Angekommen im Studentenleben?
Studenten lernen meist im ersten Jahr, worauf es wirklich ankommt, auch unsere Jugendredakteure, die alle noch von Lahr pendeln.
Vincent Daiber Abi: Scheffel-Gymnasium Lahr Studium: 3. Semester Bachelor of Science & Chemie Berufsziel: noch unklar
Do, 17. Dez 2015
Neues für Schüler
Thema: Jugendredaktion Lahr
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Seit einem guten Jahr studieren auch drei Mitglieder der Lahrer BZ-Jugendredaktion "Jugend macht Zeitung" (JuZ). Wie es ihnen ergangen ist – und was sie vor allem außerhalb der Hörsäle gelernt haben, berichten sie auf dieser Seite.
Mal eben so studieren. Das geht nicht. Nach meinem ersten Jahr an der Freiburger Uni als Chemiestudent ist das wohl die zentralste aller Lehren, direkt gefolgt von "Heißes Glas sieht aus wie kaltes Glas" – elementar wichtig fürs Labor. Morgens stehen Vorlesungen auf dem Programm, dann folgt ein Mensaessen und schon geht es entweder ab ins Labor oder man trifft sich, um gemeinsam Übungen zu machen oder sich auf die nächsten Experimente oder Vorlesungen vorzubereiten. Das alles kann man unmöglich alleine schaffen. Deswegen ist es fast unvermeidlich, dass sich recht schnell kleine Gruppen bilden, in denen man sich gegenseitig hilft, Fragen diskutiert und ab und zu – man mag es kaum glauben – auch einfach mal das Zusammensitzen genießt. Denn, und das ist Lektion Nummer zwei, obwohl das Studium viel Spaß macht, muss man auch hin und wieder den Kopf freikriegen.
Was sich definitiv ändert, ist die Sicht auf Leistung. War zuvor das Abitur die größte Aufgabe, die man sich vorstellen konnte, ist der Schulabschluss jetzt nicht sehr viel mehr, als eine kleine Zwischenprüfung. Jedes Semester werden mehrere Klausuren geschrieben, die jeweils deutlich umfangreicher und auch schwerer sind, als es das Abitur war. Das Gute daran: Man muss sich nicht mehr mit Gedichtsinterpretationen oder Anderem, das man noch nie leiden konnte, herumschlagen, sondern beschäftigt sich nur mit dem, was einen interessiert.
Wer ein Chemiestudium anstrebt, der sollte neben dem obligatorischen Interesse an der Chemie vor allem Durchhaltevermögen mitbringen. Anfangs überrollt einen alles etwas, aber das ist völlig normal und legt sich bald, wenn man es so lange aushält.
Wahrscheinlich ist ein Jahr zu kurz, um wirklich an der Uni anzukommen. Ich tue mich bis heute sehr schwer damit, wirklich im Studieren aufzugehen. Das Jahr hielt viele Überraschungen und auch viele schöne Momente, neue Freundschaften und persönlichkeitsbezogene Erkenntnisse bereit. Es gab aber auch einige Enttäuschungen. Mich selbst würde ich eher als einen sehr offenen und herzlichen Menschen beschreiben. Umso schwieriger war es für mich, in einem Lernsystem meinen Platz zu finden, an dem jedes Semester neue Leute auf mich warten, ohne dass ich Gelegenheit hätte, diese dann auch besser kennen zu lernen. Die Wahl, zu machen, was man möchte, ist manchmal nicht unbedingt die richtige Wahl. Oft habe ich mich nach den gewohnten Klassenverbänden und dem sicheren Schulstundenplan zurückgesehnt.
Das Pendeln war für mich die richtige Lösung, denn die Verbindung zu Lahr und meinen Freunden, Hobbys und meiner Familie wurde noch intensiver. Und doch wurden auch die Befürchtungen wahr, die mir am Anfang viele vorhielten – wirklich Student war ich, bis auf das Lernen, noch nicht. Und trotzdem kann ich einiges aus diesem Jahr mitnehmen, zum Beispiel, dass das Essen in der Mensa erstaunlich lecker ist, dass ich selbstständiger geworden bin und dass ich doch einige Menschen getroffen habe, die mir besonders über die harten Hausarbeitszeiten Kraft und Zuversicht geschenkt haben. Ich habe angefangen, Latein zu lernen, und es hat beim zweiten Versuch mit richtiger Lehrkraft, wirklich Spaß gemacht. Ich habe verschiedene Epochen und Persönlichkeiten kennen gelernt und kann stolz auf das sein, was ich schließlich geleistet habe. Ich war Zeuge großer Veränderungen in der Universität – zum Beispiel der neuen Unibibliothek. Und manchmal war auch ich Gast auf einer berüchtigten WG-Party, auch wenn mir das wegen der Bahnverbindung nicht immer leicht gemacht wurde, genauso wie dass Bahnstreiks zur Zerreißprobe wurden. Hin und wieder hab ich mich in den großen Universitätsgebäuden verlaufen oder war vergeblich auf der Suche nach einem Buch in der Bibliothek. Vielleicht müsste man jedem Studenten einfach noch ein "das wird schon" auf den Weg geben, denn das ist, was ich im letzten Jahr gelernt habe.
Kaum zu glauben, dass ich jetzt schon zwei Semester durchgezogen habe. Die sechs Monate Vorlesungen, Prüfungen und Hausarbeiten haben sich das zweite Mal wiederholt. Zwar habe ich meist nur eine Vorlesung am Tag gehabt, aber anstrengend war’s trotzdem, vor allem wenn man eine Stunde nach Freiburg fährt und eine Stunde zurück. Diese Zeit wird dann auch meist zum Lesen der rund 200 Seiten Literatur genutzt, die jede Woche wenigstens überflogen sein wollen. Kugelschreiber, Textmarker und Kaffee helfen dabei. So vergeht die Fahrt wie im Flug. Und wenn es mal nichts zum Lesen gibt, verabredet man sich mit einem der vielen anderen Pendler.
Die Vorlesungen machen Spaß, denn sie sind wie interaktiver Unterricht, mit vielen Diskussionen, Gruppenarbeiten und Ausflügen. Zwar nervt es, dass wir im dritten Semester immer noch nicht so leicht und auf Anhieb erklären können, was genau wir studieren. Und das, obwohl wir das im ersten Semester auswendig lernen sollten. "Was willst du dann damit machen", heißt es dann meist von Verwandten und Freunden. "Was die anderen machen, weiß ich nicht, aber ich werde Journalistin", antworte ich.
Viele Kommilitonen haben inzwischen das Fach gewechselt oder das ganze Studium, jetzt sind wir nur noch zu sechst im Hauptfach. Aber so kommt man sich auch näher. Mit den Leuten aus den höheren Semestern oder den anderen Fächern verstehe ich mich auch gut. Ein oder zwei Mal in der Woche wird in Freiburg gegessen – Höhepunkt sind die Lauchnudeln mit Lachssahnesoße. Im Sommer auf den Bierbänken genießt sich das am Besten. Dann fühlt man sich als echte Freiburger Studentin.
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