Acht Bewerber für den Chefsessel
Drei oder vier Europäer wollen auf Sepp Blatters Posten bei der Fifa / Konkurrenz aus Asien, Afrika und der Karibik.
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MICHEL PLATINI/
GIANNI INFANTINO
Der 60-jährige Uefa-Chef Platini galt vor Blatters Wiederwahl im Mai als dessen geeignetster Nachfolger, scheute seinerzeit aber das direkte Duell. Als er sich im Herbst doch zu einer Kandidatur entschloss, wurden er und Blatter postwendend wegen eines dubiosen Millionen-Geschäfts untereinander für 90 Tage des Fifa-Feldes verwiesen. Nun ist für den Franzosen die Zeit knapp, seinen guten Ruf wiederherzustellen, was Voraussetzung für eine Zulassung am Wahltag ist. Am Montag scheiterte Platini mit einem formellen Einspruch bei der Fifa-Ethikkommission. Sollte Platini ausfallen, hat die Uefa einen "Plan B": Dann soll Uefa-Generalsekretär Gianni Infantino für Europa auf Stimmenfang gehen. Darauf verständigten sich die Exko-Mitglieder der Uefa bei einer Telefonkonferenz. Der 45-jährige Italo-Schweizer Infantino will in einem Manifest seinen "Blick auf die Dinge darlegen".
BZ-Prognose: Könnte Platini eine weiße Weste vorweisen, bliebe er Favorit. Das erscheint eher unwahrscheinlich. Der sechssprachige "Ersatzmann" Infantino kann auch außerhalb Europas auf Stimmen hoffen – unklar ist, auf wie viele.
SALMAN AL-KHALIFA
Noch bevor Scheich Salman bin Ibrahim al-Khalifa kurz vor Toresschluss seine Kandidatur bekanntgegeben hatte, schlug dem mächtigen Chef der asiatischen Fußballverbände heftiger Wind entgegen. Die Fifa-Ethikkommission ermittelt gegen den 50-Jährigen wegen eines Verdachts auf Verletzung von Menschenrechten. Als Mitglied des bahrainischen Herrscherclans soll er 2011 nach Unruhen in seiner Heimat zur Inhaftierung und Folterung von Demonstranten aus dem Fußballbereich beigetragen haben.
BZ-Prognose: Der europäische Plan B spielt dem Scheich nicht in die Karten – er hätte auf Stimmen aus dem Platini-Lager hoffen können. Zunächst aber muss Al-Khalifa zur Wahl zugelassen werden – wenn ja, hat er gute Chancen.
DAVID NAKHID
Der am wenigsten bekannte Bewerber um das Präsidentenamt. Immerhin kennt er den Fifa-Sitz Zürich bereits – als Profi spielte er in den 90er Jahren für die Grasshoppers. Der 51-Jährige ist auch sonst weit herumgekommen, hat unter anderem in Europa für den KSV Waregem, Malmö IF und Paok Saloniki gespielt – und sich sechs Sprachen angeeignet. Nun hat der ehemalige Kapitän der Nationalelf von Trinidad &Tobago allerdings die Europäer auf dem Kieker: Die hätten zu viel Geld, zu viel Macht. Nakhid, der eine Fußballschule im Libanon leitet, sieht sich als Anwalt der kleineren Fußballnationen, will mehr Gerechtigkeit – auch bei der Verteilung der 32 WM-Startplätze.
BZ-Prognose: Seine Herkunft macht es Nahkid nicht einfach, weil die Karibik der Machtbereich von Jack Warner war – einer zentralen Figur im Fifa-Skandal. Eben da will Nahkid aufräumen, und seine Unterstützer dürften aus seinem geografischen Umfeld kommen. Sein Anti-Uefa-Kurs macht Nahkid zum eher aussichtslosen Kandidaten.
JÉRÔME CHAMPAGNE
Dass er als stellvertretender Generalsekretär schon hoher Fifa-Funktionär war (von 1999 bis 2010), spricht eher für den 57-Jährigen. Der Berufsdiplomat aus Paris schaffte es als Blatter-Berater zwar in den engeren Macht-Zirkel. Aber nur bis der Präsident argwöhnte, der Franzose wolle ihn beerben – und ihn im Januar 2010 entließ. Bei der Präsidentenwahl im Mai wollte Champagne bereits gegen Blatter antreten. Dabei wurde er von dem Weltfußball-Idol Pelé unterstützt – aber nur von drei Nationalverbänden. Zu wenig.
BZ-Prognose: Ein weltgewandter, kompetenter Kandidat, den Blatter nicht von ungefähr als potentiellen Nachfolger vom Platz stellte. Aber kann er die Europäer geschlossen um sich scharen?
PRINZ ALI BIN AL-HUSSEIN
Der Halbbruder des jordanischen Königs war im Mai einziger Herausforderer von Blatter und erhielt im ersten Wahlgang 73 von 209 Stimmen. Danach verzichtete der Prinz auf einen zweiten Durchgang. Al-Hussein ist mit fast 40 Jahren der jüngste Kandidat. Als Fifa-Vizepräsident ist er Teil des Systems, doch hatte er sich als einer der Ersten für die Veröffentlichung des Berichts von Fifa-Chefermittler Michael Garcia stark gemacht – und Bestechungsgeschenke abgelehnt.
BZ-Prognose: Der Prinz scheint genug moralische Integrität zu besitzen, um in der Fifa aufzuräumen. Aber ob er mehr Stimmen auf sich vereinen kann als im Mai? Und ob er sich im eigenen Verband gegen Scheich Salman behaupten kann?
MICHEL ZEN-RUFFINEN
Zwölf Jahre nach seinem unfreiwilligen Abgang als Fifa-Generalsekretär infolge eines Zerwürfnisses mit Blatter kann sich der 56-jährige Schweizer offenbar eine Rückkehr nach Zürich vorstellen – ob als Präsident oder auch als Generalsekretär. Der frühere Schiedsrichter hatte 2002 ein Dossier angelegt, das Hinweise auf Korruption in der Fifa-Spitze enthalten haben soll. Das Dossier gelangte nie an die Öffentlichkeit – und Zen-Ruffinen wurde vertraglich zu Verschwiegenheit verpflichtet. In der "neuen" Fifa will er vor allem die Spitzenfunktionäre einer intensiveren Kontrolle unterwerfen.
BZ-Prognose: Ein von seiner Vita her starker Kandidat – so er denn tatsächlich antritt.
TOKYO SEXWALE
Der frühere südafrikanische Freiheitskämpfer war langjähriger Vertrauter von Nelson Mandela. Er ist als Edelmetall- und Diamantenhändler zum bestens vernetzten Multimillionär geworden. Aber der 62-Jährige tauchte im Zusammenhang mit einem Korruptionsskandal auch in den Untersuchungen der US-Justiz auf.
BZ-Prognose: Dass Blatter und Franz Beckenbauer Sexwales Namen ins Spiel gebracht haben, dürfte diesem inzwischen nicht mehr dienlich sein. Außenseiter.
MUSA BILITY
Der liberische Verbandspräsident ist sich der Unterstützung von mindestens fünf Fifa-Verbänden sicher. "Wir müssen sicherstellen, dass diejenigen, die die Fifa seit 20 bis 25 Jahren führen, nichts mehr damit zu tun haben", sagte der 48-Jährige bei BBC Sport. Vor der Wahl im Mai hatte ihm sein Kontinentalverband allerdings keine Unterstützung zugesagt.
BZ-Prognose: Wenn sich zwei afrikanische Kandidaten um die Stimmen ihres Kontinents balgen müssen, wird es für beide schwer. Sollten beide antreten, sind beide Außenseiter.
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