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Zischup-Interview

"Alles hängt von der Technik ab"

Der Dirigent – ein Held des Orchesters oder ein nutzloser "Rumfuchtler"? Zischup-Reporter Alexander Betta hat seinen Vater, den Dirigenten Giuliano Betta über seinen Beruf befragt. .  

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Giuliano Betta ist Kapellmeister am Th...e Songs in unterschiedlichen Sprachen.  | Foto: privat
Giuliano Betta ist Kapellmeister am Theater Gelsenkirchen. Nebenbei komponiert er eigene Songs in unterschiedlichen Sprachen. Foto: privat
Giuliano Betta ist Kapellmeister und stellvertretender Generalmusikdirektor am Theater Gelsenkirchen. Er hat eine lange internationale Laufbahn hinter sich. In dieser konnte er sich mit Künstlern aus vielen verschiedenen Ländern aller Kontinente auseinandersetzen. Dazu zählen sowohl die nahen Länder Frankreich, Schweiz, Italien und die Niederlande als auch die etwas weiter entfernten Länder Russland und Rumänien, und die weit entlegenen China, Japan und Mexiko.

Zischup: Heutzutage ist Dirigent ein unter Leuten nicht besonders bekanntes Berufsbild. Was hat dich dazu gebracht, diesen selten gewählten Beruf zu erlernen und sogar auf ein solch professionelles Level zu bringen?

Betta: Ich habe schon immer die Oper geliebt. Deshalb habe ich angefangen, schon als 18-Jähriger als Repetitor zu arbeiten, viele Vorstellungen mitzuerleben, mir Audio- und Videoaufnahmen mit talentierten Artisten anzuschauen und anzuhören. Ich habe mir immer vorgestellt, ein Teil dieser Welt zu sein, und fand, dass die einzige Möglichkeit, dieser ganzen Welt eine musikalische Richtung zu geben, wie ich sie empfand, darin bestand, Dirigent zu werden.

Zischup: Das klingt nach einer großen Leidenschaft. Manche Leute denken ja, Dirigent wäre ein nutzloser Beruf, da sie meinen, dass er sowohl das Spielen des Orchesters als auch die Vorstellung an sich nicht beeinflusst. Was ist deine Meinung zu dieser Aussage, und welche Botschaft würdest du diesen Menschen überliefern?

Betta: Nun, ich finde, sie sollten erstmal selbst versuchen, eine Oper ohne Dirigenten zu produzieren, bevor sie diese Meinung teilen können. Kurz erklärt: Die Primärfunktion eines Dirigenten ist wie die der Verkehrspolizei. Man hat es mit manchmal um die hundert Menschen zu tun, die unterschiedliche Gedanken und Meinungen, unterschiedliche Gefühle haben, die man erst einmal koordinieren muss. Man muss sie außerdem dazu bringen, im Takt zu singen beziehungsweise zu spielen, und ihnen eine Richtung vorgeben, damit sie die Musik auf harmonische Weise interpretieren. Damit sie sich eben nicht gegenseitig auf die Füße treten und möglichst mit Überzeugung zusammenarbeiten, um dem Publikum die Gefühle des jeweiligen Stückes zu vermitteln. Es sieht zwar einfach aus, aber in der Realität ist das nicht so. Es gibt viele Möglichkeiten, an Masterclasses als Zuschauer teilzunehmen oder als aktiver Teilnehmer mit Amateurorchestern zu arbeiten. Ich bin sicher, dass nach dieser Erfahrung selbst die größten Kritiker ihre Meinung ändern werden, und nicht nur das: Sie werden große Emotionen erleben, und auch eine Menge Spaß haben.

Zischup: Und bei all dem, entschuldige, was ist der Zweck des Taktstocks?

Betta: Erinnern wir uns noch mal daran, dass ein Dirigent mit einem Verkehrsleiter vergleichbar ist, welcher, um besser den Verkehr unter Kontrolle zu halten, seinen Signalverkehrsstab benutzt. Eine ähnliche Funktion hat unser Taktstock. Seine Funktion ist, die Artisten besser, auch bei Entfernung von mehreren Metern, zu koordinieren und damit praktisch die Hand zu verlängern.

Zischup: Wieso benutzen manche Dirigenten den Taktstock gar nicht? Hat das dann irgendwelche Auswirkungen auf das Gesamtergebnis der Vorstellung?

Betta: Ein Dirigent, der den Taktstock nicht benutzt, muss nicht unbedingt viel schlechter sein, als einer, der ihn ständig in der Hand hat. Alles hängt von der Technik ab. So wie jede Handwerkskunst ihre eigene Technik hat, so wie ein Pianist stundenlang vor seinem Instrument sitzen muss, um zum Beispiel die Beweglichkeit der Finger zu verbessern, so gibt es auch eine Dirigiertechnik, die man studieren kann, die es einem ermöglicht, mit seinem Körper den Rhythmus, das Zusammenspiel und die musikalischen Ideen am besten zu vermitteln. Und all dies kann man auch ohne Dirigierstock machen, wie ich es oft tue, oder sogar mit einem Zahnstocher, wie es die besten Dirigenten der Welt tun.

Zischup: Was macht eigentlich ein Dirigent, abgesehen vom Leiten eines Konzerts oder einer Oper, noch?

Betta: Zum Beispiel ein Konzert oder eine Oper selbst produzieren, junge Talente unterrichten, um mit ihnen danach zusammenzuarbeiten oder Musik zu schreiben, die in Zukunft aufgeführt oder aufgenommen werden soll. All dies ist normal für einen Dirigenten heute.

Zischup: Und was machst du im Moment, abgesehen von deiner Arbeit als Kapellmeister und stellvertretender Generalmusikdirektor?

Betta: Ich bereite meinen nächsten Meisterkurs in Mexiko vor, bei dem ich die Sänger unterrichten werde und wir am Ende ein Abschlusskonzert mit einem von mir geschaffenen mexikanischen Symphonieorchester geben werden.

Zischup: Und schließlich: Hast du uns noch irgendwelche Geheimnisse deines Berufs zu verraten?

Betta: Ja, vielleicht. Es hat aber nur zu etwa 50 Prozent mit meiner Arbeit zu tun.

Zischup: Aber es könnte cool sein, davon zu erzählen … Schieß’ los.

Betta: Im Laufe der Jahre habe ich Songs in verschiedenen Sprachen geschrieben, zum Beispiel auf Italienisch, Englisch und Französisch, und nachdem ich die Songs ausgewählt hatte, die mir am besten gefielen, habe ich sie arrangiert, eine Band zusammengestellt, ein paar Sänger gefragt, wir haben live im Studio aufgenommen und sind jetzt in der Pre-Mastering-Phase.

Zischup: Und dürfen wir auch wissen, wann die Aufnahmen erscheinen?

Betta: Weiss ich noch nicht, aber wir nähern uns der Ziellinie.

Ressort: Schülertexte

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Fr, 15. Dezember 2023: PDF-Version herunterladen

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