Kongo
Vulkan über Stadt gefährdet zehntausende Bewohner
Über der kongolesischen Stadt Goma brodelt die heiße Lava des Nyiragongo und bedroht zehntausende Bewohner.
Jürgen Bätz
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GOMA. Über einer Großstadt öffnet sich die Erde. Heraus schießt eine Fontäne glühender Lava. Für eine Flucht ist es zu spät. Dieses mögliche Szenario droht der kongolesischen Millionenstadt Goma. Denn direkt über Goma, das im Osten Kongos liegt, brodelt im Kessel des Vulkans Nyiragongo unaufhaltsam der größte Lava-See der Welt. Die rund 1100 Grad Celsius heiße Lava spritzt immer wieder meterhoch. Die Gewalt der Natur ist beeindruckend schön – aber beim nächsten Ausbruch könnte der Vulkan Zehntausende Bewohner Gomas in den Tod reißen.
"Die nächste Eruption könnte auch mitten in der Stadt passieren", warnt Tedesco. Der Unterbau des Vulkans – sozusagen die mit Magma gefüllten Rohrleitungen unter dem Krater – reicht bis weit unter Goma. Tedesco steht vor dem Vulkanobservatorium von Goma (OVG), etwa 18 Kilometer vom Krater entfernt. Er stampft mit dem Fuß auf den Boden: "Stellen sie sich vor, Sie hätten eine Eruption genau hier!" Sollte es dazu kommen, wird es für viele kein Entrinnen mehr geben. "Die Lava des Nyiragongo ist wegen des geringen Silikatanteils sehr flüssig. Sie fließt extrem schnell", erklärt Nicole Bobrowski, eine Vulkanologin am Max-Planck-Institut Mainz. Bei einer Eruption 1977 maßen Forscher an den Flanken des Vulkans den schnellsten bekannten Lavafluss mit bis zu 60 Kilometern pro Stunde.
Schwarzes Lavagestein ist aus dem Stadtbild Gomas spätestens seit der Eruption von 2002 nicht mehr wegzudenken. In unbefestigten Seitenstraßen stolpert man über Lavaschotter, an vielen Ecken liegen Lavasteine aufgetürmt, mit denen in den besseren Vierteln zum Beispiel Außenmauern von Grundstücken gebaut werden. "Der Vulkan hat unser Haus komplett zerstört", erinnert sich Saturnin Kambale Mwanamolo, ein Bewohner Gomas. "Unser ganzes Hab und Gut war von einem Moment auf den anderen vernichtet." Als die Eruption begann, flüchtete er im letzten Moment über die Grenze ins nahe Ruanda. Doch wie die meisten, die der Vulkan obdachlos machte, kam der heute 52-jährige Beamte schnell zurück. Die Menschen haben ihr Leben einfach wieder neu begonnen. "Wegmachen konnte man die erkaltete Lava nicht, es war viel zu viel. Deswegen haben wir das Haus einfach oben drauf gebaut", sagt Kambale.
Goma hätte im Grunde nie am Fuß des Vulkans errichtet werden sollen: Kaum eine Stadt der Welt könnte so leicht Opfer einer fatalen Naturkatastrophe werden. Doch Goma wächst unaufhaltsam. Die ärmsten Neuankömmlinge errichten sich am Stadtrand einfach aus Holz und Wellblech einen Verschlag auf der erkalteten Lava der letzten Eruptionen – die Stadt kriecht immer näher an den Vulkan.
Die Regierung erklärt, dass es für den Notfall einen Evakuierungsplan gebe. Doch die Behörden im Ost-Kongo sind schon im Normalzustand überfordert. Zudem sitzt Goma praktisch in der Falle: Im Norden thront der Vulkan, im Osten liegt die Grenze zu Ruanda, im Süden der Kivusee. Nach Westen gibt es nur eine unbefestigte Straße. Forscher können nicht voraussagen, wann der Nyiragongo wieder ausbrechen wird und wie schlimm es sein wird. Das sicherste Zeichen einer bevorstehenden Eruption sind Erdbeben im Afrikanischen Grabenbruch, zu dem auch der Vulkan gehört. Dann kann es Tedesco zufolge sehr schnell gehen: "Wenn wir die Bevölkerung 24 Stunden vorher warnen könnten, dann wäre das schon nicht schlecht."
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