Tipps für Frostbeulen
Man kann sich mit Training an kühlere Umgebungen gewöhnen
Weniger heizen gilt als Gebot der Stunde. Doch was, wenn man eine fürchterliche Frostbeule ist? Zwar sind einige Faktoren dafür unabänderlich festgelegt - andere aber lassen sich sehr wohl beeinflussen.
Alice Lanzke
Mo, 7. Nov 2022, 11:37 Uhr
Panorama
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Tatsächlich schickt sich unser Kälteempfinden jedes Jahr selbst ins Trainingslager – und zwar durch den Wechsel der Jahreszeiten. "Wenn wir im April 13 oder 14 Grad haben, finden wir das warm und gehen ohne Jacke raus. Sinken im Herbst die Temperaturen auf 13 oder 14 Grad, frieren wir", erklärt Ralf Brandes, Professor für Physiologie an der Goethe-Universität in Frankfurt. Innerhalb relativ kurzer Zeit stelle sich der Körper um.
Diese Anpassungsfähigkeit kann man sich zunutze machen, um sich auch in einer weniger stark beheizten Wohnung wohlzufühlen. Eine längerfristige Erhöhung der Kältetoleranz sei durch regelmäßige und idealerweise tägliche Exposition möglich, sagt Thomas Korff, Professor am Institut für Physiologie und Pathophysiologie der Universität Heidelberg. "Das sehen wir beispielsweise bei Menschen, die im Freien arbeiten. Sie bewegen sich in der Regel mehr, haben deswegen vermutlich auch mehr Muskeln und einen höheren Grundumsatz."
Insgesamt verbessert sich so die Fähigkeit des Körpers, kühle Temperaturen noch als angenehm wahrzunehmen. Vom Anfuttern einer schützenden Speckschicht rät Korff hingegen ab. Klar sei, dass schon kleine Änderungen im Verhalten etwas dafür bewirken können, weniger kälteempfindlich zu sein: "Es kann schon helfen, mit dem Auto nicht ganz zum Büro zu fahren, sondern den letzten Kilometer zu laufen oder gleich das Fahrrad zu nehmen." Wer sich mehr fordern wolle, könne sich schrittweise über längere Zeit an Wechselduschen gewöhnen, sagt der Physiologe.
Doch alle Anpassung hat Grenzen – auch, weil vieles beim Kälteempfinden von nicht veränderbaren Faktoren abhängt. 37 Grad: Das ist grob die Kerntemperatur, die unser Körper um jeden Preis aufrechterhalten will. Rezeptoren auf der Haut messen ständig, ob die Temperatur unserer Umgebung davon abweicht. Ist es kalt, machen wir uns unbewusst kleiner, um unsere Oberfläche zu verringern und so weniger Wärme abzugeben. Bei anhaltender Kälte springt unser vegetatives Nervensystem – genauer: der Sympathikus – an. Er beginnt, die Blutgefäße in der Peripherie zu verengen, also etwa in den Händen oder Füßen. Dabei wird das Blut von außen nach innen geleitet. Fangen wir an zu zittern, ist das ein Versuch des Körpers, Wärme zu produzieren.
Diese Reaktionen auf Kälte sind bei den meisten Menschen gleich – nicht aber der Punkt, an dem sie einsetzen. "Bei der Kälteempfindlichkeit gibt es individuell sehr große Unterschiede", sagt Ralf Brandes von der Goethe-Universität in Frankfurt. Frauen neigen eher zum Frieren. "Männer haben hingegen meist einen höheren Anteil an Muskelmasse, eine dickere Haut und ein besseres Oberflächen-Volumen-Verhältnis", erklärt Thomas Korff von der Universität Heidelberg.
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Ebenso spiele das Alter eine Rolle. "In der Regel können junge Erwachsene am besten mit niedrigen Temperaturen umgehen, da sie einen höheren Grundumsatz haben." Der Grundumsatz beschreibt, wie viel Energie ein Mensch grundsätzlich über den Tag produziert – ein Prozess, der bei älteren Menschen eher vermindert sei, da sie im Durchschnitt weniger Muskelmasse hätten, erklärt der Physiologe. Ein anderer Faktor könnten bestimmte Gene sein.
Bei aller Adaptionsfähigkeit bleibe das Temperaturempfinden somit höchst individuell, sagt Korff – und verweist auf die neue Verordnung zum Energiesparen, in deren Zuge viele Büros nur noch auf 19 Grad geheizt werden dürfen: Pauschale Verordnungen wie diese nähmen keine Rücksicht auf die individuelle Wärme- und Kälteempfindlichkeit, kritisiert Korff. "Aus physiologischer Sicht sind sie daher Unsinn."
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