Spendenaktion

Was hat die Ice Bucket Challenge eigentlich gebracht?

2014 schütteten sich Menschen kaltes Wasser über den Kopf – und riefen zu Spenden für Menschen mit der Nervenkrankheit ALS auf. Die Berliner Charité hat davon profitiert.  

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Ice Bucket Challenge beim Wort zum Son... Eimer Wasser über den Kopf schütten.   | Foto: dpa
Ice Bucket Challenge beim Wort zum Sonntag: Pfarrer Gereon Alter ließ sich im August 2014 einen Eimer Wasser über den Kopf schütten. Foto: dpa

BERLIN (dpa). Im vergangenen Sommer erregte die Aktion Aufsehen: Menschen schütteten sich bei der Ice Bucket Challenge kaltes Wasser über den Kopf – und riefen so zu Spenden für Menschen mit der Nervenkrankheit ALS auf. Auch zahlreiche Prominente beteiligten sich an der Aktion. Was hat sich seitdem getan?

Jan Bulthuis öffnet vorsichtig seinen Mund. Die Zunge ist kleiner geworden, stellt der Arzt, der ihn gerade untersucht, fest. Sie zuckt. Das Zucken kennt der 58-Jährige von anderen Stellen seines Körpers. Bulthuis hat ALS – die Nervenkrankheit, die vor einem Jahr mit der Internet-Aktion Ice Bucket Challenge ins Bewusstsein rückte. Währenddessen nahm die ALS-Ambulanz der Berliner Charité, an der Bulthuis behandelt wird, 1,6 Millionen Euro Spenden ein. Was hat sich dadurch geändert?

Die ALS-Ambulanz habe mit dem Geld eine neue Stelle geschaffen, sagt Neurologe Andreas Funke. Das bedeute, dass Patienten schneller einen Termin bekämen und mehr Kranke behandelt werden könnten. Bundesweit gibt es nach Angaben der Organisation "Hilfe für ALS-kranke Menschen" etwa 8000 Betroffene. Etwa 800 werden in Berlin betreut.

Die ce Bucket Challenge entwickelte sich im vergangenen Sommer zu einem Internet-Hype. Dabei stellten Teilnehmer ein Video von ihrer Eiswasserdusche ins Netz und riefen damit zu Spenden für ALS-Kranke auf. Auch viele Prominente machten mit – von Bill Gates bis Helene Fischer. Bei der amerikanischen ALS Association kamen durch die Aktion 115 Millionen Dollar (92 Millionen Euro) zusammen.

"An der Charité haben wir einen wesentlichen Teil der Spendenmittel darauf verwendet, die Arbeit der ALS-Ambulanz für etwa zwei Jahre abzusichern", sagt Ambulanz-Leiter Thomas Meyer. Auch für Mediziner Funke hat das Folgen: "Für mich konkret bedeutet es Planungssicherheit", sagt der 37-Jährige. Seine Stelle sei durch Spenden finanziert. In der Ambulanz an der Charité-Klinik kümmert er sich um Patienten mit der unheilbaren Krankheit Amyotrophe Lateralsklerose (ALS), die zu einer Schädigung von Nervenzellen und nach drei bis fünf Jahren zum Tod führt. Funke: "Patienten sind irgendwann komplett gelähmt."

Jan Bulthuis merkte vor eineinhalb Jahren, dass sein Bein schwach wurde. Der gebürtige Niederländer hatte zuvor eine Knieoperation und dachte, es läge daran. Erst im Januar 2015 hatte er die Gewissheit, dass er an ALS leide. Der Hype um die Ice Bucket Challenge war da schon vorbei. "Eigentlich fand ich das total doof", sagt der Berliner über die Aktion. Nun merke er aber, dass ALS einigen Menschen so zumindest ein Begriff geworden sei. "Viele wissen aber nicht, was es genau bedeutet." Für Bulthuis bedeutet es, dass er nur noch 200 Meter am Stück laufen kann – mit einer Schiene am Bein. Dass er ständig müde ist, weil er nachts nicht genug Luft bekommt.

"Die Frage ist immer: Wann kommt das Medikament?", sagt Neurologe Funke. Bisher lässt sich ALS mit Medikamenten nicht heilen. Um ein Mittel zu finden, sind die Mediziner nach eigenen Angaben über Jahrzehnte hinweg auf Spenden angewiesen. "Bis die Studienphase überhaupt beginnen würde, sind es fünf bis zehn Jahre."

Die ALS Association will den Hype um die Ice Bucket Challenge deswegen nun wiederbeleben: Jedes Jahr im August will die US-Organisation nach eigenen Angaben zu einer Neuauflage aufrufen – bis es eine Heilung gibt. "Im vergangenen August ist die "Ice Bucket Challenge viral geworden", erklären die Organisatoren. "Diesen Erfolg werden wir nicht auf demselben Level erreichen können, aber die Not ist groß."

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