Live-Konzert in München

Stars singen für Flüchtlingshelfer

München bedankt sich mit einem Live-Konzert auf dem Königsplatz bei ehrenamtlichen Flüchtlingshelfern für ihr Engagement.  

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Dieter Reiter, der Oberbürgermeister v...rganisator, griff selbst zur Gitarre.   | Foto: dpa
Dieter Reiter, der Oberbürgermeister von München und Organisator, griff selbst zur Gitarre. Foto: dpa

MÜNCHEN. Herbert Grönemeyer, Fettes Brot, The Notwist – die Liste der Sänger, die bei dem Open-Air-Konzert für Flüchtlingshelfer am Sonntagabend auf der Bühne standen, kann sich sehen lassen. Organisiert haben die Veranstaltung das Flüchtlingsbündnis Bellevue die Monaco, die Sportfreunde Stiller und Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter. Moderiert wird sie von Joko Winterscheidt.

Das lässt sich der Dieter Reiter nicht nehmen. Mit der Bayern-Rockband Dreiviertelblut steigt der SPD-Mann in Jeans und blauem Anorak auf die Bühne vor mehr als 20 000 Zuschauern auf dem Königsplatz - und spielt Gitarre. "I mog koa Mauer vor der Tür", heißt es im Text. Und: "Mir san ned nur mir." Reiter, der sich seit Wochen so gut wie pausenlos für die am Hauptbahnhof ankommenden Flüchtlinge einsetzt, ruft ihnen im Publikum auf Englisch zu: "Welcome to Munich."

Es ist ein spezielles Open-Air-Konzert, das am Sonntag bis tief in die Nacht hinein auf dem Königsplatz vor den Propyläen in Eiseskälte gegeben wurde. 23 700 kostenlose Tickets wurden verteilt. "Wir. Stimmen für geflüchtete Menschen" lautet das Motto. Ein Abend für Flüchtlinge, ein "Dankeschön für die Flüchtlingshelfer" soll es sein, sagt der Organisator Till Hofmann. Aber was heißt Konzert? Es ist ein Ereignis, bei dem Musik, Politik und das durch die Flüchtlingshilfe neu gebildete Bewusstsein dieser Stadt irgendwie ineinanderfließen.

Die Sportfreunde Stiller als Lokalgröße rocken vor der Menge. Sie sagen: "Kein Zaun auf dieser Welt hält das Leben auf." Gegen später sorgen sie mit ihrem Hit "Applaus, Applaus" für eine euphorisch-selige Stimmung und unzählige in die Höhe gehaltene leuchtende Handys. Da steht Reiter immer noch am Rand der Bühne und klatscht mit. Neben vielen anderen spielen auch der BAP-Kopf Wolfgang Niedecken, die österreichischen Punk-Rocker Wanda und Herbert Grönemeyer als Top-Star des Abends auf.

Grönemeyer hat sich da eindeutig positioniert. Der CSU und Bayerns Ministerpräsidenten Horst Seehofer wirft er wegen deren asylkritischer Haltung "verbale Brandstiftung" vor. Wie so viele andere war er "perplex", sagt er in der Süddeutschen Zeitung, mit welch "wunderbarer Attitüde" die Helfer am Hauptbahnhof die Zehntausenden aus den Zügen strömenden Flüchtlinge empfangen hat. Die Zukunft Deutschlands mit vielen Flüchtlingen sieht er so: "In den nächsten Jahren wird sich vieles verändern. Und dann bewegt man sich. Und das Kennen wir doch, Bewegung tut gut."

Das sechsstündige Konzert ist der vorläufige Höhepunkt des erstaunlichen und rasanten Wandels einer Stadt, ihrer Stimmung und der Art, wie sie mit Herausforderungen umgeht. Er wolle ein "menschliches München" mit einem "freundlichen Gesicht", sagt OB Reiter immer wieder. Wie so häufig macht er selbst mit bei Aktionen, auch bei dieser. 150 000 Euro genehmigte der Stadtrat ganz schnell als Zuschuss, jetzt ist die Landeshauptstadt Mitveranstalter.

Es sind immer wieder dieselben Leute aus der politisch-kulturellen Szene, die solche Dinge anstoßen. Till Hofmann, ein 44 Jahre alter Niederbayer, ist einer von denen, die im Zentrum stehen. "Kleinkunst-König" wird er genannt, er betreibt die bekannte Lach- und Schießgesellschaft, das Lustspielhaus und Kulturkneipen. Erst vor drei Wochen war überhaupt die Idee für das Open-Air geboren worden. Hofmann wiederum ist beim Bündnis Bellevue die Monaco dabei, das gegen die Wohnungsnot und Wahnsinns-Mietpreise protestiert und sich für Flüchtlinge stark macht. Bellevue war auch Organisator der damals deutschlandweit größten Demo gegen Pegida im Dezember 2014 mit mehr als 15 000 Teilnehmern vor der Oper.

Nun also der Königsplatz. Gerade dieser Ort inmitten des einstigen NS-Parteiviertels, auf dem die Nazis Aufmärsche abhielten, bietet jetzt Platz für den Münchner Dank an Flüchtlinge und Helfer. "Freu mich drauf, so werden wir auch mal belohnt", meint etwa Moni Hex auf Facebook. Franzi ist eine Mitarbeiterin der Sportfreunde-Produktionsfirma. Sie kümmert sich um die Organisation. "Es war hart, das zu stemmen", sagt sie. Jetzt, wenn das Konzert läuft, ist sie "einfach sehr glücklich". Da spielt gerade ein Mann auf der Bühne Klavier und singt auf Arabisch. Aeham Ahmad heißt er; der 27-Jährige zog bis vor Kurzem sein Instrument in einem zerbombten Flüchtlingslager bei Damaskus durch die Straßen – und spielte. Ein Mann, der Musik gegen Krieg setzte. Irgendwann ging es nicht mehr, in Deutschland hat er Zuflucht gefunden.
Schlagworte: Till Hofmann, Dieter Reiter, Herbert Grönemeyer

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