Zischup-Interview
"Wir hatten im letzten Jahr 7800 Verfahren"
Womit muss ich rechnen, wenn ich mir mit 14 Jahren einen Film ab 18 im Fernsehen ansehe? Müssen viele Jugendliche vor Gericht? Werden meine Eltern bestraft, wenn ich klaue? Ein Zischup-Interview mit dem Freiburger Oberstaatsanwalt Eckart Berger.
Mi, 2. Okt 2013, 12:18 Uhr
Schülertexte
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Die Fragen stellten Alexander Doege und Laurin Gänssler, im Frühjahr 2013 Schüler der Klasse 9b am Albert-Schweitzer-Gymnasium Gundelfingen.
Eckart Berger: Das Jugendschutzgesetz schützt zwar Jugendliche, enthält aber keine Handlungsanweisungen für sie. Das Gesetz sieht also Ahndungen für Jugendliche nicht vor. Das Jugendschutzgesetz wendet sich in erster Linie an diejenigen, von deren Betrieben Gefährdungen von Jugendlichen ausgehen können, zum Beispiel an Gastwirte oder Kinobetreiber. Sie sind an die Bestimmungen des Jugendschutzgesetzes gebunden und für sie enthält das Jugendschutzgesetz Handlungsanweisungen.
Zischup: Mit welchen Strafen müssen die Verantwortlichen rechnen?
Berger: Das kommt darauf an. Das Jugendschutzgesetz enthält zum einen einen Straftatbestand, da gibt es Geldstrafen, oder in schweren Fällen auch eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr, wenn ein Verstoß gegen das Jugendschutzgesetz beharrlich wiederholt oder wenn ein solcher Verstoß aus Gewinnsucht begangen wird. So formuliert es das Gesetz. Wenn diese beiden Voraussetzungen nicht festgestellt werden können, also es weder ein Verstoß aus Gewinnsucht, noch ein wiederholter Verstoß ist, ist es eine Ordnungswidrigkeit, welche nach dem Jugendschutzgesetz mit einer Geldbuße von bis zu 50 000 Euro bestraft werden kann.
Zischup: Darf mir mein Vater eine DVD mit Altersfreigabe ab 18 für mich kaufen, obwohl ich erst 15 Jahre alt bin?
Berger: Ja, das Jugendschutzgesetz verbietet das nicht, weil es sich in diesem Punkt auch nicht an die Eltern richtet, sondern wieder nur zum Beispiel an die Verkäufer von Filmen oder Kinobetreiber. Ihr Vater hat nichts zu befürchten, wenn er Ihnen einen Film, der erst ab 18 freigegeben ist, zur Verfügung stellt oder kauft. Anders kann es allerdings zu beurteilen sein, wenn der Film als jugendgefährdend eingestuft oder gewaltverherrlichend oder pornographisch ist.
Zischup: Wie viele Jugendliche und Heranwachsende müssen circa pro Jahr vor Gericht?
Berger: Wir hatten in der Jugendabteilung im letzten Jahr 7800 Verfahren, von denen sich die meisten gegen Jugendliche und Heranwachsende gerichtet haben. Von den 7800 Verfahren haben wir 1600 zu Gericht gebracht, das heißt, wir haben sie angeklagt oder wir haben andere Verfahren beantragt, bei denen sich das Gericht mit diesen Jugendlichen beschäftigt.
Zischup: Können Eltern für die Straftaten der Kinder verantwortlich gemacht werden?
Berger: Es kann sein, dass Eltern wissen, dass ihre Kinder vorhaben, eine Straftat zu begehen. Und wenn sie das wissen, aber nicht einschreiten, also nicht versuchen, die Straftat zu verhindern, dann werden sie wie Täter bestraft, weil die Eltern rechtlich verpflichtet sind, Straftaten, die ihre Kinder begehen könnten, zu verhindern, solange sie es verhindern können.
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