Nord- und Ostsee

Reste von Plastikmüll auch in Speisefischen

Nord- und Ostseefische fressen im Wasser treibende Müllreste zufällig mit / Experten sehen keine Gefahr für Verbraucher.  

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13 bis 30 Prozent der untersuchten Makrelen haben Mikroplastikteile verschluckt.  | Foto: Colourbox
13 bis 30 Prozent der untersuchten Makrelen haben Mikroplastikteile verschluckt. Foto: Colourbox

BREMEN. In den Mägen von Speisefischen aus Nord- und Ostsee finden sich immer öfter Reste von Plastikmüll. Das zeigt eine Studie des Bremerhavener Alfred-Wegener-Instituts (Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung AWI). Für den Verbraucher ist das zunächst keine Gefahr – doch genaue wissenschaftliche Untersuchungen hierzu stehen noch aus.

Das AWI veröffentlichte am Montag eine Zusammenfassung der Studie. Demnach hatten die Wissenschaftler Magen und Darm von 290 Makrelen, Flundern, Heringen, Dorschen (Kabeljauen) und Klieschen aus Nord- und Ostsee untersucht. Die Ergebnisse schwankten laut AWI je nach Fischart und Meeresregion. Zum Beispiel hätten 13 bis 30 Prozent der untersuchten Makrelen Mikroplastikteile verschluckt – deutlich häufiger als Arten wie Flunder und Kliesche, die in der Nähe des Meeresbodens leben. Beim Hering komme es auf die Jahreszeit an.

Die Folgen für Fischkonsumenten schätzt Studienleiter Gunnar Gerdts auf Nachfrage der Badischen Zeitung gering ein. "Sofern sie den Darm nicht mitessen, hat es sehr wahrscheinlich keinerlei Auswirkungen." Allerdings sei nicht auszuschließen, dass extrem kleine Partikel durch die Darmwand ins Muskelfleisch gelangen könnten. Darüber gebe es aber noch keine Studien. Selbst wenn kleinste Teilchen in den menschlichen Körper geraten sollten, hänge eine mögliche Gefahr von den verzehrten Mengen ab.

Biologie Gerdts geht davon aus, dass einige Fischarten die im Wasser treibenden Müllreste zufällig mitfressen. Die Makrelen dagegen hätten Plastikfasern vermutlich "für Beute gehalten". Denn die Fasern sammelten sich oft an der Wasseroberfläche und ähnelten dann frisch geschlüpften Seenadeln. "Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass Fischarten, die an der Wasseroberfläche oder in den oberen Schichten nach Fressbarem suchen, eher Gefahr laufen, Plastik zu verschlucken, als andere", so Gerdts.

Als Mikroplastik gelten Teilchen, die kleiner als fünf Millimeter sind. Sie entstehen dadurch, dass Kunststoffmüll ins Meer gelangt und dort unter dem Einfluss von Sonnenlicht, Wind und Wellen in immer kleinere Fragmente zerfällt. Aber auch größerer Abfall wird manchmal verschluckt. Bei einem der untersuchten Kabeljaue fanden die AWI-Forscher ein etwa 50 Zentimeter langes Gummiband im Magen. "Das Tier hatte es nicht wieder ausspucken können, war körperlich schon gezeichnet und wäre vermutlich auf lange Sicht verhungert", sagt Gerdts. Dass auch Mikroplastikpartikel im Fischmagen so schwere Folgen haben könnten, dafür fanden die Wissenschaftler zumindest in ihrer Studie keine Hinweise.

Bei einer weiteren Untersuchung entdeckte ein AWI-Team, dass auch Pflanzenfresser wie die Gemeine Strandschnecke Mikroplastikpartikel aufnehmen, indem sie belastete Großalgen fressen. Bei Laborversuchen mit Nordseealgen und Strandschnecken zeigte sich laut Studienleiter Lars Gutow: "Je höher die Mikroplastik-Konzentration im Wasser ausfiel, desto mehr Partikel setzten sich auf der Algenoberfläche fest. Gleichzeitig konnten wir nachweisen, dass die Schnecken diese Plastikfragmente ganz unbeeindruckt mitfressen." Allerdings werde das Material fast vollständig wieder ausgeschieden. "Die Schnecken besitzen in ihrem Magen eine komplexe Sortiereinheit. Diese sortiert mit Hilfe zahlloser Wimpernhärchen Partikel ab einer bestimmten Größe wieder aus."

Die untersuchte Strandschnecke zählt zu einer Reihe von "Schlüsselorganismen", anhand derer die AWI-Biologen das Gefährdungspotenzial von Mikroplastik erforschen. Langfristig möchten sie eine genaue Risikoabschätzung darüber abgeben, mit welcher Wahrscheinlichkeit bestimmte Tiergruppen Mikroplastikteile aufnehmen. "Im Falle der Pflanzenfresser wissen wir jetzt, dass sie dies mit einer höheren Wahrscheinlichkeit machen, als bisher angenommen wurde", sagt Gutow. "Allerdings ist bisher sowohl für Fische als auch für die Strandschnecke völlig unbekannt, ob und wie es sich auf die Gesundheit der Tiere auswirkt, wenn sie über einen langen Zeitraum Mikroplastikpartikel aufnehmen."

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