Studie
Warum prügeln sich Flüchtlinge?
Auch in Baden-Württemberg wird die Polizei oft zu Einsätzen in Flüchtlingsheimen gerufen. Enge, Langeweile sowie ethnische und kulturelle Unterschiede fördern Konflikte unter Asylbewerbern – so eine Studie.
Do, 8. Okt 2015, 0:00 Uhr
Deutschland
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Zu diesen Fragen liegt nun eine Studie vor, die das Brandenburger Innenministerium in Auftrag gegeben hat. Dafür wurden Ende 2014 Personal und Bewohner in fast allen Gemeinschaftsunterkünften für Asylsuchende in Brandenburg befragt, also noch vor dem jüngsten Anstieg der Flüchtlingszahlen. Trotzdem dürften die Erkenntnisse der Potsdamer Sozialforscher noch Bestand haben – auch außerhalb Brandenburgs.
Das wichtigste Fazit: "Grenzüberschreitendes Verhalten und aggressive verbale Auseinandersetzungen, Bedrohungen und Beleidigungen sowie schwerwiegende Sachbeschädigungen" gehören "zum Alltag" in Flüchtlingsunterkünften. Ob aus diesem Aggressionspotential aber offene Gewalt wird, hängt laut der Studie von vielen Faktoren ab.
Konflikte eskalieren vor allem dort, wo viele Flüchtlinge auf engem Raum untergebracht werden, wo Menschen aus vielen Ländern und Kulturen zusammenleben, ohne sich in einer gemeinsamen Sprache verständigen zu können, und wo es kaum Beschäftigungsmöglichkeiten gibt. Fast immer geht Gewalt von – zumeist jungen – Männern aus.
Ausgangspunkt sei meist Streit über "Sauberkeit in den gemeinschaftlich genutzten Räumen und Lärm", heißt es in der Studie. Eine Gruppe fühlt sich von der anderen gestört, reagiert gereizt, die Sache eskaliert – vor allem in den Abendstunden. Alkohol- und Drogenkonsum wirke dann oft als Konfliktbeschleuniger.
Als besonders aggressiv werden Asylbewerber beschrieben, die mit ihrer Religionsausübung sehr konservative Praktiken verbinden (Salafismus) oder die sich in einem Prozess der Radikalisierung (Islamismus) befinden. Sie seien auch "als eine schlimme und brutale Quelle für Gewalt an Frauen" geschildert worden, etwa wenn sie versuchten, diesen bestimmte Kleidung aufzuzwingen.
Interaktive Grafik: Polizei-Einsätze und Ermittlungen bei den LEA in Baden-Württemberg
Überhaupt werden insbesondere Frauen in Flüchtlingsheimen Opfer der Gewalt. Alleinstehende Frauen berichteten über "beständige Angst", nachts würden sie "bedrängt" und müssten bei "einer Verweigerung mit aggressiven Reaktionen rechnen". Sozialarbeiter hätten auch oft Fälle häuslicher Gewalt gegen Kinder und Frauen angesprochen – und von ihrer Zurückhaltung berichtet, einzuschreiten. Denn auch Betroffene würden solche Vorkommnisse oft als normal wahrnehmen.
So beunruhigend die Bestandsaufnahme ausfällt – in einer Mehrheit der Brandenburger Unterkünfte ging die Gewalt im untersuchten Zeitraum zurück. Als Ursachen werden Veränderungen in der Zusammensetzung der Bewohner, bauliche Verbesserungen und präventive Maßnahmen genannt. Ein Schlüsselfaktor sei die Ausstattung mit Personal – und dessen Kompetenz, deeskalierend zu wirken. Und: In kleineren, abgeschlossenen Wohneinheiten "sinken die gewalttätigen Auseinandersetzungen gegen Null".
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