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Kultur

Auch die Kinobranche leidet unter der Corona-Krise

Seit der Schließung aller Kinos in Deutschland grassiert eine extreme Unsicherheit in der Branche. Viele Arthouse-Kinos und kleinere Verleiher sind in ihrer Existenz bedroht, Verbände fordern Finanzhilfen.  

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Ein leerer Kinosaal – wie lange noch? Foto: Denise Jans (Unsplash)
Das lukrative Ostergeschäft für die Kinobranche fällt komplett aus. Viele Kinobesitzer und Verleiher rechnen frühestens Mitte Mai mit einer Wiedereröffnung ihrer Kinos, die Starttermine vieler neuer Kinofilme wurden verschoben.

Für die rund 700 Filmtheater stellt diese Situation eine riesige Bedrohung dar, vor allem für die kleineren Arthouse-Kinos. Der Verlust wird auf bis zu 17 Millionen Euro pro Woche geschätzt, bei den Arthouse-Kinos rechnet man mit knapp 3 Millionen. Christian Bräuer, Sprecher der AG Kino, gibt zu bedenken, dass das Geschäft, das jetzt verloren gehe, nicht nachgeholt werden könne. Kinoplätze ließen sich ja später nicht doppelt belegen.

Freiburger Kinobetreiber rechnet erst für nach einer Impfstoffentdeckung mit Wiedereröffnung

Ludwig Ammann, mit Michael Isele Geschäftsführer der Freiburger Arthouse-Kinos Friedrichsbau, Harmonie und Kandelhof, ist skeptisch, dass die Lichtspielhäuser im Sommer bereits wieder öffnen können – und wenn, dann nur unter behördlichen Einschränkungen. Einen Normalbetrieb wie vor der Krise hält er erst dann wieder für realistisch, wenn ein Medikament oder Impfstoff gegen das Virus auf dem Markt ist. Er hat inzwischen für die Festangestellten Kurzarbeit angemeldet – "aber für Minijobber und Werkstudenten geht das ja nach Auskunft der Agentur für Arbeit leider nicht".

Die Krise schlägt auch auf die Verleiher durch, weniger auf US-Riesen oder deutsche Großverleiher als auf die kleineren Firmen. Sie müssen auch die Kosten für die nun gescheiterten Marketingkampagnen abschreiben, während die Fixkosten weiter auflaufen. Der Erlös an der Kinokasse macht zwei Drittel der Einnahmen an einem Film aus. Das nächste Problem der Verleiher bahnt sich erst an: der Filmstau. Geht man von zehn bis 15 Starts pro Woche aus, können da schnell 150 bis 180 Filme zusammenkommen.

Verbände wie die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) oder die AG Kino verlangten schon wenige Tage nach den Kinoschließungen Liquiditätsbeihilfen. "Die Ausfälle, die wir in allen Bereichen jetzt haben, muss der Staat ersetzen, und zwar 1:1. Nur dann können wir normal weiterfahren und investieren. Sonst haben wir ein Mordsminus und schliddern in eine Rezession hinein", so SPIO-Präsident Thomas Negele. Das Präsidium der Filmförderungsanstalt (FFA) beschloss inzwischen ein Maßnahmenpaket und die Bildung von Hilfsfonds für Kinos. Die Länderförderungen entwickeln ebenfalls einheitliche Hilfsmaßnahmen. In der Branche wird der Ruf nach einem generellen Drehstopp lauter, schon aus gesundheitlichen Gründen.

Studios testen neue Streaming-Angebote

Als erstes Hollywood-Studio nutzte Universal Pictures die Corona-Krise, um gerade erst im Kino angelaufene Filme wie "The Hunt", "Emma" oder "Der Unsichtbare" in den USA als Streaming-Angebot verfügbar zu machen, für umgerechnet rund 20 Euro für 48 Stunden, was in etwa dem Preis von zwei Kinokarten entspricht. Ohne Kino gibt es ab 10. April direkt als Video-on-Demand-Premiere (VoD) den Dreamworks-Animationsfilm "Trolls World Tour", Paramounts "Sonic the Hedgehog" und Disneys "Onward: Keine halben Sachen" gehen in wenigen Tagen schon digital. Bislang galt in den USA eine Frist von 90 Tagen ab Kinostart für die nachfolgenden Verwertungswege.

SPIO-Chef Negele verbreitet Optimismus, dass nach der Pause "das Kino wieder in die Köpfe kommt". AG Kino-Vorstand Bräuer aber fürchtet, es könnten Unternehmen, denen das Kinofenster schon lange ein Dorn im Auge ist, die Krise zu ihrem Vorteil nutzen: "Einigen ist es egal, ob sie ihre Umsätze im Kino oder via Streaming machen. Da müssen wir aufpassen."

Immerhin: In der Krise wächst auch die Solidarität innerhalb der Branche. So bietet der Nürnberger Verleih Grandfilm eigene Titel auf einem VoD-Kanal an, und von den Einnahmen gehen 50 Prozent an Partnerkinos. Und Lichtspielhäuser wie das Krone-Theater in Titisee-Neustadt werben bei ihrem Publikum für das Angebot von "Kino on Demand", bei dem Filmfreunde sich ausgewählte Titel ins heimische Wohnzimmer holen können und mit jedem fünften Filmabruf einen Kinogutschein für die Zeit nach der Krise bekommen. Das ist mehr als eine Geste: ein Zeichen des Miteinanders und der Partnerschaft in schwierigen Zeiten.

Mehr zum Thema:

Ressort: Kino

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Fr, 27. März 2020: PDF-Version herunterladen

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