Gefährlicher Trendsport

Rooftopper riskieren ihr Leben für ein Selfie

Sie klettern auf Hochhäuser, um von dort ein spektakuläres Foto von sich zu machen / Für einige endet der Trend tödlich.  

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Eines der Bilder vom New Yorker Times Square,  das Edward veröffentlich hat.   | Foto: Wanted Visual(dpa)
Eines der Bilder vom New Yorker Times Square, das Edward veröffentlich hat. Foto: Wanted Visual(dpa)

NEW YORK (dpa). Sie riskieren ihr Leben für den Adrenalinkick und spektakuläre Bilder: Rooftopper besteigen Hochhäuser, oft illegal, aber immer bewaffnet mit einer Kamera. Auf Youtube und Instagram gelten manche von ihnen als echtes Stars.

Seine Beine baumeln in schwindelerregender Höhe über der Dachkante. Unter ihm erstrecken sich die Lichter des Times Square in New York. Edward, alias Wanted Visual, ist ein Rooftopper: Das sind Menschen, die illegal ohne Sicherung auf Hochhäuser klettern und Fotos und Videos davon im Internet verbreiten.

Ein gefährlicher Trend, der für einige bereits tödlich endete. Er zieht sich von New York über Hongkong, Toronto und London bis nach Moskau. Der Adrenalinkick und die Liebe für Fotografie sind für die meisten Rooftopper die Hauptgründe, ihr Leben zu riskieren. "Es ist gefährlich und absolut illegal", sagt Edward R. Wie die meisten Rooftopper arbeitet Edward unter Pseudonym, da das Hobby illegal ist. "Man kann von der Polizei erwischt werden. Man kann sich ernsthaft verletzen oder sogar sterben, wenn man nicht weiß, was man tut, oder man nicht vorsichtig genug ist."

Vor allem die Internet-Plattformen Instagram und YouTube haben den Trend in den letzten Jahren angekurbelt. Die bekanntesten Rooftopper haben Zehntausende Follower auf Instagram. Sie reisen um die Welt, immer auf der Suche nach neuen Hochhäusern, Herausforderungen und Nervenkitzeln. Viele Rooftopper sehen sich sowohl als Fotografen als auch Extremsportler. "Nicht jeder kann es machen", sagt Edward. "Viele haben Angst vor Höhen, andere sind nicht fit genug, um zu klettern und Dutzende Stockwerke zu erklimmen, andere hätten zu viel Angst, erwischt zu werden."

Auch James McNally alias jamakiss findet immer neue Wege, um sich Zugang zu New York Citys Wolkenkratzern zu beschaffen. In Midtown zieht er sich wie ein Banker an, manchmal setzt er sich einen Bauarbeiterhelm auf, um sich als Arbeiter unter die Menge zu mischen. "Ich will immer Dinge ausprobieren, vor denen ich Angst oder Respekt habe", sagt er. New York mit seinen vielen Hochhäusern und der vielfältigen Architektur sei für den 34-Jährigen der perfekte Ort für seinen "Sport". McNally schätzt, dass er schon auf 80 Gebäuden in der Stadt war.

Da Rooftopper meist in der Nacht auf Hochhäuser gehen, laufen sie oft 70 Stockwerke zu Fuß und müssen an Wachpersonal und Kameras in Fahrstühlen unbemerkt vorbei. Bei einer Reise nach Hongkong wurde McNally verhaftet, als er auf einen Wolkenkratzer kletterte. Er musste vier Tage im Gefängnis verbringen. Nicht, dass ihn das abgeschreckt hätte: "Sobald ich (...)wieder nach Hongkong einreisen darf, will ich noch mehr Hochhäuser dort erklimmen."

Doch es gibt auch kritische Stimmen. Neil Ta, ein Fotograf in Toronto, war selbst jahrelang Rooftopper, gehört mittlerweile aber zu den größten Kritikern. "Gefahr verkauft sich", sagt er und nennt den Trend eine "Sucht nach mehr Aufmerksamkeit". Ta kritisiert: "Füße über dem Abgrund baumeln zu lassen und ,Ich bin in Gefahr’-Fotos sind nur ein purer Schrei nach Aufmerksamkeit."

Die Fotos seien sehr oberflächlich und hätten keine Substanz, sagt Ta. Durch den Konkurrenzkampf in der Fotografie ginge es für die meisten Rooftopper nur noch darum, wer das schwindelerregendste Foto produziert. Dabei bleibe die Kunst der Fotografie auf der Strecke.

Der lebensgefährliche und illegale Trend hat manchmal einen hohen Preis: Ein 20-jähriger Rooftopper fiel am Silvesterabend von einem 52-stöckigen Hotel in New York in den Tod. Er war mit einem Freund auf das Dach geklettert, um nachts Panorama-Aufnahmen der Stadt zu machen.

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