Gemeinden
Alleinstellungsmerkmal gesucht: Immer mehr Orte verleihen sich einen Zusatznamen
Helena Dolderer (dpa)
Mi, 25. September 2024, 20:00 Uhr
Südwest
Ob Dichterstadt oder traditionelles Handwerk – immer mehr Orte verleihen sich einen Zusatznamen, um ihre Geschichte in den Vordergrund zu stellen und Touristen anzulocken. Mit Erfolg?
Wer auf den Straßen Baden-Württembergs unterwegs ist, kommt mitunter an originellen Ortsschildern vorbei. Es gibt die Zwetschgenstadt (Bühl) und die Wasserfallstadt (Triberg), das Spargeldorf (Reilingen) und die Hermann-Hesse-Stadt (Calw). Kürzlich genehmigte Innenminister Thomas Strobl (CDU) weitere Zusatztitel – sie dürfen von Oktober an offiziell verwendet werden. So wird Schiltach (Kreis Rottweil) zur Flößerstadt und der Karlsruher Ortsteil Grötzingen zur Historischen Künstlerkolonie. Inzwischen führen knapp 120 Städte, Gemeinden und Ortsteile nach Angaben des Innenministeriums einen Zusatz.
Seit einer Änderung der Gemeindeordnung Ende 2020 ist es für Städte und Gemeinden deutlich einfacher, einen solchen Zusatz zu führen. Der jeweilige Gemeinderat kann ihn mit einer Dreiviertelmehrheit festlegen. Im Anschluss muss das Innenministerium die Bezeichnung genehmigen. Kommunen können damit auf ihre geschichtliche Vergangenheit, eine Tradition oder ein besonderes Merkmal aufmerksam machen. Ein Alleinstellungsmerkmal eben. Vorher war das vor allem Kurorten, die den Zusatz "Bad" bekommen konnten, und Universitätsstädten vorbehalten.
Gemeinden hoffen auf Tourismus
In Schiltach im Schwarzwald hat das jahrhundertealte Flößerhandwerk die Inspiration für den zusätzlichen Ortstitel gegeben. «Gerade die alten Schiltacher Familien fühlen sich dem Thema schon verbunden», sagt Bürgermeister Thomas Haas. Mehr als 500 Jahre lang seien in der Stadt Flöße hergestellt und für den Transport von Holz genutzt worden. Mit dem Zusatznamen hofft der Bürgermeister auf mehr Tagestourismus.
Ob eine zusätzliche Ortsbezeichnung tatsächlich mehr Touristinnen und Touristen in den Ort holt, ist laut Valentin Weislämle von der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Lörrach schwierig zu messen. "Es zählen ja immer mehrere Faktoren", sagt der Tourismusexperte. Das könne ein Ortsname sein, aber auch eine persönliche Restaurantempfehlung. Dennoch könne der Name helfen – wenn es auch ein entsprechendes Angebot gibt.
Regenschirme, Berliner und ein Heißluftballon
Die Stadt Bühl (Kreis Rastatt) darf sich seit 2023 offiziell Zwetschgenstadt nennen. Damals hatte der Gemeinderat erst im zweiten Anlauf für den Titel gestimmt – nach großem Zuspruch aus der Bevölkerung in Form eines Bürgerbegehrens. «In den Köpfen und Herzen der Bühler Bürger sind wir schon immer Zwetschgenstadt», sagt ein Sprecher der Stadt. Das Stadtmarketing wirbt inzwischen vermehrt mit der namensgebenden Frucht. So schwebt seit der offiziellen Zusatzbezeichnung ein stadteigener Heißluftballon mit einem neuen Stadt-Logo über die Region. Das Logo prangt auch auf Werbeartikeln wie Regenschirmen und Schlüsselanhängern sowie aus Puderzucker auf Berlinern. Die Ü-Punkte auf dem Bühler Logo: Zwetschgen.
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