Interview
Aerosol-Forscher sieht im Freien kaum die Gefahr einer Corona-Infektion bestehen
Nur wenn Menschen über einen längeren Zeitraum hinweg nahe beieinander stehen, besteht auch im Freien die Gefahr einer Corona-Infektion, sagt der Aerosol-Forscher Gerhard Scheuch.
Sa, 27. Feb 2021, 15:07 Uhr
Panorama
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BZ: Herr Scheuch, in Bezug auf Corona spricht man von zwei Übertragungswegen: Den Tröpfchen und den Aerosolen. Welcher von beiden ist gefährlicher?
Scheuch: Die gefährlicheren sind die Aerosole. Ich bin der Meinung, dass es gar keine Tröpfchenübertragung gibt. Die Tröpfchen müssten ja über irgendeine Fläche in die Atemwege gelangen. Wenn sie hingegen eingeatmet werden, spricht man wiederum von Aerosolen. Im englischen Sprachraum benutzt man den Begriff aerogene Übertragung.
BZ: Wie sinnhaft sind dann Masken? Halten die Aerosole überhaupt zurück?
Scheuch: Ja, machen sie. Ich habe selbst erst wieder welche gemessen und kann deshalb guten Gewissens die Wirkung bestätigen. Die normalen OP-Masken halten etwa 60 Prozent der Aerosolteilchen zurück, FFP2-Masken über 95.
BZ: Sollte ich sie aufhaben, wenn ich mich im Freien mit jemandem treffe?
Scheuch: Nein, das brauchen sie nicht. Im Freien finden so gut wie keine Ansteckungen statt, dort besteht eigentlich keine Gefahr. Es gibt eine Ausnahme: wenn Menschen über 15 Minuten so dicht zusammenstehen, dass sie in der Aerosol-Wolke des Gegenübers stehen. Stellen Sie sich vor, Sie haben einen Raucher vor sich, der ihnen den Qualm ins Gesicht pustet. So eng muss man da zusammenstehen, damit eine Übertragungsgefahr besteht. Wenn der nur zwei Meter weiter steht, verflüchtigt sich die Rauchwolke.
BZ: Aber es passiert ja oft, dass zwei, drei Meter vor einem ein Raucher läuft und man den Rauch trotzdem einatmet.
Scheuch: Richtig, Sie riechen den Rauch. Unsere Nase ist ja unglaublich sensibel. Aber die Wolke ist dann schon so verdünnt, dass man sich damit – um zum Virus zurückzukehren – nicht mehr infizieren kann. Beim Vorbeigehen, beim Radfahren, beim Fußballspielen, beim Joggen reichen die Kontaktzeiten gar nicht aus, um sich zu infizieren.
BZ: Das bedeutet, dass die Maskenpflicht in Innenstädten keinen Sinn macht.
Scheuch: Richtig. Das ist Aktionismus. Wissenschaftlich macht das keinen Sinn.
BZ: In Innenräumen sieht das anders aus.
Scheuch: In Innenräumen sieht das völlig anders aus. Dort konzentriert sich das Aerosol. Wenn jemand einige Stunden in einem Büro sitzt, dann staut sich dort das Aerosol. Das kennt jeder, der ein Besprechungszimmer betritt, in dem seit zwei, drei Stunden diskutiert wird. Da schlägt einem erstmal eine Wolke entgegen. Das ist Aerosol, also ein Gemisch aus Luft mit vielen kleinen Teilchen. Das sind die gefährlichen Situationen. Wer das Büro eines Infizierten betritt, kann sich so auch relativ einfach anstecken.
BZ: Lüften hilft also.
Scheuch: Absolut. Lüften spielt eine ganz zentrale Rolle. Wenn es draußen zu kalt ist, dann kann man auch diese mobilen Luftfilter benutzen, die die Raumluft umwälzen und filtern.
BZ: Welche Rolle spielen die Mutationen in Bezug auf die Aerosole?
Scheuch: Die spielen für die direkte Aerosol-Ansteckung keine Rolle. Man wird dadurch nicht leichter infiziert. Ich bin zwar kein Virologe aber nach allem, was ich gelesen habe, wird dadurch nur die Zeit verlängert, in der jemand infektiös ist, also andere anstecken kann. Die Mutationen können aber nicht leichter in die Zellen eindringen.
BZ: Das heißt, auch die Kontaktbeschränkungen im Freien sind unsinnig.
Scheuch: Das sehe ich so. Ja, wir müssen Kontakte beschränken – in Innenräumen. Aber im Freien sollte man sich keine Sorgen machen. Etwas Abstand, so 1,50 Meter, hilft noch zusätzlich.
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