Account/Login

PRO & CONTRA: Sind Geldgeschenke wirklich geil?

Wir benötigen Ihre Zustimmung um BotTalk anzuzeigen

Unter Umständen sammelt BotTalk personenbezogene Daten für eigene Zwecke und verarbeitet diese in einem Land mit nach EU-Standards nicht ausreichenden Datenschutzniveau.

Durch Klick auf "Akzeptieren" geben Sie Ihre Einwilligung für die Datenübermittlung, die Sie jederzeit über Cookie-Einstellungen widerrufen können.

Akzeptieren
Mehr Informationen
Pro: Auch wer Geld schenkt, schenkt von Herzen - schließlich kann sich der Beschenkte damit genau das kaufen, was er sich am sehnlichsten wünscht

Contra: Weihnachten ist Kult, Geschenkeauspacken ist eine emotionale Achterbahnfahrt - wer schenkt mir was? Egal. Bloß kein Geld!

Alle Jahre wieder liegen sie unter dem Christbaum: die gefüllten Kuverts. Manche ein wenig schäbig, andere goldglänzend, manche noch mit einer Alibi-Weihnachtskarte versehen, andere nicht. Ist im Endeffekt auch egal, was zählt, ist der Inhalt: Geld. Schöne, pastellfarbene Euro-Scheine.

Moralisch verwerfliche Notfallgeschenke, die von vorweihnachtlicher Ideenlosigkeit künden? Von wegen! Es gibt nichts Besseres, als Geld geschenkt zu bekommen. Wann bekommt man sonst schon mal die Gelegenheit, seinen Bedarf an sonst unerschwinglichen Konsumgütern zu sättigen, wenn unterm Jahr Ebbe auf dem Konto herrscht?

Anstatt sich beim Auspacken der Geschenke darüber zu wundern, wie schlecht einen selbst die engsten Verwandten kennen, kann man nach den Festtagen gemütlich durch die Konsumtempel flanieren, und sich das kaufen, was man ohnehin nie geschenkt bekäme: die neueste Spielekonsolen, eine gute CD - was die Verwandten alleine nicht hinbekämen, schafft ihre zusammengenommene Taschengeldergänzung im Handstreich. Und wenn es nicht für hochfliegende Pläne reicht: man kann ja sparen und sich einfach bis nächste Weihnachten in Geduld üben.

Klar, könnte man sich seine Geschenke auch vorher wünschen - aber wie der klassikbegeisterten Oma klarmachen, dass Andre Rieu nicht ganz so cool ist wie Robbie Williams? Oder dem technikfeindlichen Familienoberhaupt, dass es eben eine ganz bestimmte Grafikkarte sein muss, damit der PC wieder in der ersten Elektronik-Liga mitspielen kann? Da ist es doch wesentlich besser, wenn rechtzeitig mal in einem Nebensatz erwähnt wird, dass man "auf gar keinen Fall" beleidigt sei, wenn es "nur Geld" zum Fest gibt. Wer Geld verschenkt, der schenkt von Herzen: der Beschenkte kann sich das kaufen, was er sich am sehnlichsten wünscht. Klar, der alljährliche Hindernislauf durch die vorweihnachtlich-überfüllte Innenstadt fällt dann weg. Aber Geld kostet das Geschenk so oder so - und was zählt, ist ja bekanntlich ohnehin der gute Wille.

Christoph Sprich

Jeder kann jederzeit Geld brauchen, keine Frage. Aber an Weihnachten als Geschenk? Ein liebevoll verpackter 50-Euro-Schein unterm Christbaum? Unmöglich. Denn Weihnachten, das ist nicht einfach nur Schenken. Weihnachten ist Kult, ist Ritual, ist Gefühl; vor allem aber die langersehnte Auflösung einer 24-tägigen Spannungsphase. Wer schenkt mir was? Was hat sich meine kreative Tante dieses Jahr für mich ausgedacht? Welche Farben haben Omas selbst gestrickte Strümpfe? Und wie finden die anderen die Geschenke, die ich für sie auf zermürbenden Shoppingtouren ausgesucht habe?

Heiligabend ist Herzklopfen pur. Der Moment, in dem die flatternden Hände das Papier von den Paketen reißen, ist jedes Jahr aufs Neue eine wunderbare Belastungsprobe zwischenmenschlicher Beziehungen. Wer hat an wen gedacht, mit welchen Einfällen? Enttäuschungen und Freude, Überraschungen und Liebesbeweise: Geschenkeauspacken ist emotionales Achterbahnfahren zu Kerzenduft.

Trotz dieser Spannungskonstante ist Heiligabend immer wieder neu: Mit fünf Jahren die unbändige Freude, dass der Weihnachtsmann den Wunschzettel entdeckt hat. Mit zehn Jahren der Stolz, entlarvt zu haben, dass nicht der Weihnachtsmann, sondern die Eltern die Geschenke bringen. Mit 15 Jahren die Erkenntnis, dass es furchtbar peinlich ist, vor dem Geschenkeauspacken noch "Ihr Kinderlein kommet" singen zu müssen. Mit 20 vielleicht die Überzeugung, dass Weihnachten nur noch Kitsch und Kommerz ist.

Geld ist vielleicht geil, aber ohne Gefühl. Es ist zwar einfacher, Geld zu schenken, als stundenlang in Einkaufszentren und Szeneläden das Richtige zu suchen, um die Augen des Beschenkten zum Strahlen zu bringen. Nur wer sich für die Banknotenvariante entschieden hat, signalisiert: "mir ist leider nix eingefallen für dich." Also lieber Strümpfe stricken. Damit Weihnachten Weihnachten bleibt: inklusive Kerzenduft, "Ihr Kinderlein kommet" und emotionaler Achterbahnfahrt.

Dominic Fritz

Ressort: Zisch

Artikel verlinken

Wenn Sie auf diesen Artikel von badische-zeitung.de verlinken möchten, können Sie einfach und kostenlos folgenden HTML-Code in Ihre Internetseite einbinden:

© 2024 Badische Zeitung. Keine Gewähr für die Richtigkeit der Angaben.
Bitte beachten Sie auch folgende Nutzungshinweise, die Datenschutzerklärung und das Impressum.

Kommentare


Weitere Artikel