Raus aus der Spezialistenecke
"Neues Zeug": Zwei Freiburger Musikstudenten schreiben zeitgenössische Musik für den Instrumentalunterricht.
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Dazu gibt es Hintergrundinformationen, Hörbeispiele und Videos – alles grafisch ansprechend aufbereitet. Mit ein paar Mausklicks kann man sich über methodische Überlegungen informieren, die relativ kurzen Kompositionen ausdrucken oder den Beteiligten eine E-Mail schicken. Auch das Feedback von Musikschullehrern ist eingefangen. "Man kann mit den Schülern mehr auf Augenhöhe arbeiten, weil für einen selbst das Stück ja auch neu ist", sagt Geigenlehrerin Felicitas Rüdiger. Für Trompetenlehrer Frieder Reich bietet Ruslan Khazipovs "Unproportionaler Marsch" vieles, was seinen Schülern gut tut. "Gerade Posaunenchorbläser, die meistens in der Gruppe spielen, können mit diesem Stück an ihrer solistischen Gestaltung und an komplexen Rhythmen arbeiten", sagt Reich.
"Neues Zeug" ist ein ungewöhnlicher Name für ein ungewöhnliches Projekt. Die Umgangssprachlichkeit haben Konstantin Dupelius und Clemens K. Thomas bewusst gewählt. Die beiden Freiburger Musikstudenten möchten Neue Musik aus der Spezialistenecke holen und in den ganz normalen Instrumentalunterricht integrieren. Dupelius, 25-jähriger Musikpädagogikstudent an der Freiburger Musikhochschule, hat zwar schon György Kurtágs Kinderstücke "Játékok" im Unterricht behandelt, aber sonst fehle es an Literatur. Clemens K. Thomas (23), Kompositionsstudent bei Cornelius Schwehr, kennt die andere Seite. Kompositionen für Kinder und Jugendliche? Damit hatten sich er und seine Kollegen noch nicht beschäftigt. Vor einem Jahr haben sich die beiden Freunde erstmals über die Problematik unterhalten. Und beschlossen, daran etwas zu ändern. Insgesamt elf Komponistinnen und Komponisten wurden beauftragt, für das vom Netzwerk Neue Musik Baden-Württemberg finanzierte Projekt Stücke zu schreiben. Wichtig für die beiden Ideengeber war, dass Komponisten und Pädagogen möglichst eng zusammenarbeiten. Deshalb wurden Paare gebildet, damit die musikalischen Vorstellungen des einen mit der Unterrichtspraxis des anderen in Zusammenhang gebracht werden konnten.
Clemens K. Thomas selbst schrieb einen "Skizzenblock" für Klavier solo, in dem neben kurzen Kompositionen auch Texte und Zeichnungen aufgeführt sind. Die Kompositionen haben keine Taktstriche. Überhaupt ist den Kindern in der Interpretation mehr Freiraum gegeben, als sie es gewohnt sind. "Ich möchte die Kinder mit dieser Freiheit konfrontieren und ihre gestalterische Fantasie anregen." Der Komponist ging mit in den Klavierunterricht seines Kollegen Dupelius. "Die Kinder waren grundsätzlich sehr aufgeschlossen und fanden es spannend, ein Stück zum ersten Mal zu spielen. Es waren eher manche Eltern, die mit der Musik wenig anfangen konnten", erzählt Thomas. Und was zeichnet eine gute neue Komposition aus? "Wichtig ist, dass sie intellektuell keine zu großen Ansprüche stellt und der Notentext nicht mit Spielanweisungen überfrachtet ist. Die ungewohnte Klanglichkeit ist an sich schon eine große Herausforderung für die Schüler", sagt Dupelius.
Am Sonntag werden im Freiburger Pianohaus Lepthien die Kompositionen in einer sogenannten Reading-Session vorgestellt. Neben einer Werkstattführung werden auch Improvisationsworkshops abgehalten, zu denen man sein Instrument mitbringen kann. Angesprochen werden vor allem Musiklehrer, aber auch Schüler, Eltern und Studenten. Die Freiburger Musikhochschule unterstützt "Neues Zeug" mit Cornelius Schwehr vom Institut für Neue Musik und Musikpädagogikprofessor Andreas Doerne. Für Clemens K. Thomas ist das Projekt auch ein wichtiger Fingerzeig für die Neue- Musik-Szene insgesamt. "Wir dürfen Uraufführungen nicht nur bei Festivals stattfinden lassen, sondern müssen Mauern einreißen und Zeitgenössisches auch in den Unterricht bringen."
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