Wenn in der Kneipe gepredigt wird

Matthias Kreplin aus Karlsruhe und Pfarrerin Anna Manon Schimmel aus Neuried sind in der Reihe "Mittendrin" der evangelischen Kreuzgemeinde zu Gast gewesen. Schimmel berichtete über Gottesdienste an ungewöhnlichen Orten.

Die Ichenheimer Pfarrerin Anna Manon S...n die Gäste in der Runde am Mittwoch. | Foto: Juliana Eiland-Jung — Die Ichenheimer Pfarrerin Anna Manon Schimmel und Oberkirchenrat Matthias Kreplin waren die Gäste in der Runde am Mittwoch. Foto: Juliana Eiland-Jung

Rund 40 Zuhörer waren ins Gemeindehaus am Doler Platz gekommen und erlebten eine durchaus kritische, aber keineswegs verzagte Diskussion über die "Kirche auf Ab-, Um- und Auswegen". Moderiert von Gerd Möllmann und Petra Bredemeyer wurde nicht um den heißen Brei herumgeredet. Vor allem seit der Corona-Zeit, die als Brandbeschleuniger gewirkt habe, befinde sich "die Kirche in der Krise".

Doch auch schon vorher hätten sich "schwierige Zeiten am Horizont angedeutet", konstatiert Matthias Kreplin, der von 1995 bis 2009 in Schmieheim Pfarrer und von 2002 bis 2009 auch Dekan des Kirchenbezirks Lahr war. Seither ist er beim Oberkirchenrat in Karlsruhe Leiter des Referats Verkündigung in Gemeinde und Gesellschaft, laut Kreplin ein "theologisches Querschnittsreferat". Auf Nachfrage von Gerd Möllmann, wie denn die Stimmung im Kirchenrat sei, gab Kreplin die ehrliche Antwort: "Angespannt." Weniger Kirchenmitglieder und sinkende Einnahmen erforderten neue Strukturen, für die der Kirchenrat in Zusammenarbeit mit der Synode "in großer Kollegialität" nach Lösungen suche. "Kooperationsräume" seien notwendig angesichts von Personalknappheit, eine Zentralisierung der Verwaltung, aber weiterhin brauche es die Kirche vor Ort, die von Haupt- und Ehrenamtlichen getragen werde. Dabei dürften gerade die Ehrenamtlichen nicht überfordert werden. Es gelte Beteiligungsmöglichkeiten zu schaffen, in die man sich "einfacher ein- und ausklinken kann". Auch die ökumenische Zusammenarbeit habe sich schon an vielen Stellen bewährt, so Kreplin.

Pfarrerin Anna Manon Schimmel kann dem aus eigener Erfahrung nur beipflichten. Die Kirche in Schutterzell werde als Simultankirche von der katholischen und der evangelischen Gemeinde genutzt, und in Ichenheim ist es das evangelische Gemeindehaus, in dem sich auch katholische Gruppen treffen. Moderatorin Petra Bredemeyer interessierte sich aber mehr noch für Schimmels ungewöhnliche Gottesdienstformate, die diese auch mal in eine Kneipe oder – zur Taufe – an den Baggersee verlegt. Die Idee und den Mut dazu hatte Schimmel gefasst, als sie noch Studentin war und spontan aufgefordert worden war, eine ihrer zu Prüfungszwecken ausgearbeiteten Predigten in einer Kneipe zu halten. "Da war plötzlich Ruhe, und es hat viele Leute berührt", hatte Schimmel gemerkt. Erfunden habe sie das Format allerdings nicht, und natürlich seien auch Sonntagsgottesdienste in der Kirche weiterhin wichtig, betont Schimmel. Andererseits seien eben auch Tresengespräche manchmal eine Form von Seelsorge.

Auch auf Facebook und Instagram ist Schimmel aktiv und im Team der "Kirche im SWR"-Sprecher ebenfalls. Kirche müsse zu den Leuten gehen, das tue beiden Seiten gut, bekräftigt Schimmel. Das Bedürfnis, sich über Glaubensthemen auszutauschen, sei nach wie vor groß, auch wenn die Besucherzahlen der Gottesdienste das nicht unbedingt widerspiegelten. In der Diskussion mit dem Publikum wurden die Zentralisierung der Verwaltung und der Personalrückgang kritisch hinterfragt. Dass die Kirche auf die veränderten Bedingungen in der Gesellschaft neue Antworten finden muss, war allerdings Konsens.

Der nächste Mittendrin-Abend der evangelischen Kreuzgemeinde findet statt am 16. Oktober, 19 Uhr. Thema: "Wenn die Seele Sorgen macht". Gäste: Elke Wahl, Eberhard Roth (Telefonseelsorge), Ralph Dürr und Michael Götz-Kluth (Verein "Die Brücke").

Ressort: Lahr