Zischup-Interview
"Viele kleine Tierarten sind bei uns bedroht oder ausgestorben"
Kilian Dorbath ist Naturschutzfachkraft im Umweltschutzamt in Freiburg. Er weiß, wie es um aussterbende Tierarten steht. .
Louisa Hellmanns, Klasse 8a, Friedrich-Gymnasium (Freiburg)
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Dorbath: Meine Aufgabe ist es, unter anderem Naturschutzmaßnahmen zur Erhaltung und Entwicklung von Lebensräumen für Tiere und Pflanzen umzusetzen. Außerdem bin ich daran beteiligt zu beurteilen, wie stark Baumaßnahmen oder Vorhaben die Natur beeinträchtigen. Dann entscheide ich mit, was getan werden muss und gesetzlich erforderlich ist, um die Beeinträchtigungen durch Baumaßnahmen und Bauvorhaben für die Natur zu vermeiden, zu verringern oder an anderer Stelle auszugleichen.
Zischup: Welche Tierarten sind besonders vom Aussterben bedroht?
Dorbath: Man muss immer den Lebensraum beachten, in dem Tierarten leben. Tiere, die auf regelmäßigen Regen angewiesen sind, weil sie in einem Feuchtlebensraum leben, sind besonders von Trockenperioden bedroht, wie zum Beispiel Amphibien. Wenn eine Trockenperiode kommt, kann es sein, dass Gewässer, in denen Amphibien leben, austrocknen. Durch den Klimawandel können solche Trockenperioden in Zukunft viel häufiger und intensiver auftreten. Auch Tierarten, die an kühle Klimabedingungen angepasst sind, sind durch den Klimawandel vom Aussterben bedroht, denn es wird immer wärmer.
Zischup: Welche Tierarten sind in Deutschland schon ausgestorben?
Dorbath: Eine Tierart, die schon vor langer Zeit ausgestorben ist, ist der Bär, da dieser einfach zu wenig Platz in Deutschland hat. Vor einigen Jahren hatten wir mal den wirklich sehr besonderen Fall, dass mal wieder ein Bär in Deutschland vorbeigekommen ist. Der Bär und auch andere große Tiere brauchen sehr große Lebensräume. Solche Lebensräume gibt es in Deutschland schon lange nicht mehr. Dann gibt es auch vielen kleine Tierarten, zum Beispiel viele Insektenarten, die bei uns bedroht oder ausgestorben sind. Dafür gibt es viele verschiedene Gründe. Weltweit gesehen wissen wir auch nicht von allen Arten, die ausgestorben sind, da zum Beispiel in schwer zugänglichen Regionen wie dem Regenwald noch gar nicht alle Arten bekannt sind.
Zischup: Welche Faktoren gibt es außer dem Klimawandel, die zum Artensterben führen?
Dorbath: Ein weiterer Faktor ist der Flächenverbrauch der Menschen, der den Tieren ihren Lebensraum nimmt. Denn wir versiegeln mehr Fläche, als wir entsiegeln. Wenn wir uns bildlich eine große Straße vorstellen, die durch einen Lebensraum gebaut wird, wird dieser durch die Straße in zwei Teile geteilt. Denken wir an Insekten oder Amphibien, die nicht so mobil sind und nur kurze Strecken zurücklegen können – diese können die Straße schlecht oder gar nicht überqueren. Dadurch entstehen oft getrennte Populationen, die kleiner sind und dadurch schwerer überleben und sich schwerer an neue Bedingungen anpassen können. Auch die intensive Landnutzung, der übermäßige Einsatz von Insektiziden und die Ausbreitung von invasiven Arten muss man nennen. Es ist immer eine Kombination aus mehreren Faktoren, die zum Aussterben einer Art führen.
Zischup: Welche Maßnahmen können das Aussterben der Tierarten verhindern?
Dorbath: Eine Maßnahme sind Schutzgebiete. Das sind wichtige Rückzugsorte für viele Tierarten, vor allem für die besonders seltenen oder vom Aussterben bedrohten Arten. Außerdem gibt es Vorgaben und Förderprogramme der Politik, zum Beispiel für einen geringen Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft. Viele Maßnahmen setzen wir auch mit Landwirten auf Äckern und Wiesen zusammen um. Auch sind bestimmte Lebensräume und Biotope gesetzlich geschützt. 2019 hat die Stadt Freiburg den Aktionsplan Biodiversität beschlossen. Hier sind auch noch viele andere Maßnahmen enthalten. Ein Beispiel davon ist das "Förderprogramm Artenschutz in der Stadt". Das Förderprogramm unterstützt Bürgerinnen und Bürger, Firmen und Vereine durch kostenlose Beratung und die Finanzierung von Maßnahmen, die den Arten in der Stadt zugutekommen. Beispiele sind Nistkästen an Häusern oder artenreiche Wiesen in Gärten.
Zischup: Gibt es schon Unterschiede zu früher?
Dorbath: Es kommt darauf an, wie lange die Maßnahmen laufen, je länger sie laufen, desto größer sind die Unterschiede zu früher erkennbar. In den Bereichen, in denen die Maßnahmen schon seit mehreren Jahren umgesetzt werden, sehen wir meistens schon positive Effekte. Was wir auch in Freiburg machen, ist, dass wir die Artenvielfalt im Stadtkreis monitoren. Ein Monitoring ist eine systematische und regelmäßige Erfassung von Arten. Dieses Monitoring läuft für viele Jahre, ist also für einen sehr langen Zeitraum angelegt. Mit dem Monitoring soll herausgefunden werden, wie sich die Insektenvielfalt in Freiburg über die Jahre entwickelt. Umfangreiche Ergebnisse werden wir nach mehreren Monitoringjahren sehen können.
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