"Mit 13 war ich schon verliebt – in deine Oma"
ZISCHUP-INTERVIEW mit Georg Seifert, dem Opa von Zischup-Reporterin Matilda Seifert, über seine Hobbys als Jugendlicher, die Nachrichtenflut und Hipti-Kipti .
Matilda Seifert, Klasse 8b, Friedrich-Gymnasium (Freiburg)
Wir benötigen Ihre Zustimmung um BotTalk anzuzeigen
Unter Umständen sammelt BotTalk personenbezogene Daten für eigene Zwecke und verarbeitet diese in einem Land mit nach EU-Standards nicht ausreichenden Datenschutzniveau.
Durch Klick auf "Akzeptieren" geben Sie Ihre Einwilligung für die Datenübermittlung, die Sie jederzeit über Cookie-Einstellungen widerrufen können.
AkzeptierenMehr Informationen
Zischup-Reporterin Matilda Seifert aus der Klasse 8b des Friedrich-Gymnasiums in Freiburg hat ihren Opa, Georg Seifert, über sein Leben als Teenager vor 70 Jahren interviewt.
Seifert: Ja, sehr viele. Angefangen mit vielen Toren, die ich in meiner Fußballmannschaft geschossen habe. Ich erinnere mich an Ferien an der See, wenn mein Vater mit uns Kindern Ball spielte. An Spaziergänge in der Feldmark und im Wald, wo ich mit einem Freund Vögel beobachtet habe.
Zischup: Welche dieser Erinnerungen ist für dich die schönste?
Seifert: Mit 13 war ich schon verliebt – in deine Oma, aber das ahnten wir beide nur. Es zu sagen, dazu waren wir viel zu schüchtern. Es war schon schlimm genug, wenn meine Freunde mich damit gehänselt haben.
Zischup: Wenn du deine Jugendzeit mit meiner vergleichst, was ist wohl der größte Unterschied?
Seifert: Der allgemeine Wohlstand und die Elektronik. Viele Jugendliche haben ihren eigenen Fernseher, ein Laptop, Smartphone und so weiter. Ihr lebt heute so wohlhabend, als hättet ihr schon einen Beruf. Und die Informationsflut ist heute überwältigend. Wir haben viel weniger vom Elend überall in der Welt mitbekommen. Die Nachrichten, die heute alle verkraften müssen, stumpfen uns ab – sonst müsste man verzweifeln.
Zischup: Was hast du früher in deiner Freizeit gemacht, was Kinder und Jugendliche heutzutage so nicht mehr machen?
Seifert: Wir haben eigentlich immer draußen gespielt. Wir kannten es nicht anders. Nur wenige Kinder durften Freunde zu sich nach Hause einladen. Ich habe mit den Kindern aus meiner Straße Spiele gespielt wie Hinkemal, Hipti-Kipti, Kibbel-Kabbel, Ringelspiele mit Liedern – manche dieser Spiele kennt man heute gar nicht mehr. Dabei machte es keinen großen Unterschied, ob die Kinder, mit denen man spielte, 6, 10 oder 14 Jahre alt waren, wir haben einfach immer alle zusammen gespielt. Wir mussten aber natürlich zu Hause auch Pflichten übernehmen. Ich war bei uns zum Beispiel für drei Öfen verantwortlich, das heißt, ich musste die Asche entleeren, das Feuer neu anzünden und Kohlenachschub aus dem Keller holen. Außerdem musste ich die Schuhe für die ganze Familie putzen – das war wegen der vielen matschigen Wege fast täglich nötig. Sicher habt ihr heute auch Aufgaben, doch das sind vermutlich andere.
Zischup: Mein liebstes Hobby ist das Saxophonspielen. Was war deins?
Seifert: Das Basteln und Reparieren. Damals machte man möglichst alles noch heil, wenn es nicht mehr ging, statt einfach ein neues zu kaufen. Ich war besonders darauf aus, Dinge auseinanderzunehmen, um zu sehen, wie sie funktionierten. Das ist mein Leben lang so geblieben. Heute repariere ich die Fahrräder der kurdischen Kinder in unserer Nachbarschaft und versuche, ihnen zu erklären, warum ihre Beleuchtung nicht geht. Und ich habe Briefmarken gesammelt. Ich hatte wegen der englischen Familie meiner Mutter viele Marken aus dem Commonwealth. Dazu hatte ich einen Katalog mit Briefmarken aus aller Welt. So lernte ich, wo welche Länder sind und worauf diese besonders stolz waren – Tiere, Blumen, Bauwerke, Könige. Überhaupt waren wir mit der englischen Mutter etwas Besonderes. Wir sprachen zum Beispiel als Kinder schon Englisch, und wir waren in den Ferien oft in England. Daher spielten wir mit meinem Vater und Freunden auch Cricket. Wenn im Sommer Länderspiele zwischen England und den Staaten des Commonwealth, zum Beispiel Australien, Indien und Länder der Karibik stattfanden, lief jeweils fünf Tage lang von vormittags bis abends die Übertragung der BBC im Radio.
Zischup: Hätte sich deine Jugend stark verändert, wenn du schon früher Zugang zur modernen Technik gehabt hättest?
Seifert: Sicher. Doch ich bedaure es nicht, dass sich seit dem Krieg, an den ich durchaus noch Erinnerungen habe, alles nach und nach gesteigert hat. Ich habe mir als Jugendlicher mein eigenes Radio gebaut und war selig, nachts im Bett mit Kopfhörern den einen Sender zu hören. Dann kamen Vinyl-Schallplatten, viel später Tonbänder, dann der Walkman und, und, und.
Zischup: Nun leben wir ja seit zwei Jahren in einer Pandemie und im Februar ist der Krieg in der Ukraine ausgebrochen – das beängstigt mich schon sehr. Gab es in deiner Jugend etwas Vergleichbares, das dir Sorgen bereitet hat?
Seifert: Oh ja! Die Grenze zur sowjetisch besetzten Zone, also zur DDR, war von uns aus sichtbar. Wir hatten Angst vor einem Atomkrieg. Höhepunkt war 1961 dann der Mauerbau in Berlin. Da war ich Student in Göttingen, weit weg von meinen Eltern.
Zischup: Wenn du dich in meinem Zimmer umschaust, was von meinen Sachen hättest du als Jugendlicher schon gerne gehabt?
Seifert: Ach, ein Computer ist schon etwas Großartiges.
Kommentare
Kommentarbereich ist geschlossen.