Kirchliche NS-Vergangenheit

Ohne jedes Schuldeingeständnis fehlte "Deutschen Christen" der religiöse Sensus für die "Bekennende Kirche"

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Zum Bericht "Radikal in eine falsche Richtung" (BZ vom 14. November).

Es ist erfreulich, dass Pfarrerin Gabriele Hartlieb und ihr Arbeitskreis in dem Buch "Zwischen Kreuz und Hakenkreuz – Die Freiburger Ludwigsgemeinde in den 1930er bis 1950er Jahren" die nationalsozialistische Vergangenheit ihrer Gemeinde kritisch erforschen. Deren "Deutsche Christen" mit ihrem von Frau Hartlieb beklagten skandalösen Pfarrer Friedrich Kölli entsprachen genau jenem "braunen Christentum", als das Hans-Ulrich Wehler in seinem singulären Werk "Deutsche Gesellschaftsgeschichte" den Nationalprotestantismus angesichts dessen Zustimmung zum Nationalsozialismus bezeichnet. Jener hatte auch schon seit Bismarck einen preußisch geprägten militaristischen Staats-"Christentum" gehuldigt, mit dem er das christliche Tötungsverbot (5. Gebot) strategisch aushebelte. Diese religionszynische Aushebelung, die heute ebenso der russische Patriarch Kyrill unter dem dröhnenden Schweigen des Papstes (Unterlassungssünde!) mit seiner "christlichen" Verklärung des verbrecherischen Angriffskriegs Putins gegen die Ukraine vornimmt, bedeutet folglich eine notorische Gotteslästerung.

An dieser wirkte massiv auch der beschämende, in unserer jetzigen Gesellschaft wieder grassierende Antisemitismus mit, den zu Pfarrerin Hartliebs Entsetzen Pfarrer Kölli in seinen die "Deutschen Christen" erfreuenden Predigten im Jahr 1938 vertrat – und damit also dem Holocaust zuarbeitete. Dergestalt knüpfte Kölli an die schlimme Judenfeindlichkeit Martin Luthers an, der dem Nationalprotestantismus außerdem jene fatale Obrigkeitshaltung vererbte, die Thomas Mann in seinem Exilroman "Doktor Faustus" als eine nicht unwesentliche Ursache der deutschen Bejahung des Nationalsozialismus beschrieb. Dass sich die evangelische Ludwigsgemeinde mit ihrem Versagen in diesem bis zum Buch Frau Hartliebs und ihres Arbeitskreises niemals kritisch auseinandergesetzt und es verdrängt hat, ist empörend. Ohne jedes Schuldeingeständnis fehlte ihren "Deutschen Christen" laut Hartlieb auch der religiöse Sensus für die "Bekennende Kirche", deren urchristlichen Widerstandsgeist ja besonders eindrucksvoll Dietrich Bonhoeffer verkörperte, der für seinen Glauben hingerichtet wurde. Damit ereilte selbigen das gleiche Hinrichtungsschicksal wie auf katholischer Seite Max Joseph Metzger: den gerade in München seliggesprochenen Priester, der mit seiner Friedensausrichtung vom NS-affinen Freiburger Erzbischof Gröber dem "braunen Conrad" schmählich im Stich gelassen wurde (vergleiche hierzu Gerhard Kiefers BZ-Artikel "Seiner Zeit weit voraus", Samstag 16. November 2024, "Die dritte Seite").
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