Neu im Kino
"7 Tage in Entebbe" – kein Fall von gestern
Die Entführung eines Air-France-Jets 1976 wurde mehrfach verfilmt. "7 Tage in Entebbe" verknüpft das historische Ereignis mit der politischen Gegenwart.
Mi, 2. Mai 2018, 18:02 Uhr
Kino
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In "7 Tage in Entebbe" suchen Regisseur José Padilha ("Tropa del Elite") und sein Drehbuchautor Gregory Burke nun aus sicherer historischer Distanz einen weniger propagandistischen Zugang, der im Gewand eines Action-Thrillers die verschiedenen Akteure mit ihren widersprüchlichen Motivationen beleuchtet. Dabei blendet der Film zwischen dem Flugzeughangar in Uganda, wo die Terroristen die mehrheitlich israelischen Geiseln festhalten und mit ihrer Erschießung drohen, und Tel Aviv hin und her, wo Ministerpräsident Yitzhak Rabin (Lior Ashkenazi) die Doktrin des Verhandlungsverbots hinterfragt und Verteidigungsminister Shimon Peres (Eddie Mrasan) vehement für eine Militäroperation eintritt.
Für die Genossen der "Revolutionären Zellen" Wilfried Böse (Daniel Brühl) und Brigitte Kuhlmann (Rosamunde Pike) ist die Flugzeugentführung die Nagelprobe ihrer marxistischen Theorie, die sich mit dieser vermeintlich revolutionären Tat in der Praxis beweisen muss. Sehr viel unmittelbarer ist die politische Motivation der palästinensischen Mitstreiter, die sich im direkten Krieg mit dem Staat Israel sehen und ihren Hass aus der persönlichen Erfahrung der Vertreibung herleiten.
Die deutschen Marxisten geraten in die moralische Zwickmühle, als alle jüdischen Passagiere selektiert und in einen abgetrennten Raum gepfercht werden. Daniel Brühl spielt den terroristischen Revoluzzer zunächst als linksradikalen Gernegroß, um dann allmählich Risse in die ideologische Fassade zu treiben. Rosamunde Pike, die für die Rolle phonetisches Deutsch gelernt hat, ist überraschend überzeugend als Brigitte Kuhlmann, die weniger Skrupel hat und sich als einzige Frau in der Kommandoaktion beweisen muss.
Währenddessen geht es im Konflikt zwischen Rabin und Peres um die Verhandlungsbereitschaft des Staates nicht zuletzt auch um tagespolitisches Machtkalkül. Letztlich willigt Rabin entgegen der eigenen Überzeugung in die Militäraktion ein und macht auch nach deren Gelingen deutlich, dass es ohne Verhandlungen keine Zukunft geben wird.
Es ist nicht nur diese Botschaft, mit der "7 Tage in Entebbe" das historische Ereignis mit der politischen Gegenwart des Nahost-Konfliktes verknüpft. Allein die personellen Kontinuitäten frappieren: In den 90ern trat Rabin in die Osloer Friedensverhandlungen mit der PLO ein und wurde 1995 von einem religiös-fanatischen Israeli ermordet. Der Leiter der Militäroperation, der beim Einsatz in Entebbe ums Leben kam, war Yonathan Netanyahu – der Bruder des derzeitigen Ministerpräsidenten, der wiederum nicht müde wird, seinen Tod als Rechtfertigung für seine Hardliner-Politik heranzuziehen.
Durch sein differenziert aufgefächertes Erzählkonzept, das dank seiner Dynamik auch als Actionfilm gut funktioniert, gelingt Padilha der Brückenschlag in die politische Gegenwart. Gleichzeitig wird auch die Seite der Geiseln als wichtiger Faktor im Gesamtgefüge herausgearbeitet. "Ein Klempner ist mehr wert als zehn Revolutionäre", sagt der Flugzeugingenieur zu Böse – und letztlich ist es nicht nur die kühne Militäraktion, sondern auch der Einfluss der Geiseln auf die Geiselnehmer, die die ein Blutbad unter den Gefangenen verhindert.