"Meiner Meinung nach hat die Stadt einen zu hohen Anspruch"
Am kommenden Sonntag wählen knapp 18 000 Mädchen und Jungen den dritten Freiburger Jugendrat - eine Aussteigerin zieht Bilanz.
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Als ich am 18. November 2000 für den zweiten Freiburger Jugendrat kandidierte, war ich mir nicht ganz im Klaren darüber, was wirklich auf mich zukommen würde. Ich hatte das Wort Jugendrat schon einige Male gehört und dachte, es handle sich um eine Gruppe, die Geld von der Stadt zur Verfügung gestellt bekommt, um Parties für Jugendliche zu veranstalten. Doch ich hatte mich getäuscht. Der Jugendrat hat mit Politik zu tun und soll die Jugendlichen in der Kommunalpolitik vertreten.
Anfangs hatte ich große Probleme mit meiner Arbeit als Jugendrätin. Wir konnten nicht einfach loslegen, da die meisten noch nichts von einer "konstituierenden Sitzung gehört hatten, geschweige denn wussten, was ein städtischer Beirat ist. Wir mussten uns also erstmal das nötige Wissen erarbeiten. Dieser Prozess zog sich erheblich in die Länge, da wir uns erstmal kennen lernen mussten, um herauszufinden, welche Fähigkeiten jeder hatte. Problematisch war auch, dass wir kein richtiges Besprechungszimmer hatten und die Stelle bei der Stadtverwaltung, die für den Jugendrat zuständig war, nicht durchgehend besetzt war.
Als wir diese Startschwierigkeiten nach einigen Monaten überstanden hatten, kamen schon wieder neue Probleme auf: Die erwartete Resonanz der Jugendlichen und anderer politischer Organisationen, ließ zu wünschen übrig. Es gab Momente, in denen ich daran zweifelte, ob die Stadt und die Freiburger Jugendlichen uns überhaupt ernst nahmen. Es war leider nicht so, dass wir täglich mehrere Briefe erhielten, die uns auf "Jugendprobleme" hinwiesen. Vielmehr mussten wir uns unsere Themen und Aufgaben selbst suchen.
Auf die Aussage, "der Jugendrat macht ja eh nix und liegt der Stadt nur auf der Tasche", reagiere ich persönlich sehr gereizt. Die meisten Motzer sind in diesem Falle nur fähig anzuklagen und zu bemängeln, anstatt dass sie Interesse zeigen und direkt den Jugendrat mit ihren teilweise kritischen Fragen konfrontieren. Meiner Meinung nach hat die Stadt einen zu großen Anspruch an den Jugendrat und vergisst dabei oft, dass wir ein städtischer Beirat von 22 Jugendlichen sind, die zum größten Teil zur Schule gehen und ihren alltäglichen Pflichten nachkommen müssen.
Es war nicht leicht, eine Jugendrätin zu sein. Im Großen und Ganzen sind jedoch gerade diese Erfahrungen nötig, um bestimmte Dinge zu verändern, sei es die Zusammenarbeit mit der Stadt oder mit den Jugendlichen selbst. Der dritte Jugendrat wird es hoffentlich leichter haben, da mit großer Wahrscheinlichkeit mindestens vier amtierende Jugendräte wieder kandidieren. Sollten sie gewählt werden, können sie ihre Erfahrungen der vergangenen zwei Jahre einbringen.
Einerseits bin ich sehr zufrieden, vom kommenden Sonntag an keine Jugendrätin mehr zu sein: Die ehrenamtliche Tätigkeit war sehr zeitaufwändig und ich bin oftmals an meine Grenzen gestoßen. Andererseits werden mir einige Kollegen fehlen und ich werde die Gewohnheit, mindestens dreimal in der Woche in unser Büro im Jugendhaus zu gehen und verschiedene Veranstaltungen zu organisieren, vermissen. Ich wünsche dem dritten Freiburger Jugendrat viel Glück und hoffe, dass seine Mitglieder sich schneller als wir an die Arbeit gewöhnen.
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