US-Studie
Mitgefühl unter Nagetieren: Warum sich Wühlmäuse trösten
Nur Menschen haben Mitgefühl? Von wegen. Präriewühlmäuse erkennen, wenn es Artgenossen schlecht geht. Sie trösten sich mit Streicheleinheiten. Die Erkenntnis könnte auch Menschen helfen.
dpa
Fr, 22. Jan 2016, 0:00 Uhr
Bildung & Wissen
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Menschen beginnen ab dem zweiten Lebensjahr, andere zu trösten, heißt es in der Studie. Bisher sei ein vergleichbares Verhalten nur bei Tieren mit recht weit entwickelten kognitiven Fähigkeiten festgestellt worden: Menschenaffen, Hunden, Elefanten und Rabenvögeln.
Erstautor James Burkett von der Emory University in Atlanta und seine Mitarbeiter untersuchten empathisches Verhalten an Präriewühlmäusen im Labor. Die Tiere leben monogam, beide Eltern kümmern sich um die Aufzucht der Jungen. Die Forscher trennten nun vorübergehend zwei Tiere voneinander. Eines bekam während der Isolation schwache Stromstöße verabreicht. Dann wurden die beiden Nager wieder vereint. Das verstörte Tier wurde daraufhin von seinem Artgenossen durch Ablecken und Fellpflege getröstet. Sein Kummer ließ in der Folge nach.
Wurden die Tiere getrennt, aber keines mit Stromstößen geschockt, nahmen Dauer und Intensität der Fellpflege nach der Wiedervereinigung nicht in gleichem Maße zu.
Weitere Versuche zeigten, dass das nicht geschockte Tier die Empfindungen des anderen offenbar nachfühlte. So nahm zum Beispiel der Gehalt an Stresshormonen in seinem Blut zu, wenn es den Artgenossen nach dem Test nur durch eine durchsichtige Trennwand beobachten konnte. Hatte es Zugang zu ihm und konnte ihn trösten, verspürte es selbst weniger Stress. Allerdings trösteten die Wühlmäuse nur verwandte und gut bekannte Artgenossen, Fremden spendeten sie keinen Trost.
Als nächstes blockierten die Forscher bei den Tieren den Rezeptor für das Hormon Oxytocin im Gehirn. Daraufhin war es mit dem fürsorglichen Verhalten der Nager vorbei. Beim Menschen wird der Oxytocin-Rezeptor unter anderem mit Empathie und der Wahrnehmung von Emotionen in Verbindung gebracht. Müttern und Babys hilft das Hormon zum Beispiel dabei, eine Bindung zueinander aufzubauen: Durch die Zuwendung der Mutter, etwa beim Stillen, steigt der Oxytocin-Gehalt. Das Baby wendet sich verstärkt der Mutter zu, was wiederum deren Oxytocin-Spiegel steigen lässt.
Viele psychische Erkrankungen des Menschen gehen mit dem Unvermögen einher, Gefühle anderer zu erkennen und darauf angemessen zu reagieren, schreiben die Wissenschaftler. Die genauere Untersuchung des Oxytocin-abhängigen Trost-Verhaltens bei den Präriewühlmäusen führe möglicherweise zu einem besseren Verständnis dieser Erkrankungen.