Natur
Wie sich Mütter in der Tierwelt um ihren Nachwuchs kümmern
Manche Tiermütter sind aufopferungsvoll – bis hin zum eigenen Tod. Andere helfen ihren Söhnen beim Sex. Zum Muttertag kommenden Sonntag zählt die BZ die verschiedenen Typen der Muttertiere auf.
Heidemarie Pürz
Fr, 11. Mai 2018, 20:00 Uhr
Panorama
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"In der Evolution zählt die Fitness, das meint – grob gesprochen – die Anzahl der überlebenden Nachkommen." Arnulf Köhncke, WWF-Artenschutzexperte
Im Laufe der Zeit entwickelten Tiere verschiedene Methoden, um ihrem Nachwuchs einen guten Start ins Leben zu ermöglichen. "In der Evolution zählt die Fitness, das meint – grob gesprochen – die Anzahl der überlebenden Nachkommen", sagt Köhncke. Als Faustregel gilt laut dem Biologen Mario Ludwig: Je mehr Nachkommen ein Weibchen hat, desto weniger müsse es sich um diesen kümmern. Einzelkinder hingegen werden mit Fürsorge überschüttet. Wer – aus menschlicher Perspektive betrachtet – von liebevollen und von Rabenmüttern spricht, beschreibt dabei nur unterschiedliche Strategien der Fortpflanzung. Außerdem tut man dem Raben damit Unrecht: Denn auch wenn deren Nachwuchs flügge ist, kümmern sich beide Eltern noch Wochen um die Kleinen.
Die Rabenmütter
Wenn schon, dann hätten sich die Störche den Ruf als Rabenmütter verdient, sagt Ludwig. Weibchen werfen ab und zu das schwächste Küken aus dem Nest oder fressen es sogar auf. Das mag brutal erscheinen. Doch es dient dazu, die eigenen Anstrengungen auf die Küken mit guten Überlebenschancen zu konzentrieren.
Die Aufopferungsvollen
Wer die beste Mutter im Tierreich ist – darüber lässt sich streiten. "Für mich ist das die australische Krabbenspinne", sagt Ludwig: "Wer sein Leben für seine Kinder opfert, muss eine gute Mutter sein". Die Spinnenweibchen legen im Frühjahr etwa 40 Eier, aus denen im Sommer Jungtiere schlüpfen. In dieser Zeit fängt die Mutterspinne Insekten, die sie an ihre Jungtiere verfüttert, aber auch selbst frisst, um sich einen gewaltigen Bauch zuzulegen.
Wenn es im Winter nichts mehr zu fangen gibt, dient die Mutter als lebende Vorratskammer: Sie wird von ihrer Brut gefressen. Dieses Verhalten soll möglichst viele überlebende Nachkommen sichern. "So wird verhindert, dass die Jungen sich gegenseitig auffressen. Spinnen neigen zu Kannibalismus", so Ludwig. Auch bei der Kellerspinne das Muttertier, damit ihre Nachkommen sie fressen können. "Die Spinne legt in die Eierablage ihre gesamte Energie, die Jungspinnen schlüpfen, das Muttertier stirbt, der Leichnam löst sich auf und die Jungtiere nutzen die Mutter als Nahrungsquelle", erklärt Köhncke.
Die Liebesspiel-Helferinnen
Eine eher exzentrische Art von Mutterliebe zeigen die Bonobos, die kleinsten Menschenaffen. Bei ihnen unterstützt die Mama ihren Sohn sogar beim Sex. Eigentlich ist beim Geschlechtsakt das ranghöchste Männchen als Erstes dran. Die Mutter eines rangniedrigen Bonobos greift deshalb ein. "Sie hält einfach den ranghöheren Konkurrenten fest, damit Bonobo-Sohnemann auch mal zum Zug kommt", sagt Ludwig. Weil die Tiere häufig Konflikte mit Sex lösen, werden sie auch "Hippie-Affen" genannt.
Die Beschützerinnen
Bei manchen Tierarten ist aber auch Oma die Größte, etwa bei Elefanten und Orcas, den Schwertwalen. Die Großmütter beschützen ihre Enkel und passen auf sie auf. Bei einer Elefantenherde hat die Leitkuh das Sagen, meist eine der Großmütter.
Die Faultiere
Die faulste Mutter ist eindeutig das Kuckuck-Weibchen. Es legt sein Ei in die Nester anderer Vogelarten, um es ausbrüten zu lassen. Danach kann sich das Weibchen den schönen Dingen des Lebens widmen. Damit der Schwindel nicht auffliegt, wird das Ei denen der Wirtsvögel farblich angepasst.
Die Effizienten
Eher desinteressiert geben sich Mütter mit vielen Nachkommen. Sie haben die Vorgaben der Natur zur Maximierung ihrer Fortpflanzung erfüllt, wie zum Beispiel der Mondfisch. Er legt pro Laichgang bis zu 300 Millionen Eier und kümmert sich anschließend nicht weiter um diese. Denn aus dem einen oder anderem Ei wird schon ein Jungfisch schlüpfen.
Besonders effizient beim Kinderkriegen sind Seepferdchenweibchen. Das ausgiebige Liebes-Vorspiel machen sich die Weibchen zunutze, um ihre Eier in eine spezielle Brusttasche der Männchen zu spritzen. "Damit ist es für das Weibchen erledigt und es geht in Mutterschaftsurlaub", sagt Ludwig. Schwangerschaft und Geburt bleiben den Männern überlassen. Je nach Art entlassen diese bis zu 1500 sofort selbstständige Junge ins Meer. Spätere Brutpflege ist nicht mehr nötig.