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"Meine Rezepte waren sehr begehrt"

Zisch-Reporter Oskar Schmied hat seinen Opa Manfred Schmied interviewt, der als Jugendlicher Konditor gelernt hat. Er backt noch immer. .  

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Oskar (rechts) und Manfred Schmied bei einer Hafenrundfahrt im Hamburger Hafen Foto: Privat
Opa Manfred, so wird der ehemalige Konditor liebevoll von seinen sechs Enkelkindern genannt, lebt seit mittlerweile 30 Jahren in Meldorf an der Nordseeküste. Manfred Schmied hat nur wenige Jahre als Konditor gearbeitet, backt aber mit seinen über 70 Jahren noch immer für die Familie leidenschaftlich gerne.

BZ: Warum bist du Konditor geworden?
Mein Vater, also dein Urgroßvater, besaß ein großes Café in Oberhof in Thüringen. Damals war es gängige Praxis, den Betrieb des Vaters beziehungsweise der Eltern zu übernehmen. Da wurde man als Kind nicht vor die Wahl gestellt – man wurde also nicht gefragt, welchen Beruf man gerne erlernen möchte und wo die eigenen Interessen liegen.

BZ: Wie wird man Konditor?
Die Ausbildung dauert insgesamt drei Jahre. Ich konnte aber aufgrund guter Noten und aus familiären Gründen um ein Jahr verkürzen und somit die Prüfung im Alter von gerade einmal 17 Jahren erfolgreich ablegen.

BZ: Wie sah dein Alltag in der Konditorei aus?
Die ersten ein bis zwei Monate der Ausbildung durfte ich tagein, tagaus den Abwasch erledigen. Dann musste ich verschiedene Stationen durchlaufen. Ich mischte, portionierte und formte Massen, wie (Hefe-)teige, gab je nach Rezept weitere Zutaten, wie vorbereitetes Obst, hinzu und verteilte alles in Backformen oder auf Backblechen. Auch lernte ich, Pralinen und Eis zuzubereiten. Selbstverständlich außerdem jedwede Formen von Sahne- und Marzipantorten.

BZ: Musstest du dann auch, wie es für die Bäckermeister üblich ist, mitten in der Nacht aufstehen?
Nein zum Glück nicht! Mein Arbeitsbeginn war um acht Uhr und Feierabend war immer gegen 18 Uhr. Lediglich vor Silvester mussten wir eine Nachtschicht einlegen, da die Berliner bereits am frühen Vormittag fertig zubereitet in der Konditorei beziehungsweise im Café parat in der Theke liegen mussten.

BZ: In welcher Konditorei hast du gearbeitet?
Meine Ausbildung habe ich in Darmstadt in dem Caféhaus Bormuth gemacht, welches seit 1950 und bis heute noch immer existiert. Nach den zwei Jahren sind meine Familie und ich nach Japan gezogen. Dort habe ich in einem Touristenhotel in dem Ort Chigasaki, direkt an der Pazifikküste gearbeitet, in dem meine Rezepte aus Deutschland sehr begehrt waren. Nach meiner Rückkehr nach Deutschland war ich für zirka ein Jahr bei Niederegger in Lübeck beschäftigt. Niederegger Marzipan ist dir sicherlich ein Begriff.

BZ: Welche Leckereien hast du tagtäglich hergestellt?
Die gängigsten waren Kopenhagener – bei euch im Süden sagt man Plunder, Sahnetorten, Plattenkuchen – im Süden: Blechkuchen – und vor Weihnachten natürlich Christstollen.

BZ: Was war das Schönste, das du jemals gebacken hast?
Das war ganz klar die dreistöckige Hochzeitstorte deiner Eltern, eine Lübecker Marzipantorte, im Jahr 2014. Du erinnerst dich nicht daran, weil du damals noch nicht auf der Welt warst. Das oberste "Geschoss" der Torte haben deine Eltern eingefroren und ein Jahr später an ihrem ersten Hochzeitstag gegessen. Und tatsächlich hat sie den beiden noch geschmeckt wie im Jahr zuvor!

BZ: Backst du heute noch viel und gerne?
Nur für die Familie. Also insbesondere zu Geburtstagen gibt es deinen Lieblingskuchen, den Butterkuchen. Und natürlich vor Weihnachten. Ende November/Anfang Dezember läuft über mehrere Tage meine Küchenmaschine heiß. Pünktlich zum ersten Advent wird meine Spezialität, der Dresdner Christstollen, für die ganze Familie und enge Freunde deutschlandweit verschickt.

Manfred Schmied hat uns sein kostbares Rezept für den Dresdner Christstollen netterweise zur Verfügung gestellt (siehe Kasten). Den backt mittlerweile nicht nur Familie Schmied.

Rezept für vier Dresdner Christstollen (Kalte Teigführung)

Zutaten:
1500 g Mehl (Type 550)

60 g Hefe

380 g / 190 cl Milch

150 g Marzipan

850 g Butter

150 g Zucker

23 g Salz

6 Zitronen (abgeriebene Schale, ungespritzt)

1 gestrichener TL Macisblüte

1 R. Bittermandelöl

1200 g Rosinen (klein und dunkel)
450 g Mandeln (gehackt oder gestiftelt)
380 g Sukkade (Zitronat) gehackt

150 g Orangeat gehackt

120 g/ 60 cl Rum

120 g Butterfett

120 g Biskin

200 g Vanillezucker

40 g Puderzucker

So geht’s:
Für den Teig das Mehl in eine Schüssel geben, in die Mitte eine Mulde drücken, Hefe hineinbröckeln. Mit der lauwarmen Milch und etwas Zucker verrühren. Schüssel mit einem feuchten Tuch zugedeckt an einem warmen Platz 20-30 Minuten stehen und gehen lassen. Den restlichen Zucker mit dem Marzipan und etwas Butter verkneten. Nach und nach die restliche Butter, das Salz und Zitrone dazugeben, bis eine gleichmäßige Masse entsteht.
Anschließend den Teig mit dem Butter-Zucker-Marzipan-Gemisch gut verkneten, bis der Teig sich von der Schüssel löst. Über Nacht an einem kühlen Ort (10-12 Grad Celsius) gehen lassen.
Eventuell am nächsten Tag bei Zimmertemperatur gehen lassen, bis sich das Volumen deutlich vergrößert hat.
Danach die 24 Stunden vorher in Rum eingelegten und zugedeckten Früchte mit den ebenfalls 24 Stunden vorher in Wasser eingeweichten Mandeln vermischen und vorsichtig beides von Hand unter den Teig kneten. Vor dem Vermischen Mandeln gut abtropfen lassen.
Pro großer Stollenhaube (Backform) 1250-1300g eindrücken und bei 200 Grad Umluft (180 Grad Heißluft) backen. Backzeit ca. 50-60 Minuten. Die Stollenhauben 10 Minuten vor Ende der Backzeit abnehmen, damit sich eine schöne Kruste bilden kann. (Marzipanstollen 100 bis 120 g Marzipan eindrücken). Nach dem Abnehmen der Hauben die Temperatur auf 170 Grad drosseln.
Am nächsten Tag nach vollständiger Abkühlung (sind sonst sehr zerbrechlich) die Stollen mit dem Butter-Biskin Gemisch satt rundherum einstreichen und anschließend in Vanillezucker wälzen (normaler Kristallzucker mit 3 Päckchen Vanillezucker pro Stollen).
Zum Schluss die Stollen mit Puderzucker dick bestreuen und erst am nächsten Tag (!) in Kunststofffolie einschweißen, damit man sie einfrieren kann. Das Fett-Zuckergemisch hält die Stollen frisch und saftig.
Guten Appetit!

Ressort: Zisch-Texte

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Fr, 15. November 2024: PDF-Version herunterladen

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