Autoindustrie

VW vor flächendeckenden Warnstreiks - Friedenspflicht endet

Im Tarifkonflikt bei VW stehen die Zeichen auf Arbeitskampf. Mit demonstrativen Aktionen begeht die IG Metall das Ende der Friedenspflicht - und kündigt flächendeckende Warnstreiks an.  

Zu den Kommentaren
Mail

Wir benötigen Ihre Zustimmung um BotTalk anzuzeigen

Unter Umständen sammelt BotTalk personenbezogene Daten für eigene Zwecke und verarbeitet diese in einem Land mit nach EU-Standards nicht ausreichenden Datenschutzniveau.

Durch Klick auf "Akzeptieren" geben Sie Ihre Einwilligung für die Datenübermittlung, die Sie jederzeit über Cookie-Einstellungen widerrufen können.

Akzeptieren
Mehr Informationen
1/9
Zum Ende der Friedenspflicht bekunden Beschäftigte von Volkswagen ihre Streikbereitschaft. Foto: Hendrik Schmidt/dpa

Quelle: Deutsche Presse-Agentur (dpa).
Die BZ-Redaktion hat diese Meldung nicht redaktionell bearbeitet.

Wolfsburg/Zwickau (dpa) - Bei Europas größtem Autobauer Volkswagen drohen flächendeckende Warnstreiks. "In allen Werken wird in nächster Zeit die Produktion temporär auf Eis liegen", kündigte IG-Metall-Verhandlungsführer Thorsten Gröger in Wolfsburg an. Mit symbolischem Glockenschwingen markierte die IG Metall demonstrativ das Ende der Friedenspflicht und stellte damit die Weichen für Arbeitskämpfe. Medienberichten zufolge könnte es bereits an diesem Montag zu ersten Warnstreiks kommen.

Gleich zweimal ließ die Gewerkschaft die Friedenspflicht demonstrativ abklingen: am Abend zunächst in Wolfsburg mit Glockläuten in Sichtweite der Konzernzentrale, wenig später noch einmal in Zwickau mit rotem Bengalfeuer. Die IG Metall sprach von etwa 300 Teilnehmern in Wolfsburg. Auch in Zwickau versammelten sich Hunderte bei Punsch und Bratwurst vor dem Werkstor, um ihre Streikbereitschaft zu demonstrieren.

"Der Worte sind genug gewechselt"

"Der Frust in der Belegschaft ist groß", ließ Betriebsratschefin Daniela Cavallo wissen. Mit der Möglichkeit für Warnstreiks gebe es nun ein Ventil, "um Dampf abzulassen". Sie rechne daher mit großem Zuspruch, wenn die ersten Aktionen anstehen. Gröger sprach von "Warnstreiks, die das Unternehmen nicht übersehen kann".

In Zwickau sagte der dortige Betriebsratschef Uwe Kunstmann: "Der Worte sind genug gewechselt, ab nächster Woche werden Taten folgen." Der VW-Vorstand müsse endlich zur Vernunft kommen. "Ich gehe davon aus, dass die IG Metall nächste Woche an allen VW-Standorten zu Warnstreiks aufrufen wird."

VW fordert zehn Prozent Lohnkürzung

In dem Konflikt geht es um die Bezahlung der rund 120.000 Beschäftigten in den Werken der Volkswagen AG, wo ein eigener Haustarif gilt. VW lehnt bisher jede Erhöhung ab und fordert stattdessen zehn Prozent Lohnkürzung. Auch Werkschließungen und betriebsbedingte Kündigungen stehen im Raum. Die Beschäftigungssicherung wurde aufgekündigt. Laut Betriebsrat sind mindestens drei Werke und Zehntausende Arbeitsplätze bedroht.

Die Friedenspflicht, in der Streiks nicht erlaubt sind, lief um Mitternacht aus. Ab 1. Dezember sind damit auch Arbeitsniederlegungen möglich. Die IG Metall hat bereits angekündigt, ab Anfang Dezember zu Warnstreiks aufzurufen. Konkrete Termine nannte die Gewerkschaft bisher nicht.

Mit den Aktionen will die Gewerkschaft in dem Tarifstreit um Lohnkürzungen, Stellenabbau und mögliche Werksschließungen noch einmal den Druck erhöhen. "Wir wünschen uns diesen Konflikt nicht – aber wir führen ihn, solange der Vorstand nur auf Kürzungen und Entlassungen statt auf Perspektiven setzt", sagte Gröger. "Wenn nötig, wird das einer der härtesten Konflikte, den Volkswagen je gesehen hat."

Zukunftsplan der IG Metall abgelehnt

Erst am Freitag hatte Volkswagen die Vorschläge von IG Metall und Betriebsrat zur Kostenentlastung zurückgewiesen. Damit gieße der Vorstand Öl ins Feuer, sagte Cavallo. Gröger sprach sogar von "offenen Benzinfässern", die der Vorstand ins Feuer werfe. "Das werden wir uns nicht gefallen lassen."

IG Metall und Betriebsrat hatten angeboten, eine mögliche Tariferhöhung vorerst nicht auszuzahlen und stattdessen in einen Zukunftsfonds einzubringen. Im Gegenzug sollte VW auf Werkschließungen und betriebsbedingte Kündigungen verzichten. Volkswagen hielt dagegen, der Vorschlag bringe keine nachhaltige Entlastung.

Nächste Tarifrunde am 9. Dezember

Am 9. Dezember wollen Vertreter von Arbeitnehmern und Konzern die Tarifverhandlungen fortsetzen. Bei der vorigen Verhandlungsrunde im November protestierten bereits mehr als 7.000 Beschäftigte vor dem Verhandlungssaal gegen die Sparpläne, damals noch ohne Warnstreiks.

Am Mittwoch wird Konzernchef Oliver Blume zudem auf der Betriebsversammlung in Wolfsburg vor die Belegschaft treten. Auch Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) wird dann als Gastredner erwartet.

Mehr als 50.000 bei Warnstreikwelle 2018

Warnstreiks an einzelnen Standorten hatte es bei VW zuletzt in der Haustarifrunde 2021 gegeben. Flächendeckende Aktionen an allen sechs großen Werken in Westdeutschland gab es zuletzt 2018. Nach Angaben der IG Metall beteiligten sich damals mehr als 50.000 Beschäftigte in Wolfsburg, Hannover, Emden, Kassel-Baunatal, Braunschweig und Salzgitter an dem Ausstand. Für die sächsischen Werke in Zwickau, Chemnitz und Dresden wurde erst 2021 eine stufenweise Angleichung an den Haustarif bis 2027 vereinbart.

Nicht unter den Haustarif fällt das VW-Werk in Osnabrück. Dort war es bereits im Oktober und November bei der Tarifrunde für die Metall- und Elektroindustrie zu Warnstreiks gekommen.

© dpa‍-infocom, dpa:241201‍-930‍-304298/1

Artikel verlinken

Wenn Sie auf diesen Artikel von badische-zeitung.de verlinken möchten, können Sie einfach und kostenlos folgenden HTML-Code in Ihre Internetseite einbinden:

© 2024 Badische Zeitung. Keine Gewähr für die Richtigkeit der Angaben.
Bitte beachten Sie auch folgende Nutzungshinweise, die Datenschutzerklärung und das Impressum.

Kommentare


Weitere Artikel