Sechs-Augen-Gespräche sollen Ampel retten
Mit seinem Wirtschaftspapier hat der FDP-Chef den Streit in der Koalition neu entfacht. Der Kanzler sucht nun Klarheit.
Felix Huesmann
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Bei SPD-Chefin Saskia Esken klingt das am Samstag anders. "Niemand will im Augenblick eine Prognose wagen, wann genau die nächste Bundestagswahl stattfindet. In der Koalition, das ist nicht von der Hand zu weisen, brennt gerade die Hütte", sagt sie bei einer Parteiveranstaltung in Hamburg. Esken macht keinen Hehl daraus, was sie von den Forderungen des FDP-Chefs und Finanzministers Christian Lindner hält: "Durch die Bank sind diese Punkte, die er dort aufgezählt hat, in der Koalition nicht zu verwirklichen."
Ihr Co-Parteivorsitzender Lars Klingbeil zeigte sich derweil in einem Interview genervt von Spekulationen über die Zukunft der Koalition. Im politischen Berlin werde viel spekuliert, wie es weitergeht, sagte er: "Aber genau das ist es, was die Menschen in diesem Land nervt. Mich übrigens auch." Die Menschen wollten keine Regierung, die sich jeden Tag um sich selbst drehe.
Der Kandidat für den Grünen-Parteivorsitz, Felix Banszak, verglich die Situation der Koalition im ZDF mit einer Ehekrise: "Die Liebe kommt nicht wieder, aber man hat noch Verantwortung für die Kinder. Und ich finde, dieser Verantwortung sollte man erst mal gerecht werden."
Anlass für die jüngste Eskalation im Ampelstreit ist ein von Christian Lindner verfasstes, 18-seitiges Papier mit wirtschaftspolitischen Forderungen, das am Freitag bekannt geworden war. Darin fordert der FDP-Vorsitzende eine "Wirtschaftswende" und eine teilweise "grundlegende Revision politischer Leitentscheidungen". Das Papier sei zunächst nur für eine Beratung im engsten Kreis der Bundesregierung bestimmt gewesen und durch eine "Indiskretion" öffentlich geworden, schrieb Lindner in einer E-Mail an Parteifreunde. Aus Koalitionskreisen wird dem Finanzminister jedoch schon seit längerem vorgeworfen, er lege es darauf an, Olaf Scholz dazu zu drängen, ihn zu entlassen. So könnte die FDP die Schuld für ein in Teilen der Partei offen befürwortetes Platzen der Koalition anschließend von sich weisen.
Über Lindners Papier und über die Frage, welche Perspektive die Koalition noch hat, werden die Ampelspitzen in den nächsten Tagen viel zu reden haben. Am Mittwoch soll nicht nur das Bundeskabinett, sondern abends auch der Koalitionsausschuss tagen. Wie der Spiegel berichtet, will der Kanzler Christian Lindner und Robert Habeck davor noch zwei bis drei Mal zu Sechs-Augen-Gesprächen treffen. Scholz’ Ziel sei es, vor dem Treffen am Mittwochabend Klarheit zu schaffen, dass die Koalition zusammenbleibt.
Die Unionsparteien CDU und CSU befeuern den Streit unterdessen genüsslich von der Seitenlinie. CDU-Chef Merz lobte Lindner in seinem E-Mail-Newsletter: Das Papier des FDP-Chefs enthalte Vorschläge, die teilweise wörtlich aus Anträgen der Unionsfraktion im Deutschen Bundestag übernommen worden seien. "Über Einzelheiten mag man diskutieren, aber die Vorschläge gehen in die richtige Richtung", schrieb Merz. CSU-Chef Markus Söder forderte vorgezogene Neuwahlen. "Es ist vorbei: Das Totenglöckchen der Ampel läutet. Eine Regierung, die gegeneinander Papiere verschickt, ist handlungsunfähig und eine Blamage für unser Land." Es sei Zeit, das "unwürdige Schauspiel zu beenden".
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