Demonstrationen
Proteste im Iran weiten sich auf das ganze Land aus
Die Proteste im Iran dauern an und weiten sich aus, es gibt mehrere Tote. Längst geht es den Demonstrantinnen und Demonstranten nicht mehr nur um den gewaltsamen Tod einer jungen Frau.
Michael Wrase, dpa & afp
Do, 22. Sep 2022, 7:56 Uhr
Ausland
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Auslöser der Demonstrationen ist der Tod der 22-jährigen Mahsa Amini. Sie war vor gut einer Woche von der Sittenpolizei wegen ihres angeblich "unislamischen Outfits" festgenommen worden. Was genau mit Amini nach ihrer Festnahme geschah, ist unklar, jedenfalls fiel sie ins Koma und starb am Freitag in einem Krankenhaus. Kritiker werfen der Moralpolizei vor, Gewalt angewendet zu haben. Die Polizei weist die Vorwürfe zurück.
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In zahlreichen Städten strömten die Menschen auf die Straßen. Neben regierungskritischen Slogans wurde immer öfter gerufen: "Wir kämpfen, wir sterben, wir werden uns den Iran zurückholen." Sogar in der erzkonservativen Stadt und dem schiitischen Zentrum Ghom demonstrierten junge Menschen gegen die islamischen Kleidungsvorschriften.
Auch auf der Urlaubsinsel Kisch im Persischen Golf, die als besonders ruhig gilt, wurden Proteste gemeldet. Videos in den sozialen Medien, deren Echtheit nicht verifiziert werden konnten, zeigten, wie Demonstranten Sicherheitskräfte verprügelten oder wie Frauen ihre Kopftücher in Brand steckten. Der Gouverneur der iranischen Provinz Kurdistan hatte am Dienstag drei tote Demonstranten gemeldet. Auch in Kermanschah im Zentraliran seien zwei Menschen unter "verdächtigen" Umständen gestorben. In beiden Fällen wiesen die Behörden ein Einwirken durch Sicherheitskräfte zurück.
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Das Internet im Iran ist seither massiv eingeschränkt. Mobile Netzwerke seien "weitgehend abgeschaltet", berichtete die Organisation Netblocks am Mittwoch. Bei den strengsten Beschränkungen seit den Protesten im November 2019 wurde auch Instagram als eines der letzten freien sozialen Netzwerke gesperrt. Experten befürchten, dass Polizei und Sicherheitskräfte nun die Demonstrationen niederschlagen könnten.
Unterdessen häuften sich Stimmen, die eine Lockerung der strengen Kleidungsvorschriften und damit einen Kurswechsel der Regierung fordern. "Ein Gesetz, das die Mehrheit der Gesellschaft nicht befolgt, muss revidiert werden", sagte etwa der ehemalige Bürgermeister der Hauptstadt Teheran, Gholam Hussein Karbastschi. Auch der frühere Präsident Mohammed Chatami hatte Kritik geäußert. Sogar der Enkel des Revolutionsgründers Ajatollah Ruhollah Chomeini äußerte Kritik und forderte eine gründliche Untersuchung.
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Die strengen Kleidungsvorschriften gehören laut Experten aus Teheran zu den ideologischen Prinzipien der islamischen Republik. Unterstützer des Systems fürchten einen Dominoeffekt, sollte der Staat den Frauen bei der Wahl der Kleidung große Zugeständnisse machen.
Insbesondere in den Metropolen sehen viele Frauen die Regeln inzwischen eher locker und tragen beispielsweise ihr Kopftuch (Hidschab) nur auf dem Hinterkopf – zum Ärger erzkonservativer Politiker.
Religiöse Hardliner im Parlament versuchen seit Monaten, die islamischen Gesetze strenger anwenden zu lassen. Anfang September erhielten sie dazu eine neue Methode: Mit dem Einsatz von biometrischer Gesichtserkennung in öffentlichen Verkehrsmitteln und Plätzen können sie in Zukunft Frauen identifizieren, die gegen ein neues Gesetz zum korrekten Tragen des Kopftuchs verstoßen. Man habe bereits damit begonnen, in Metrozügen und öffentlichen Plätzen modernste Überwachungskameras zu installieren, hatte der Generalsekretär der iranischen Zentrale für die Förderung der Tugend und der Verhinderung des Lasters", Mohammed Saleh Haschemi Golpayegani, im Teheraner Fernsehen verkündet.
Als Grund nannte der oberste Moralapostel der Islamischen Republik die landesweiten Proteste am nationalen "Tag des Hidschab und der Keuschheit" am 12. Juli dieses Jahres. Bereits im Sommer waren Tausende von Frauen mit unbedecktem Kopf auf die Straßen gegangen sowie in Busse und Metrozüge eingestiegen, um ihren Unmut gegen die wachsenden Repressionen zum Ausdruck zu bringen. Sie machten Selfies mit ihrer vollen Haartracht, die sie von entsprechenden Kommentaren begleitet in den sozialen Medien veröffentlichten. Die Aktion war nicht die erste ihrer Art: "Dank verschiedener Kampagnen gehört das Bild einer Frau ohne Kopftuch inzwischen zum Alltag in den Großstädten", betonte kürzlich die Teheraner Frauenaktivistin Moloud Hadschisadeh.
US-Präsident Biden sagte in einer Rede bei der UN-Generaldebatte in New York, die USA stünden an der Seite der "tapferen Bürger und tapferen Frauen des Iran, die in diesem Moment für die Sicherung ihrer Grundrechte demonstrieren".
Kurz zuvor hatte sich der iranische Staatschef Ebrahim Raisi auf demselben Podium im Saal der UN-Vollversammlung gegen die westliche Kritik an der Lage der Frauenrechte in seinem Land gewehrt. Es werde mit "zweierlei Maß" gemessen, beklagte er und verwies etwa auf den Tod indigener Frauen in Kanada und das Vorgehen Israels in den Palästinensergebieten.
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