Selbstgebaute Rampen im Garten

Wie eine Snowboarderin und ein Ski-Freestyler sich in Bayern selbst halfen, um weiterhin Tricks üben zu können.  

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Ski-Freestyler David Zehentner über den Dächern von Bayrischzell Foto: Peter Kneffel (dpa)
BAYRISCHZELL/MÜNCHEN (dpa). Eigentlich hatten David Zehentner und Silvia Mittermüller im Frühling ganz andere Pläne. Der Ski-Freestyler wollte auf dem Gletscher neue Tricks lernen, die Snowboarderin freute sich auf einen langen Saisonabschluss in den USA. Dann aber kam die Corona-Krise, und die Sportler saßen daheim fest, statt sich an Alpenhängen oder in den Rocky Mountains über Sprünge und Parcours zu stürzen. Nichtstun war aber keine Option – und so bauten sich die beiden Athleten jeweils selbst kleine Rampen in ihre Vorgärten. "Wenn man Action-Sportler ist, dann braucht man so etwas im Leben", erzählt Mittermüller und lacht.

Die 36-Jährige ist einer der erfahrensten Snowboarderinnen und seit fast 20 Jahren im Weltcup unterwegs. Sie wagte sich über gigantische Big-Air-Schanzen und durch komplizierte Slopestyle-Kurse. Jetzt steht sie auf einer 1,80 Meter hohen Konstruktion im Hinterhof ihres Hauses im Münchner Osten und fühlt sich ähnlich wie vor 20-Meter-Sprüngen im Weltcup. Mit einem Augenzwinkern erzählt Mittermüller: "Dieses Gefühl, wenn du oben stehst, das Kribbeln erleben, ausatmen, losstarten: Genau den Moment kriegt man auch auf einem Palettengerüst mit Teppich und einem zwei Meter langen PVC-Rohr vom Baumarkt."

Tatsächlich sind die wenigen Sekunden für sie nicht ungefährlich: Nach einer Operation ragen zwei kleine Nägel aus dem kleinen Finger der rechten Hand – darauf stürzen sollte sie also besser nicht. Mit Verletzungen kennt sich Mittermüller aus, kaum ein Gelenk an ihrem Körper war noch nicht gebrochen oder geprellt. Bei Olympia 2018 in Südkorea verletzte sie sich am Knie und bekam danach vom Verband mitgeteilt, dass sie wegen ihres Alters und der Perspektive künftig nicht mehr unterstützt wird. Daraufhin erlitt sie eine Depression und hatte Suizidpläne, wie sie Anfang dieses Jahres im "Spiegel" verriet. Aber diese Zeiten sind vorbei.

Zusammen mit ihrem Freund, dem Snowboarder Leon Gütl, schraubte Mittermüller die Konstruktion zusammen, die an eine Rail erinnert, also ein Geländer zum Drüberrutschen. "Wir waren schockiert, wie sauschwierig das ist. Es sieht einfacher aus, als es ist", sagt Mittermüller, die bis Anfang Mai eigentlich in Breckenridge in den USA sein wollte, um dort wie jedes Jahr den Snowboard-Frühling zu genießen. Die Sportlerin war seit jeher eher Freigeist als verbissene Wettkampf-Athletin. Corona aber zwang sie zur frühen Heimreise.

Rampe ist gleichzeitig ein Schutz für den Pizzaofen

Ski-Freestyler Zehentner hatte sich den Frühling auf Gletschern in Österreich und der Schweiz ausgemalt. "Gerade in der Zeit im April werden bei uns die meisten Tricks gelernt", erzählt er – auf weichem Schnee tun Stürze weniger weh. Aber daraus wurde nichts.

Also baute der 17-Jährige den Garten des elterlichen Wohnhauses in Bayrischzell um und errichtete ebenfalls eine fast 20 Meter lange Anlage samt Rohr, auf dem er mit seinen Ski entlang rutscht. Das sieht nach Spaß aus, hat aber auch einen Trainingseffekt, wie er betont. "Wenn man normalerweise im Herbst in die Skischuhe steigt, ist es zunächst immer etwas komisch. So aber bin ich das ganze Jahr die Schuhe gewohnt." Außerdem lassen sich im Garten Rail-Tricks festigen, wenn man sie einfach permanent wiederholt. Erst wird der Startteppich mit dem Gartenschlauch gewässert, dann kann es losgehen.

Der Teenager will in der nächsten Saison in den Weltcups weiter nach vorn fahren, um langsam in Olympia-Form für 2022 zu kommen. "Wir haben noch viel aufzuholen bis zur Weltspitze", räumt er ein. Die Rail-Konstruktion im Garten war ohnehin für den Sommer geplant; nun wurde der Bau der Rampe – die darüber hinaus auch noch ein Wetterschutz für einen heimischen Pizzaofen ist – einfach vorgezogen.

Nach Videos auf Instagram habe er Nachrichten von Kumpels bekommen, die die Do-it-yourself-Konstruktion auch ausprobieren wollen. Wenn die Corona-Bestimmungen das zulassen, "dann gerne", sagt Zehentner.
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