektroden Stromimpulse ab.  | Foto: Rolf Vennenbernd (dpa)
Der Taser sendet nach Abschuss zweier Elektroden Stromimpulse ab. Foto: Rolf Vennenbernd (dpa)

Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) fordert seit Jahren vehement, Polizeibeamte im Streifendienst im Südwesten mit Tasern auszustatten. Während andere Bundesländer die Geräte längst erfolgreich im Streifendienst einsetzten, blockierten im Südwesten die Grünen die Einführung, kritisierte Landeschef Ralf Kusterer. Manche politische Entscheidungsträger hätten bisher nicht verstanden, wie sich etwa die Gewalt mit Messern verändert habe. "Sie versagen der Polizei ein Einsatzmittel, das zwischen dem Schlagstock und unterhalb der Schusswaffe das Leben von Tätern schützen kann."

Reicht schon die Drohung?

Insbesondere psychisch Kranke und Menschen unter Drogeneinfluss und in Ausnahmesituationen würden immer mehr zum polizeilichen Problemfall, sagte Kusterer. Oft bleibe als einziges Mittel die Schusswaffe. "Mit schlimmen Folgen für die Täter, aber auch für diejenigen, die von der Schusswaffe Gebrauch machen müssen." Aus anderen Bundesländern sei bekannt, dass oft schon die Androhung des Taser-Einsatzes zur "Bereinigung der Lage" ausreiche.

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Kommentare (2)

Ralf Meier

141 seit 7. Mai 2024

Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) fordert seit Jahren vehement, Polizeibeamte im Streifendienst im Südwesten mit Tasern auszustatten.
Und das absolut zu Recht.

Ich war seit Jahren mal wieder Samstagsnacht mit Freunden in der Innenstadt bzw. In der Spätvorstellung im Kino.
Also alleine und ohne diverse Verteidigungsutensilien (das nenne ich jetzt einfach mal so) kann ich das niemand mehr empfehlen.
Solche Zustände sind einfach nicht mehr Tragbar.
Und es wundert mich absolut nicht, dass immer weniger Menschen zur Polizei gehen möchten.

Werner F. Müller

1889 seit 20. Sep 2018

Es ist die verdammte Pflicht des Staates den Polizisten jegliche Ausrüstung zu geben, die ihren Job sicherer macht. Wir müssen Verbrecher nicht vor der Polizei schützen.

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