Lotto
Plötzlich Millionär
Lotto spült Jahr für Jahr viel Geld in den Landeshaushalt und macht einige wenige Menschen reich – lockt aber auch Süchtige an.
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Die 61-Jährige ist Geschäftsführerin der Toto-Lotto GmbH des Landes. 190 Mitarbeiter verwalten 900 Millionen Euro Jahresumsatz, den 2,4 Millionen Spieler pro Woche in Baden-Württemberg hervorbringen. 18 von ihnen haben im vergangenen Jahr die Einladung zu Kaffee und Kuchen bekommen, in diesem Jahr gab es bislang 14 Millionengewinne im Land. Darunter den 90-Millionen-Eurojackpot, der in den Schwarzwald ging – und 13,5 Millionen, die ein Spieler aus Heilbronn bei der Samstagsziehung sechs aus 49 gewonnen hat.
Toto-Lotto ist ein Landesbetrieb. Politiker sitzen im Aufsichtsrat, Minister verteilen Gewinne. Rund 380 Millionen Euro erwirtschaftete die GmbH im vergangenen Jahr für das Land, 132 Millionen flossen in einen Wettmittelfonds – bestimmt für Projekte im Bereich Kultur oder Sport. Das hat Tradition: Nach dem Zweiten Weltkrieg regten Sportverbände die Gründung der staatlichen Totogesellschaften an, Wetten sollten Fußbälle und Turngeräte finanzieren.
Die Lottogesellschaften sehen sich im Geschäft mit dem Glück als die Guten, als Gegenstück zu düsteren Spielhöllen und dubiosen Online-Casinos. "Es gibt schwarze Lotterien, die aus Steueroasen heraus unsere Spiele kopieren", sagt Caspers-Merk. "Die sagen, es ist eine Wette nach englischem Recht auf die deutsche Ziehung. Wenn Sie den Gewinn nicht ausbezahlt kriegen, müssen Sie in Gibraltar klagen – viel Spaß!"
Die SPD-Politikerin Caspers-Merk war von 2001 bis 2005 Drogenbeauftragte der Bundesregierung, als Lottochefin hat sie einen Suchtbeirat gegründet. Wer im Netz spielt und sich registriert, bekommt Post, wenn seine Einsätze über dem Durchschnitt liegen – mit Link auf die Seite check-dein-spiel.de. Das Suchtpotenzial bei Lotto sei gering, sagt Tobias Hayer. Der Bremer Suchtpsychologe sieht in erster Linie die gefährdet, die in Spielhallen und Kneipen am Automaten stehen. 75 bis 80 Prozent der Spielsüchtigen, die professionelle Hilfe aufsuchen, zocken an Geldspielgeräten – und werden vor allem von der hohen Ereignisfrequenz angelockt: "Alle paar Sekunden können die Spieler Geld einsetzen, um mehr zu gewinnen oder Verluste gutzumachen."
Beim Lotto ist das anders, findet Hayer, der ein großes Aber hinterher schiebt: "Man darf nicht verschweigen, dass Lotto ein Glücksspiel ist. Und jedes Glücksspiel kann süchtig machen." Für ihn gibt es vor allem ein Problem: Einige Süchtige würden Lotto spielen, um Verluste am Automaten auszugleichen. "Da ist der Reiz plötzlich sehr stark, leicht aus den Schulden rauszukommen", vermutet Hayer.
"Lotto ist nicht darauf angelegt, den Leuten das Geld aus der Tasche zu ziehen", sagt Lottochefin Caspers-Merk. Sie sagt auch: "Wenn die Jackpots hoch sind, gibt es viele Gelegenheitsspieler. Ich will nicht sagen, dass es bei uns keine Suchtgefahr gibt." Die Lottogesellschaften, erklärt sie, verzichten bewusst auf bestimmte Spielarten – zum Beispiel eine Stundenlotterie, wie es sie in Frankreich gab. "Spielerschutz muss kein Handicap sein", sagt Caspers-Merk.
Ob der Glückspilz aus dem Schwarzwald, der die 90 Millionen Euro beim Eurojackpot gewonnen hat, ein Vielspieler oder ein Gelegenheitsspieler ist, ist unklar. Die Lottogesellschaft weiß nur, in welcher Annahmestelle er oder sie den Tippschein ausgefüllt hat – nennt aber mit Verweis auf die ungewöhnliche Höhe der Summe keine Details.
Gemeldet hat sich bis Montagabend noch niemand. Das kann laut Lottogesellschaftssprecher Mathias Yagmur auch dauern: Im vergangenen Jahr ging der 90-Millionen-Jackpot nach Tschechien. Der Gewinner ließ sich Zeit. Yagmur: "Der wollte das ganz ruhig angehen."
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