Tragikomödie im Kino
"Welcome to Norway" erzählt vom Geschäft mit Flüchtlingsunterkünften
TRAGIKOMÖDIE: "Welcome to Norway" erzählt vom Geschäft mit Flüchtlingsunterkünften.
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Die Unterkunft ist natürlich mitnichten fertig, sollen die Bewohner doch mit anpacken, dann geht’s schneller. Und es muss sehr schnell gehen, denn die Ausländerbehörde hat ein Limit von zwei Wochen gesetzt: Wenn das Haus dann immer noch eine Baustelle ist, ohne taugliche Türen, Elektrik, Böden, sanitäre Anlagen, dann gibt es keine Genehmigung. Die Neuankömmlinge sprechen kein Norwegisch – bis auf den munteren Abedi (Olivier Mukuta) aus Eritrea. Ohne ihn, als Dolmetscher, Handwerker und Berater, wäre Primus komplett aufgeschmissen. Schon bei der Belegung der Zimmer: Ein Christ und ein Muslim zusammen, das geht nicht, sagt Abedi, ein Schiit und ein Sunnit schon gar nicht – aber du darfst auch Drusen, Hindus, Buddhisten, Katholiken und Protestanten nicht vergessen! Klingt nach einer recht albernen und erwartbaren Culture-Clash-Komödie, was Rune Denstad Langlo (Buch und Regie) da mit "Welcome to Norway" gedreht hat.
Aber wer den 1972 in Trondheim geborenen Filmemacher kennt, der weiß, dass sein Kino nicht in erster Linie vom Plot lebt, sondern von den Zwischentönen, der Inszenierung, der Schauspielerführung. Das war in "Nord" (2010) um einen Ex-Skiprofi so, dann in "Chasing the Wind" (2014) um eine Frau auf den Spuren ihrer Vergangenheit, das ist jetzt, in seinem dritten Spielfilm, nicht anders.
Die Besetzung ist klasse, vom norwegischen Theaterstar Christiansen, dem Antihelden in "Nord", über Steenstrup, die in Norwegen jedes Kind als Comedian kennt, bis zu Mukuta, der aus dem Kongo stammt, zwölf Jahre in einem Flüchtlingscamp in Malawi gelebt hat und jetzt in seiner ersten Kinohauptrolle brilliert. Wie sein Abedi den profithungrigen Heimleiter vom Fremdenfeind zum Menschenfreund erzieht, das macht den Film zu einer warmherzigen (dabei aber an keiner Stelle süßlich verlogenen) Tragikomödie und sorgt für ein berührendes Finale.
Wie überhaupt lustige und beklemmende Momente sorgsam ausgewogen sind in "Welcome to Norway". Auf der einen Seite krachlederne Komik: Primus muss morgens pickelhart gefrorenes Brot mit der Kreissäge schneiden und nachmittags mit der Dame von der Gemeinde schlafen, damit es doch noch klappt mit dem kommunalen Kredit. Auf der anderen Seite der bittere Aberwitz behördlicher Überwachung, bürokratischer Entscheidungen und rassistischer Vorurteile. Wenn ins Asylbewerberheim etwa ein Lkw voll ausgemusterter Bücher gekarrt und als Warenhilfe angepriesen wird. Oder die Sozialarbeiterin junge Flüchtlingsfrauen nach ihrem Leben fragt, mit den einsilbigen Antworten nicht zufrieden ist, schließlich von brutalen Vergewaltigungen erfährt und sich mit einem "So ist’s recht!" bedankt: Da gefriert einem das Lachen im Halse.
Der Film wirkt wie ein Kommentar zur gegenwärtigen Flüchtlingskrise, Lango hatte die Idee aber bereits im Jahr 2010. So kabarettreif er aktuelle Probleme auf den Punkt bringt, so wenig überzeichnet ist seine windige Hauptfigur. Es gibt sie wirklich: in Gestalt der Brüder Kristian und Roger Adolfsen, die mit ihrem Unternehmen "Hero Norway" ein Vermögen gemacht haben. Sie betreiben 90 Flüchtlingsunterkünfte in Norwegen und zehn in Schweden, etwa in ehemaligen Schulen, Altersheimen oder Hotels, und verdienen pro Nase und Nacht zwischen 30 und 70 Euro. Bei solchen Vorbildern ist es kein Wunder, dass ein Bankrotteur wie Primus davon träumt, auf den geschundenen Rücken der "Neger" zum Millionär hochzuklettern.
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