Jugend und Beruf
Wie Legastheniker nach der Schule gut durch die Ausbildung kommen
Verlagsthema Vermutlich müssen Sie sich nicht besonders stark konzentrieren, um diesen Satz lesen zu können. Für viele Menschen mit Legasthenie ist das anders. Ihnen fällt es schwer, Texte zu lesen oder zu schreiben.
Sophia Reddig
Fr, 28. Jan 2022, 11:44 Uhr
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Thema: Jugend und Beruf
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Da Legasthenie nichts mit Intelligenz oder fachlicher Kompetenz zu tun hat, könnten Betroffene jeden erdenklichen Beruf wählen, so Höinghaus. "Es gibt Ärzte, Rechtsanwälte, Professoren und Journalisten mit Legasthenie. Man sollte sich nicht von Negativerfahrungen in der Schule demotivieren lassen."
In der Arbeitswelt selbst kommen Menschen mit Legasthenie dank Technologien wie Rechtschreibprogrammen oder Spracherkennungssoftwares oft hervorragend klar. Bleibt nur noch der Weg dorthin. Sowohl für die duale Ausbildung als auch an Hochschulen und Universitäten gibt es Regelwerke und Leitlinien, die sicherstellen sollen, dass Betroffene dieselben Chancen wie die anderen Azubis und Studierende haben.
Kirsten Vollmer arbeitet im Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) und hat zusammen mit einer Kollegin ein Handbuch zum Thema Nachteilsausgleich bei beeinträchtigten Auszubildenden erarbeitet. Sie sagt: "In den letzten Jahren hat sich erfreulich viel verändert. Die Betriebe sind sehr offen und interessiert – vor allem in den Bereichen und Branchen, in denen Fachkräftemangel besteht. Auch die Kammern und Innungen haben mittlerweile das Thema mehr als früher auf der Agenda."
Um in Prüfungssituationen Chancengleichheit herzustellen, gebe es viele Möglichkeiten. Die Zeit könne verlängert werden, es könnten Hilfsmittel wie ein Wörterbuch oder eine Software erlaubt, schriftliche Aufgaben vorgelesen werden. Außerdem könne auch eine schriftliche Prüfung als mündliche Prüfung abgehalten werden.
Vollmer erklärt: "Es ist gesetzlich vorgeschrieben, dass Menschen mit einer Behinderung wie Legasthenie ein Nachteilsausgleich zusteht. Es ist aber nicht definiert, wie dieser Ausgleich konkret auszusehen hat."
Und das ist auch gut so: Denn jeder Mensch mit Legasthenie hat individuelle Probleme und Bedürfnisse. So kann es dem einen beispielsweise helfen, mehr Zeit zu bekommen, dem anderen aber bringt das überhaupt nichts. "Man kann sich das in etwa so vorstellen wie eine Sehstörung. Damit die Menschen genauso gut sehen können wie andere, brauchen sie eine Brille. Aber natürlich hilft nicht jede Brille jedem Menschen", sagt Höinghaus.
Ob ein Nachteilsausgleich gewährt wird und wie dieser auszusehen hat, entscheidet in einer Ausbildung die zuständige Kammer. Die fachlichen Anforderungen der Prüfung bleiben gleich. Vollmer empfiehlt, so früh wie möglich, spätestens aber bei der Prüfungsanmeldung, gut begründete Vorschläge für den gewünschten Nachteilsausgleich miteinzureichen. "Diese Empfehlungen können vom Facharzt kommen, der auch das Gutachten schreibt, von der Berufsschule oder dem Ausbildungsbetrieb. Auf dieser Grundlage kann die Kammer dann ihre Entscheidung treffen."