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Fußball-Europameisterschaft

Türkischer Nationalspieler feiert sein EM-Tor mit rechtsextremen Wolfsgruß – UEFA ermittelt

  • dpa

  • Mi, 03. Juli 2024, 14:00 Uhr
    Fußball-EM

     

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Der Fußball-Nationalspieler Merih Demiral jubelt beim EM-Spiel für die Türkei mit dem sogenannten Wolfsgruß – einer Geste der rechtsextremen Gruppe Graue Wölfe. Die UEFA leitet ein Untersuchungsverfahren ein.

Merih Demiral, Nationalspieler der Türkei, jubelt nach seinem zweiten Treffer.  | Foto: Hendrik Schmidt (dpa)
Merih Demiral, Nationalspieler der Türkei, jubelt nach seinem zweiten Treffer. Foto: Hendrik Schmidt (dpa)
Kritik von Menschenrechtlern, Empörung aus der deutschen Politik – und eine drohende Strafe durch die UEFA: Mit seinem Wolfsgruß-Jubel hat Merih Demiral die Feier des EM-Viertelfinaleinzugs der Türkei in eine Debatte über Rechtsextremismus verwandelt. Weit nach Mitternacht versuchte der Doppel-Torschütze im Leipziger Stadion die Geste als Zeichen seines Nationalstolzes zu deuten – stand aber schon längst im Sturm der Entrüstung.

"Die Symbole türkischer Rechtsextremisten haben in unseren Stadien nichts zu suchen" Nancy Faeser
Das überraschende 2:1 über Österreich rückte ebenso wie die Vorfreude auf den Stimmungskracher gegen die Niederlande mit unzähligen türkischen Fans in Berlin schnell in den Hintergrund. "Die Symbole türkischer Rechtsextremisten haben in unseren Stadien nichts zu suchen", teilte Bundesinnenministerin Nancy Faeser am Mittwochvormittag mit. "Die Fußball-Europameisterschaft als Plattform für Rassismus zu nutzen, ist völlig inakzeptabel."

Demiral hatte im Achtelfinale gegen Österreich nach seinem zweiten Treffer in Leipzig mit beiden Händen das Handzeichen und Symbol der "Grauen Wölfe" geformt. Es sieht ähnlich aus wie der "Schweigefuchs", der häufig bei Kindern in Grundschulen oder Kitas verwendet wird. Als "Graue Wölfe" werden die Anhänger der rechtsextremistischen "Ülkücü-Bewegung" bezeichnet, die in Deutschland vom Verfassungsschutz beobachtet wird. In der Türkei ist die ultranationalistische MHP ihre politische Vertretung und Bündnispartnerin der islamisch-konservativen AKP von Präsident Recep Tayyip Erdogan.

Forderungen nach konsequentem Handeln der UEFA

Die Europäische Fußball-Union UEFA leitete – deutlich schneller als bei anderen Disziplinar-Vorkommnissen bei diesem Turnier – ein Untersuchungsverfahren gegen den Verteidiger ein. Es gehe dabei um ein mutmaßlich unangemessenes Verhalten des 26-Jährigen, teilte die UEFA am Mittwochvormittag mit. Sollte Demiral bestraft werden, könnten ihm Folgen für das anstehende Viertelfinale drohen.

Noch vor dieser Stellungnahme waren bereits Forderungen nach konsequentem Handeln des Dachverbands laut geworden. "Seit Jahren bekomme ich von Anhängern der Grauen Wölfe, einer der größten rechtsextremen Gruppen in Deutschland, Morddrohungen. Dass Merih Demiral hier den rechtsextremen Wolfsgruß zeigt, ist eine Verhöhnung der Opfer", schrieb Menschenrechtsaktivistin Düzen Tekkal bei X.

"Glückwunsch, Merih! Mit einem einzigen Zeichen hast du die 100-prozentige Freude auf 5 Prozent verringert." Autor Can Dündar
Die Gesellschaft für bedrohte Völker rief die UEFA auf, das Zeigen des Wolfsgrußes nicht zu dulden. Der türkische Exiljournalist und Autor Can Dündar schrieb: "Glückwunsch, Merih! Mit einem einzigen Zeichen hast du die 100-prozentige Freude auf 5 Prozent verringert." Bundesagrarminister Cem Özdemir urteilte: "Seine Botschaft ist rechtsextrem, steht für Terror, Faschismus."

Aus seinem Heimatland erhielt Demiral hingegen Rückendeckung. Der Chef der ultranationalistischen MHP, Devlet Bahceli, nannte die Einleitung des Verfahrens durch die UEFA eine "Provokation". Bahceli bezeichnete die Ermittlungen als "äußerst voreingenommen und falsch".

Demiral sagt dazu: "Ich bin sehr stolz darauf, Türke zu sein" – und will Geste noch öfter zeigen

Als überragender Spieler der Partie saß Demiral kurz vor ein Uhr am frühen Mittwochmorgen auf dem Podium vor der internationalen Presse. Zweimal sollte er seine Geste auf dem Rasen des Leipziger Stadions erklären. "Wie ich gefeiert habe, hat etwas mit meiner türkischen Identität zu tun", sagte der Profi des saudi-arabischen Clubs Al-Ahli. In Frankreich sind die "Grauen Wölfe" verboten, in Österreich darf der Gruß nicht gezeigt werden.

Er habe Fans im Stadion gesehen, die diese Geste gezeigt hatten, sagte Demiral. Es stecke "keine versteckte Botschaft" dahinter. "Wir sind alle Türken, ich bin sehr stolz darauf, Türke zu sein und das ist der Sinn dieser Geste", sagte er. Es werde hoffentlich noch mehr Gelegenheiten geben, diese Geste zu zeigen.

Via X verbreitete Demiral noch vor der Pressekonferenz ein Foto des Jubels und schrieb dazu: "Glücklich derjenige, der sich als Türke bezeichnet" - ein berühmtes Zitat des Begründers der Republik Türkei, Kemal Atatürk. "Das zeigt, dass er ein politisches Statement setzen will und den Fußball dafür missbraucht", sagte der Autor Burak Yilmaz der "Sportschau" über das Verbreiten des Fotos.

Demiral hat schon mit Militärgruß salutiert

Demiral stand schon einmal im Fokus einer politischen Debatte. Bei einem Spiel in Frankreich 2019 hatten viele türkische Nationalspieler mit dem Militärgruß salutiert, um damit die türkischen Streitkräfte zu unterstützen, die am Militäreinsatz gegen die Kurdenmiliz YPG in Nordsyrien beteiligt sind. Damals gab es einen kurzen Disput zwischen Demiral und Kaan Ayhan. Demiral soll den damaligen Bundesliga-Profi dazu animiert haben, ebenfalls zu salutieren.

Die Türkei spielt am Samstag in Berlin um den Einzug ins Halbfinale der EM gegen die Niederlande.

Ressort: Fußball-EM

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Kommentare

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Klaus Rudolph

6 seit 28. Mai 2024

Die Grauen Wölfe sind größenwahnsinnige türkische Nationalisten UND islamische, antijüdische Fanatiker.
„Schau her, der kleine Finger symbolisiert den Türken, der Zeigefinger den Islam ..." (lt. Verfassungsschutz/Wikipedia)
Warum werden der islamische Hintergrund und der Judenhass im Artikel nicht thematisiert?

Franz Bischoff

2620 seit 25. Jul 2011

Ich meine sowohl unsere Innenministerin als auch die UEFA sind gefordert.
Der Spieler muss von der weiteren Europameisterschaft ausgeschlossen werden.
Und die Innenministerin muss vor dem nächsten Türkeispiel allen Beteiligten klarmachen was passiert, sollte dieser "Wolfsgruß" nochmals gezeigt werden.
Mit allen Beteiligten meine ich,die Spieler, die Teamführung, die türkische Regierung, die Fans.
Sollte diese klare Ansage seitens unserer Regierung nicht kommen, werden die türkischen Fans unsere Städte stürmen und die gute Stimmung bei dieser EM zunichte machen.
Der ganzrechtsaussen Höcke wurde für seine Nazi Sprüche zu einer Geldstrafe verurteilt, zurecht wie ich meine.
Jeder Fussballspieler und Fan muss jetzt wissen, nochmals so einen "Wolfsgruß" und die sofortige Ausweisung aus Deutschland folgt auf dem Fuße
Diese Leute verstehen halt nur Härte, sollte sich so langsam auch bis zur Ampel in Berlin rumgesprochen haben.


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