Keine Weltraummacht
Geplanter Raketenstart in Großbritannien ist gescheitert
Großbritannien will zur Weltraummacht werden, die ganz Europa in den Schatten stellen soll. Doch die Premiere scheiterte spektakulär.
Mi, 11. Jan 2023, 20:30 Uhr
Panorama
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Immerhin hatten sich 2.000 Schaulustige am späten Montagabend in Party-Stimmung auf dem Flughafen Newquay in Cornwall, im Südwesten Englands, versammelt. Und Zehntausende Neugierige überall im Land hatten das Abrollen des Virgin-Orbit-Jumbos "Cosmic Girl" online live verfolgt.
Die Maschine sollte mit der "LauncherOne"-Rakete abheben und diese nahe der irischen Küste in knapp elf Kilometern Höhe ausklinken und zünden, damit sie sich auf den Weg ins All machen könnte. Der Plan war, irgendwo auf der anderen Seite der Erde neun mitgeführte Satelliten in Position zu bringen.
Wegen einer "technischen Panne" beim Zünden der zweiten Stufe scheiterte die Mission aber. Eventuelle Trümmer landeten, der britischen Weltraumbehörde zufolge, im Nordatlantik. Schockierte Mienen im Spaceport, beim Richard-Branson-Konzern Virgin Orbit, bei den Satelliten-Eigentümern und bei den Fans des Unternehmens waren das Resultat.
Der Schock war umso größer, weil man das Ereignis seit Monaten zum historischen Start in eine neue Ära – und zu einem britischen Triumph – deklariert hatte. "Wir wollen wirklich die ersten sein, die einen solchen Start (vom eigenen Boden aus) in Europa schaffen", hatte es Ian Annett, der Vizedirektor der Weltraumbehörde, erklärt. "Wir wollen die Führungsrolle in Europa übernehmen, was Raketenstarts angeht." Nach dem Scheitern der Mission meinte Annett kleinlaut, dies habe gezeigt, "wie schwierig" es sei, den Weg ins All zu finden.
Dass es noch dieses Jahr einen neuen Versuch geben wird, können die Organisatoren des Projekts nicht versprechen. Vor allem ist man auf die britische Regierung angewiesen, die an dem angepeilten Prestige-Start mit 7,4 Millionen Pfund beteiligt war. Einen Rückschlag bedeutet die misslungene Zündung auch für die Grafschaft Cornwall, die in "ihren" Spaceport 20 Millionen Pfund investiert hat – und die darauf hofft, sich den Ruf einer der großen High-Tech-Regionen der Erde zuzulegen, nachdem sie bisher als ländliches Urlaubsziel bekannt war.
Tatsächlich hat sich in Teilen Großbritanniens über die Jahre eine lebhafte Produktion von Klein-Satelliten und anderen elektronischen Gerätschaften entwickelt. Mit seinen Spaceports versucht sich das Land eine günstige Ausgangsposition im internationalen "Weltraum-Geschäft" zu verschaffen. Denn auch die Briten wissen, dass dieses Geschäft – das ihnen nach Schätzungen 5,5 Milliarden Pfund eintragen könnte – harscher Konkurrenz ausgesetzt sein wird. Mehr als 50 "Spaceports" sollen weltweit bereits in Betrieb oder im Bau sein. Ein Branchen-Kenner, den Londons Financial Times jüngst zitierte, erklärte, schon jetzt stünden manche Raketen-Flughäfen und Gelände mit Startrampen für Raketen, zum Beispiel in den USA, halbleer.
Spaceport Cornwall selbst hat ehrgeizige Erwartungen bereits herabgestuft, wie Geschäftsführerin Melissa Thorpe einräumt. Inzwischen, sagt Thorpe, denke man "einiges pragmatischer" als früher. Wo 2018 noch von acht Raketenstarts pro Jahr die Rede war, rechnet man nun nur noch mit höchstens zwei. Und nicht alle Starts dürften sich des gleichen Rückhalts bei Regierung und Bevölkerung erfreuen, wie er dieser ersten Mission zuteil wurde, warnen Experten.
Umso härter trifft die Beteiligten , dass alles derart schief lief. "Tränen" habe es gegeben, berichtet Melissa Thorpe. "Wir haben so viel investiert in diese Geschichte. Jetzt sind wir alle am Boden zerstört."
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