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Wenn Kinder als Soldaten kämpfen müssen

Die erschütternde Biografie einer jungen Frau aus Uganda bewegt südbadische Schüler/ Weltweit sind mehr als 300 000 Kinder in bewaffnete Konflikte involviert.  

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Während deutsche Kinder die Grundschule besuchen, werden Gleichaltrige in vielen Krisenregionen dazu gezwungen, als Soldaten zu morden. Die bittere Realität dort und skrupellose Warlords machen aus unschuldigen Kindern tödliche Kampfmaschinen. Ein Thema, das deutsche Schüler nicht kalt lassen darf.
Fünf Schulstunden hatte ich bereits hinter mich gebracht. Eine trennte mich noch davon, wie jeden Donnerstag nach Hause zu gehen und zu essen, um dann Hausaufgaben zu machen und mich auf die morgige Klassenarbeit vorzubereiten. Doch, es sollte anders kommen . . . Ich wartete also auf den Unterrichtsbeginn als auf einmal zwei Mitschülerinnen an der Tafel standen. "Seid mal bitte ruhig!", versuchten sie, etwas Ruhe in den Haufen von 30 Schülern zu bringen. "Wir wollen euch etwas über den Einsatz von Kindersoldaten erzählen und dazu ein Buch vorstellen."Die Autorin des Buches, erzählten sie, hatten sie kurze Zeit zuvor auf einer Vorlesung kennen gelernt.

Kindersoldaten! Gehört hatte ich davon schon und zu dem Thema auch was in der Zeitung gelesen, aber wirklich präsent war mir bis zu diesem Zeitpunkt nicht, was sich dahinter verbirgt. Nach offiziellen Einschätzungen werden derzeit weltweit, vor allem in Afrika, über 300 000 Kindersoldaten in rund 40 bewaffneten Kämpfen eingesetzt - manche sind gerade mal fünf Jahre alt. Sie kämpfen als menschliche Minendetektoren, Spione und Boten oder werden zum Tragen der Vorräte eingesetzt. Warum gerade Kinder, erwachsene Männer sind doch viel stärker? Kinder lassen sich jedoch viel leichter einschüchtern, sind billiger und können einfacher dazu gebracht werden, furchtlos zu töten und Befehle bedingungslos umzusetzen.

Aus verzweifelter Armut, von der eigenen Familie vertrieben oder um ein getötetes Familienmitglied zu rächen, schließen sich manche freiwillig einer bewaffneten Gruppe an. Die meisten Kinder aber sind entführt, zwangsrekrutiert und unter Todesandrohungen gezwungen, Befehle auszuführen. Häufig bekommen sie vor den Kämpfen Drogen, um ihnen die Furcht zu nehmen. In vielen Konflikten nehmen sie genau deshalb an fürchterlichen Gewalttaten gegen Zivilisten teil - darunter Enthauptungen und Vergewaltigungen - und verbrennen ihre Opfer teilweise bei lebendigem Leibe. Nicht nur der Drogenkonsum treibt sie zu diesen Gräueltaten, sondern erschreckender Weise auch die Suche nach Anerkennung bei den Offizieren. Danach sehnen sie sich, wenn sie keine Familie mehr haben.

Mädchen müssen neben den Kämpfen oft auch noch sexuellen Missbrauch von anderen Soldaten über sich ergehen lassen. Sie nehmen die jungen Frauen als "Ehefrauen", beuten sie sexuell aus und schwängern sie. Mädchen aus Uganda erzählen sogar, dass sie gezwungen wurden, ihr Neugeborenes auf den Rücken zu binden und weiter zu kämpfen.

"Ich habe keine Ahnung, wie viele Menschen ich umgebracht habe." China Keitetsi, Buchautorin

Ähnlich musste all dies auch China Keitetsi aus Uganda über sich ergehen lassen, wie die beiden Schülerinnen aus erster Hand erfahren konnten. In ihrem Buch, "Sie nahmen mir die Mutter und gaben mir ein Gewehr", erzählt die 27-Jährige von ihrer Vergangenheit als Kindersoldatin. Besonders ein Zitat aus ihrem Vortrag in Müllheim rüttelt auf: "Wenn man mich hier als kleine zierliche Frau sieht, kann man es sich vielleicht nicht vorstellen, aber ich muss ihnen sagen: Ich habe keine Ahnung, wie viele Menschen ich umgebracht habe. Man braucht dazu nur einen einzige Finger, um eine leichte Waffe zu bedienen." Auch von wie vielen Männern sie vergewaltigt wurde, weiß sie nicht mehr.

Von ihrem zehnten Lebensjahr an, musste sie Jahre lang kämpfen, bevor sie flüchten konnte. Inzwischen lebt sie in Dänemark, musste in Afrika jedoch einen Sohn und eine Tochter zurücklassen. Sie sehnt sich nach ihnen und hofft, sie eines Tages wiederzufinden. Natürlich ist sie auch froh, die Flucht in ihre jetzige Heimat Dänemark geschafft zu haben. Doch ob sie je wieder richtig glücklich werden kann? Zu tief - wie bei allen ehemaligen Kindersoldaten - sitzen die Erfahrungen und Bilder, die sie ihr Leben lang begleiten werden - tief in ihre Seele gebohrt. Außerdem plagt sie die Hilflosigkeit: "Manchmal ertrage ich es kaum. Ich lebe in einem Land, in dem es sogar Tier- und Umweltschutz gibt, ich habe eine Wohnung und die Hilfe eines Psychologen, aber tun kann ich fast nichts, um den Kindern zu helfen."

Mit ihrem Buch will sie Aufmerksamkeit schaffen, und sie erhofft sich auch Einnahmen für ihre Stiftung, die versucht, gegen Kinderrekrutierung vorzugehen. Die Einhaltung von hart erkämpften Verträgen ist in Ländern, in denen Rebellenführer herrschen, allerdings nur schwer zu kontrollieren. Die Kindersoldaten selbst sind zusätzlich eine große Gefahr für internationale Schutztruppen, da die Opfer zu Tätern werden, die skrupellos sind und, ohne zu zögern, schießen. Werte und Normen wurden bei ihnen ausgelöscht.

Trotzdem versuchen Hilfsorganisationen, die Demobilisierung von Kindersoldaten zu erreichen. Unicef unterstützt zum Beispiel in Sierra Leone, Liberia, Ruanda und dem Kongo Übergangsheime. Dort sollen den missbrauchten Kindern psychologische Hilfe, Schutz und Zukunftsperspektiven geboten werden.

Wenn man nur einige Sätze aus China Keitetsis Buch liest, schießen einem viele Gedanken durch den Kopf, die schnell Seiten füllen würden. Worum es aber geht, ist Aufmerksamkeit zu schaffen und Interesse zu wecken. Auch wenn man relativ machtlos ist, sollte man das nicht so akzeptieren.


China Keitetsi : "Sie nahmen mir die Mutter und gaben mir ein Gewehr", Ullstein-Verlag. Weitere Infos auf den Internetseiten vom Deutschen Roten Kreuz, Amnesty International, Terre des Hommes und Unicef.

Ressort: Zisch

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