Südbadener in Rio (15)
Anna und Lisa Hahner, die schnellen Marathon-Zwillinge
Anna und Lisa Hahner sind Zwillinge, die in Gegenbach leben – und bei Olympia in Rio gemeinsam im Marathon starten. Obwohl’s anstrengend werden wird, wollen sie dennoch stets lächeln.
Sa, 30. Jul 2016, 0:00 Uhr
Olympische Spiele
Thema: Südbadener in Rio
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Obwohl auch die beiden Olympiastarterinnen auf unkonventionelle Weise zum Laufen gekommen sind. Vor neun Jahren haben sich die Beiden einen Vortrag von Joey Kelly, dem Ultra-Ausdauersportler, in Fulda angehört. "Wow, Laufen muss das Coolste auf der Welt sein", erinnert sich Lisa, damals 17 Jahre alt, noch an ihre Gedanken. Als die beiden blonden Frauen bei einem späteren Treffen Kelly von dieser von ihm ausgelösten Initialzündung erzählten, konnte er sich an diesen Vortrag nicht mehr explizit erinnern. Anna schon: "Wenn du was ändern willst, dann ändere es sofort." Also sind sie am nächsten Tag vom Bauernhof ihrer Eltern in Nüsttal losgelaufen. Sechs Kilometer.
Ungezählte folgten. Am 14. August stehen weitere 42,195 Kilometer an. Bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro. Realistisch gesehen gilt für die 26-jährigen Läuferinnen das olympische Motto vom Dabeisein. Mit ihren Bestleistungen in diesem Jahr von 2:30:35 Stunden (Anna) und 2:34:56 (Lisa) belegen sie die Plätze 112 und 225 in der Weltbestenliste, die von der Äthiopierin Tirfi Tsegaye mit einer Zeit von 2:19:41 Stunden angeführt wird. Doch beim olympischen Marathon mit Start und Ziel im Sambódromo dürfen weniger mitmachen. Denn zwischen Tsegaye und Lisa Hahner rangieren 73 Äthiopierinnen sowie 57 Kenianerinnen. Startberechtigt sind pro Land jeweils nur drei Läuferinnen.
In ihrer Präsentation machen sie den Schülern das Laufen richtig schmackhaft. "Wir haben ausgerechnet, dass wir durchs Laufen das Doppelte essen können – 20 000 Kalorien in der Woche", sagt Lisa Hahner, die Französisch und Mathematik studiert hat. "Das sind 17 Snickers oder 144 Kiwis", macht Anna Hahner, die Französisch und katholische Theologie studierte, die abstrakten Kalorien begreifbar. Das Laufen hat den Zwillingen auch beim Lernen geholfen. Während ihrer ausgedehnten Trainingsläufe paukten sie Vokabeln oder übten diese in Rollenspielen. "Für französische Vokabeln braucht man Liebe und Drama", berichtet Lisa.
Reden – das tun die beiden Läuferinnen sehr viel. Mit einer Einschränkung. "Je länger und schneller wir rennen, desto weniger reden wir", sagt Anna. Lächeln aber wollen sie selbst noch bei größter Anstrengung. "Run with a smile ist ein Motto von uns, nicht nur beim Laufen", erklärt Lisa. Ein kurzer Blick zur Zwillingsschwester, schon ergänzt Anna: "Im Wettkampf lächeln uns die Zuschauer zurück, das gibt uns Energie." Mittlerweile leben die beiden Hessinnen in Gengenbach. Die Teilnahme an den Gengenbacher Projekttagen war ein Heimspiel.
Trotzdem schütteln viele Experten zehn Tage vor dem Abflug nach Rio darüber nur den Kopf. Auch die offensive Vermarktung durch Manager Thomas Dold findet nicht die uneingeschränkte Zustimmung. "Die Vermarktung schadet der Leistung", sagt Bundestrainerin Katrin Dörre-Heinig. Diese Kritik kontert Anna Hahner: "Wir bekommen vom Deutschen Leichtathletik-Verband keinerlei Unterstützung. Wir müssen schauen, wie wir unseren Sport finanziert bekommen." Dafür halten sie Vorträge, geben Tipps in Laufseminaren und haben den Hahnertwins-Club gegründet. Zwar habe die Leistung Vorrang, doch wie sich die beiden Spätstarterinnen noch steigern können, ist völlig ungewiss.
Nur im Klassenzimmer reden, das geht für Anna und Lisa Hahner nicht. Sie brauchen Bewegung. Also nehmen sie ihre zehn Schüler mit aus die Wiese, machen Übungen zur Stabilisierung des Rumpfes. "Daran hängen alle Gliedmaßen, die Beine wie die Arme", erklärt Lisa.
Wenn Anna und Lisa Hahner am 14. August (14.30 Uhr/MESZ) in Rio auf die klassische Distanz gehen, ist das erst der dritte gemeinsame Marathon. "Klar duellieren wir uns", so Lisa, "aber wir sind erst einmal glücklich, die Zwillingsschwester zu haben. So können wir alles gemeinsam erleben und uns gegenseitig antreiben." Anna sagt: "Zuerst läuft man gegen die Distanz, dann gegen die Konkurrenz." Doch wie sieht das genau aus? "Es wäre schön, wenn wir möglichst lange gemeinsam laufen könnten", sagt Lisa. Am Ende sei es jedoch wichtig, dass jede genau auf ihren Körper hört, sagt Anna.
In den drei Stunden am Gegenbacher Gymnasium sind nicht nur di Halbsätze hin und her geflogen, auch der Funke ist übergesprungen. "Es hat unheimlich Spaß gemacht", sagt Hannah. Die 15-Jährige läuft selbst lang. Und Phillip ergänzt: "Die gute Laune von Anna und Lisa ist ansteckend, ich bin voll motiviert."
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