Wo Kino einfach mehr ist als Popcorn und Dolby Surround
Im Freiburger Friedrichsbau Kino zeigt Michael Wiedemann höchst anspruchsvolle und originelle Filme - und hebt sich damit klar vom üblichen Angebot ab.
JuZ-Mitarbeiterin Antonia Kurz
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Im Friedrichsbau werden hoch gelobte und höchst anspruchsvoll Spiel- und Dokumentarfilme aus aller Welt gezeigt. Kein Wunder also, dass das Kino-Jahresprogramm im Friedrichsbau schon mehrfach mit Preisen ausgezeichnet wurde - erst kürzlich mit dem Kinoprogrammpreis des Bundes, für den sich in ganz Deutschland gerade mal zwei Preisträger fanden.
"Es ist super, dass hier qualitativ hochklassige ausländische Produktionen gezeigt werden und nicht nur die üblichen Hollywoodfilme aus den USA", sagt der 18-jährige Schüler Martin Boess aus Freiburg. Das hat er Michael Wiedemann zu verdanken. Seit Mitte der 90er-Jahre leitet der Kino-Mann den Friedrichsbau - und auch das nicht weniger schöne Kino im Freiburger Kandelhof. "Nach 25 Jahren Ufa musste ich mein eigenes Kino haben", sagt Michael Wiedemann, "in dem ich meine Filme zeigen kann und den Betrieb so führen, wie ich mir Kinomachen vorstelle." Und wirklich: wer in Zeiten oberflächlicher Mainstream-Unterhaltung das Außergewöhnliche sucht, wird im Friedrichsbau fündig und stellt schnell fest, dass sich Niveau und Entertainment widerspruchslos verbinden lassen.
Aber Achtung: viele der hier gezeigten Filme fordern den Zuschauer. Sie fordern seine Geduld und beanspruchen ihn auch nach dem Ende der Vorstellung für sich. Der Zuschauer verlässt das Kino vergleichsweise oft mit dem Gefühl, etwas erkannt zu haben.
"Unsere Filme setzen einen gewissen Sachverstand voraus." Michael Wiedemann, Kinobetreiber
Zu Michael Wiedemanns Lieblingsfilmen in diesem Jahr gehören "Elling", "Sein und Haben" und "Der Mann ohne Vergangenheit". Eine Einschätzung, die er mit vielen seiner Kinobesucher teilt - leider aber haben nur wenige Jugendliche dieses Klasse-Kino für sich entdeckt. Vielen sind die Filme zu anstrengend. "Als Action-Fan spricht mich die Filmauswahl hier nicht an", gesteht zum Beispiel Waldemar Dering, 20 Jahre. Viele steuern das Kino gar nicht erst an. "Ich gehe eigentlich öfters ins Cinemaxx", erzählt Daniel Prunkl, 18 Jahre. Fest in der Hand von jungen Leuten ist der Kinosaal zumindest während des Semesters alle zwei Wochen mittwochs. Dann ist Pay-after-time und Pay-after ist Kult: Überraschungsfilm anschauen und erst beim Rausgehen nach Belieben viel bezahlen. Der Pulk vorm Kino toppt die Mensa-Warteschlange bei weitem.
Auch im regulären Programm gab es in diesem Jahr einige Filme, die etliche junge Besucher anlockten. "Bowling for Columbine", zum Beispiel, oder "Good Bye, Lenin". Die Eintrittspreise im Friedrichsbau sind, das sollte man wissen, auch ganz abgesehen von den selbst abgewogenen Pay-after-Preisen absolut taschengeldfreundlich. Für Schüler und Studenten gibt es Ermäßigungen, Sondervorstellungen für Schülergruppen sind ebenfalls möglich.
"Unsere Filme setzen einen gewissen Filmsachverstand voraus", erklärt Michael Wiedemann, "und so machen wir Kino für Erwachsene: für Kopf und Herz. Aber auch interessierte Jugendliche, überdrüssig von Terminator 3 und American Pie 3, entdecken hier, dass Kino mehr ist als Popcorn und Dolby Surround." Wiedemann hat schon viele Ideen in die Tat umgesetzt. In diesem Jahr wurde zum zweiten Mal das Open-Air-Sommerkino im Schwarzen Kloster veranstaltet, es gibt ein kostenloses Programmheft und - absolutes Highlight: Regisseure und Schauspieler - Daniel Brühl gab sich hier schon die Ehre! - erscheinen persönlich zu Premieren im Friedrichsbau, um ihre Filme vorzustellen. Kurz: hier gibt's Kino mit Anspruch. Das funktioniert nur mit mutigen, unabhängigen Kinobetreibern - und mit Zuschauern. "Betrachten Sie Filme wie Elling" , rät Michael Wiedemann, "dann werden Sie begreifen, für was es sich lohnt, zu kämpfen." Also los!
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