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Naturphänomen

Warum der Eichener See bei Schopfheim mal kommt – und dann wieder geht

Wie? Ein See? Das ist doch eine Wiese! Aber tatsächlich bildet sich hier, nahe des Schopfheimer Ortsteils Eichen, immer wieder ein See. Der Eichener See verbirgt in seinem Untergrund ein Geheimnis.  

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Da war er gerade da: der See von oben Foto: Erich Meyer/André Hönig
Und zwar immer dann, wenn es in den Monaten zuvor viel geregnet hat und viel Schnee im Schwarzwald geschmolzen ist. Dann steht plötzlich Wasser auf der Wiese und langsam wächst daraus ein See. Ganz so überraschend wie für viele andere passiert dies für Hartmut Heise nicht. Der 74-jährige Schopfheimer ist nämlich so etwas wie der Wächter des Sees. Er ist immer wieder vor Ort, um dessen Untergrund zu ergründen.
Unheimliche Orte im Wiesental: Eichener See – die Wiese der Ertrunkenen

Das Besondere am Eichener See ist, dass er keinen oberirdischen Zufluss hat wie zum Beispiel der Bodensee, der vom Rhein und anderen Flüssen gefüllt wird. Das Wasser des Eichener Sees drückt vielmehr aus dem Untergrund nach oben. Dort schlummert nämlich sein Geheimnis: ein Gestein mit dem Namen Muschelkalk, das von vielen Hohlräumen durchzogen ist. Man sagt auch, es ist verkarstet.

In diesen Hohlräumen sammelt sich, sobald es lange regnet, das Wasser. Man kann sich das wie eine unterirdische Wanne vorstellen: Regen- und Schmelzwasser fließen von oben hinein, können nach unten aber nur ganz schlecht abfließen.

Wenn es nun immer weiter regnet, hat das Wasser keinen anderen Ausweg als nach oben. Es drückt sich also durch den Erdboden und zwischen den Grashalmen heraus: Der Eichener See entsteht. Mal bleibt er relativ klein, mal wächst er immer weiter und kann so groß werden wie fünf aneinandergereihte Fußballfelder. Da der See oft im Winter zum Vorschein kommt, gibt es manchmal ein ganz besonderes Vergnügen: Die Wasserfläche gefriert und wird zu einer riesigen natürlichen Schlittschuhbahn.

Bei wärmeren Temperaturen passiert aber etwas ganz anderes: Dann beginnt ein quirliges Leben im See "Innerhalb von drei bis vier Wochen schlüpfen kleine Kiemenfußkrebse", erklärt Naturschutzwart Hartmut Heise. Diese Urzeitkrebse gab es schon vor rund 500 Millionen Jahren. Ausgewachsene Tiere sind zwei Zentimeter lang – und Rückenschwimmer: Mit ihren elf Beinpaaren gleiten die Urzeitkrebse geschwind und sehr elegant durchs Wasser, während sie den Bauch immer dem Licht zuwenden.

"Und irgendwann passiert das Erstaunliche", sagt Hartmut Heise: Wenn der See nach Wochen oder Monaten wieder abfließt, bleiben die Eier des Urzeitkrebses in der trockenen Mulde liegen. Sie können Monate, ja sogar Jahre dort ruhen. Sobald das Wasser zurückkehrt und eine Temperatur von acht bis 15 Grad hat, schlüpfen wieder die Krebse.

Damit das weiterhin passiert, sollte man nicht durch die Mulde laufen. Die Krebse stehen nämlich unter Naturschutz, sie leben in Baden-Württemberg nur im Eichener See. In Deutschland gibt es lediglich sieben weitere Orte, an denen der Urzeitkrebs noch zu finden ist. Ansonsten ist er ausgestorben. Im Moment ruhen die Eier in der Mulde des Sees: Da es in den letzten Monaten sehr trocken war, zeigt er sich nicht. Wenn er dann wieder erscheint, ist Vorsicht geboten: Er kann bis zu zweieinhalb Meter tief werden. In früheren Zeiten sind immer wieder Menschen darin ertrunken.

Ressort: Schopfheim

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Sa, 11. Mai 2019: PDF-Version herunterladen

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