"Schildkröten retten ist harte Arbeit"
ZISCHUP-INTERVIEW mit Sarah Haller, die nach ihrem Abitur nach Zypern reiste, um Tieren zu helfen.
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Nach dem Abitur machen viele Schüler erst einmal eine Pause, reisen um die Welt oder engagieren sich sozial. Die 19-jährige Sarah Haller hat mehrere Wochen auf Zypern für die Organisation Spot (Society for protection of turtles) gearbeitet. Ihr Bruder Nathan Haller, Schüler der Klasse 9a des Freiburger Berthold-Gymnasiums, wollte von ihr mehr über ihre ehrenamtliche Tätigkeit erfahren.
Sarah: Eine Freundin von mir hatte einen Artikel in der Wochenzeitung "Die Zeit" gelesen und mich gefragt, ob ich Lust habe, das mit ihr zu machen.
Zischup: Wie sieht ein gewöhnlicher Tagesablauf bei Spot aus?
Sarah: Es gibt bei Spot zwei Schichten pro Tag: die Tagesschicht und die Nachtschicht. Die Tagesschicht beginnt morgens um sechs. Es wird um 5.30 Uhr aufgestanden, so dass man pünktlich um sechs am Strand ist. Dann werden die Strände abgelaufen und die Schildkrötennester kontrolliert. Wenn man im Sand Spuren sieht und erkennt, dass im Nest Schildkröten geschlüpft sind, entfernt man die Käfige, die die Nester zum Schutz abdecken. Dann gräbt man das Nest aus. Der Nestinhalt wird auf bakterielle Infektionen und Nesträuber wie Hunde, Füchse und Krabben untersucht. Die Schildkrötenbabys werden gezählt und die lebendigen mit in die Station genommen.
Zischup: Und was macht dann die Nachtschicht?
Sarah: Bei der Nachtschicht werden die Strände von kleinen Gruppen von Freiwilligen alle zehn Minuten abgelaufen. Der Sinn dahinter ist, die Schildkröten, die an den Strand kommen, so schnell wie möglich zu finden. Wenn eine Schildkröte dann an den Strand kommt, um ein Nest zu legen, folgen wir ihr, bis sie den perfekten Platz für ihr Nest gefunden hat.
Auf Zypern gibt es zwei verschiedene Schildkrötenarten: die Grüne Meeresschildkröte
und die Loggerhead
-Schildkröte. Bei den Loggerheads geht das recht
schnell. Die brauchen meistens nur eine Stunde, um ihre Eier zu legen und auch nicht so viele Anläufe. Die grüne Meeresschildkröte allerdings kann schon mal bis zu sechs Stunden und bis zu zehn Anläufen brauchen, bis sie ihre Eier legt. Wenn die Schildkröten dann so weit sind, gehen sie in eine Art Trance. Diese Trance nutzen wir dann, um die Schildkröte zu vermessen und um zu schauen, ob es eine Schildkröte ist, die schon in der Datenbank vorhanden ist oder nicht. Wenn sie das nicht ist, verpassen wir ihr einen kleinen Mikrochip. So einen, den auch Katzen und Hunde beim Tierarzt bekommen. Der hilft uns dabei, mehr über die Schildkröten zu erfahren. Wenn die Schildkröte dann fertig ist, lassen wir sie alleine zurück zum Meer finden. Währenddessen decken wir das Nest mit einem Käfig ab, um die Babys vor Tieren und anderen Umwelteinflüssen zu schützen. Den markieren wir mit einem Stock, damit das Tagesteam das Nest leichter findet.
Zischup: Wie lange brauchen die Eier, bis die Jungen schlüpfen?
Sarah: Das ist unterschiedlich. Die Grüne Meeresschildkröte braucht etwa 55 Tage, um zu schlüpfen, die Loggerhead nur etwa 45 Tage. Alle Nester, die älter als 65 Tage sind, werden von uns ausgegraben. Hier ist die Wahrscheinlichkeit sehr gering, dass noch Babys schlüpfen.
Zischup Wie tief sind die Nester in den Sand eingegraben und wie hoch sind die Überlebenschancen der kleinen Schildkröten?
Sarah: Die Tiefe der Nester hängt immer von der Schildkrötenart ab. Die Grüne Meeresschildkröte vergräbt ihre Nester auf bis zu einem Meter Tiefe. Da gräbt man dann schon eine ganze Weile, bis man zu dem Nest vordringen kann. Die Loggerhead Schildkröte ist da fauler. Ihre Nester findet man auf rund 30 Zentimeter Tiefe. Die Überlebenschancen der kleinen Schildkröten liegen bei etwa einer von 1000 in der freien Natur. Durch unsere Arbeit erhöht sich die Zahl auf eine von 900.
Zischup: Was passiert danach mit den kleinen Schildkröten?
Sarah: Die Babys werden mit in die Station genommen. Dort werden sie gezählt und man entnimmt DNA-Proben, die für Forschungszwecke nach Exeter an die Uni geschickt werden. Abends werden die Schildkröten dann meistens von Touristen am Strand freigelassen. Die Touristen dabei mitmachen zu lassen, ist übrigens sehr wichtig. So können wir ihnen etwas über die Schildkröten beibringen und sie über Probleme und Gefahren für die Tiere informieren. Dazu zählt auch das Verhalten am Strand. Schildkröteneier zu stehlen, steht unter Strafe. Außerdem ist unsere Organisation auf Spenden aus der Öffentlichkeit angewiesen.
Zischup: Weshalb lasst ihr die Schildkröten erst abends frei?
Sarah: Weil sie sehr lichtempfindlich sind. Wir als Freiwillige tragen dabei Stirnlampen mit rotem Licht. Das können die Schildkröten nicht sehen. Nachdem die Babys freigelassen werden, folgen sie der Lichtreflexion des Mondes auf dem Meer. Deshalb ist es auch wichtig, dass dann Restaurants und Hotels am Strand abends ihre Lichter entweder ganz ausschalten oder von Weiß- auf Rotlicht wechseln.
Zischup: Umweltverschmutzung ist ja ein großes Thema. Habt ihr das auch gemerkt?
Sarah: Ja, die Umweltverschmutzung ist auch auf Zypern ein sehr großes Problem. Das ganze Plastik, das wir in unserem Alltag verwenden und das dann im Meer landet, wird auch an den Stränden von Zypern angeschwemmt. Dieses Plastik ist nicht nur ein Problem für die großen Schildkröten, sondern auch für die kleinen. Nachdem sie geschlüpft sind, ist es oftmals so, dass sie im Müll am Strand stecken bleiben, nicht rechtzeitig ins Meer kommen und dann am Strand sterben. Die erwachsenen Tiere schlucken das Plastik im Meer und vergiften sich daran. Schildkröten haben kleine Zacken in der Speiseröhre, die ihnen nicht erlauben, ihren Mageninhalt wieder hochzuwürgen. So bleibt das Plastik dann sehr lange in ihrem Organismus.
Zischup: Würdest Du die Arbeit auf Zypern weiterempfehlen?
Sarah: Ja, ich kann nur jedem empfehlen, für eine Zeit nach Zypern zu gehen und bei diesem Projekt zu helfen. Schildkröten zu retten ist harte Arbeit, aber sie lohnt sich definitiv und es gibt nie genug freiwillige Helfer.
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