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Vom schmerzhaften Verlust eines Miteinanders

Zwei Gefangene aus der Freiburger Justizvollzugsanstalt haben Pläne – der eine will Abi machen, der andere seine Tochter halten.  

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Das Freiburger Gefängnis hinter Stacheldraht   | Foto: Michael Bamberger
Das Freiburger Gefängnis hinter Stacheldraht Foto: Michael Bamberger
An diesem Zischup-Projekt hat sich auch eine Klasse aus dem Bildungszentrum der Freiburger Justizvollzugsanstalt beteiligt. Zwei Insassen berichten über ihren ganz besonderen Blick auf die Welt.

Tochter im Arm halten

Heute möchte ich über mein Herz, meine über alles geliebte Tochter Aaliyah Marie erzählen. Sie hat auch meinen Nachnamen. Sie ist am 16. Oktober 2008 geboren, hatte einen Kopfumfang von 33 Zentimetern und war 2850 Gramm schwer. Vater zu sein war natürlich für mich neu, Windeln wechseln und so. Ich muss aber sagen, das war die schönste Zeit meines Lebens. Alle falschen Freunde waren von heute auf morgen weg. Nur noch meine Tochter. Wir haben sie getauft, ich wollte die Mutter meiner Tochter heiraten, wir waren verlobt, es lief zwei Jahre sehr gut. Doch leider standen mir die Drogen im Weg.

Ich habe natürlich gekämpft, aber ich bin dann leider Gottes gescheitert. Ich wollte einfach nicht, dass meine Kleine es mitkriegt. Wir haben uns dann getrennt, wegen der Sucht, dann kam der Knast. Mittlerweile habe ich meine Tochter acht schmerzvolle Jahre nicht gesehen, nicht mehr in meinen Armen gehalten. Sie hat noch meinen Namen. Ich schreibe ihr immer an Ostern, an Weihnachten, an ihrem Geburtstag. Ich schreibe, male Bilder für sie. Es kommt zwar nichts zurück, aber ich werde weitermachen.

Irgendwann kommt der Tag X – und wir werden uns in den Armen halten und uns nie wieder loslassen.

Aufs Abi lernen

Abitur im Knast!? Geht das denn? Kriegen diese Verbrecher das überhaupt hin? Ja! Das geht, die können das! Es sind vielleicht nicht viele, doch es gibt sie, die Jungs hinter Gittern, die etwas aus sich machen und die sich sagen, ich nutze diese Zeit des Weggesperrt-Seins sinnvoll und hole beispielsweise mein Abitur nach. Wie auch ich, der gerade voller Euphorie im Abi-Vorbereitungskurs steckt und sich nicht nur Gedanken über schulische Weiterbildung macht, sondern auch intensiv über das Leben da draußen nachdenkt. Und leider schrecke ich fast täglich auf, wenn ich mir die Welt, die Menschen und das Wir anschaue.

Denn wir, also die Gesellschaft, haben in vielerlei Hinsicht das Gefühl dafür verloren, was es bedeutet, eine Gesellschaft zu sein. Zusammengehören... sich auseinandersetzen... Wir haben allzu oft kein Ideal mehr davon, was es bedeutet, ein "Bürger" zu sein. Wir sind getrieben von der technischen Entwicklung, von einer Nötigung zur Selbstdarstellung, von diffusen Ängsten, die wir einerseits nicht eingestehen oder andererseits total übertreiben. Wir sind hysterisch, wo wir nüchtern sein müssten, und unaufmerksam, wo wir wachsam sein sollten.

Hindert uns die Gesellschaft daran, die Werte, die wir vermittelt bekamen, umzusetzen? Oder sind es die nicht vermittelten Werte in der modernen Erziehung, die uns zu einer immer blinderen Gesellschaft werden lassen? Wie dem auch sei: Mens agitat molem, heißt: Der Geist bewegt die Masse!

Ressort: Schülertexte

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Do, 20. Dezember 2018: PDF-Version herunterladen

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