"Meine Musik ist wie ein Actionfilm"
Kollegah, zur Zeit erfolgreichster deutscher Rapper, spricht im Interview über sein Jura-Studium, den Islam und Putenstreifen-Salat.
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Kollegah ist der momentan erfolgreichste deutsche Musiker, sein Solo-Album "King" steht seit Wochen an der Spitze der deutschen Charts. Vor seinem Auftritt am Sonntagabend in Freiburg hat er sich mit Fudder-Redakteur Marius Buhl zum Telefoninterview verabredet. Erster Anruf, mittags um zwölf Uhr: Mailbox. Kollegah schlafe noch, sagt das Management. Um 16 Uhr sei er wach. Zweiter Anruf: Wieder die Mailbox. Kollegah brauche noch kurz. Um halb fünf nimmt er dann bestens gelaunt sein Handy ab.
Kollegah: Ja sehr. Es war eine lange und erholsame Nacht.
Fudder: Wie spreche ich dich denn an?
Kollegah: Den Boss immer mit "Boss" ansprechen, bitte.
Fudder: Okay, Boss. Was verbindest du mit Freiburg?
Kollegah: Ich bin oft in Freiburg, es ist eine der wenigen deutschen Städte, die mir richtig gefallen. Zwei Tage Freiburg sind für uns Ruhrgebietler wie Kur. Ich könnte hier sogar leben, die Leute im Süden sind sehr entspannt.
Fudder: Das klingt ziemlich harmlos. Kollegah: Ja, das Gangsterpotential ist klein. Die Leute sind ungefährlich.
Fudder: Freiburg ist eine Studentenstadt. Gibt es überhaupt Kollegah-Fans?
Kollegah: Alle lieben den Boss, Studenten, Kinder, Erwachsene. Meine Bandbreite ist riesig. Die Studenten lieben vor allem meine Raptechnik.
Fudder: Du studierst ja selbst Jura in Mainz. Kannst du uns den "Error in persona vel objecto" erklären?
Kollegah: Ich hab seit zwei Jahren nichts mehr für Jura getan, warum auch? Kein Anwalt in Deutschland verdient auch nur annähernd so viel wie der Boss. Ich habe damals nur aus Interesse angefangen, Jura zu studieren. Jetzt muss ich eigentlich noch Examen machen. Vielleicht wird es nächstes Jahr ruhiger.
Fudder: Wie läuft das ab, wenn der Boss den Hörsaal betritt?
Kollegah: Nehmen wir die Strafrechtsvorlesung. Wenn ich, natürlich verspätet, in den stillen Hörsaal kam, hat sich der Prof ein Autogramm auf die Stirn abgeholt. Die Kommilitonen haben währenddessen meine Alben gehört.
Fudder: Hat dir das Jura-Studium auch als Gangster genutzt?
Kollegah: Klar, sehr oft habe ich gedacht: Ach guck mal, wenn ich auf Notwehr plädiere, komme ich glimpflicher davon.
Fudder: Du gibst gerne den Harten. Ist das die Rolle des Mannes von heute?
Kollegah: Der Mann ist der Versorger und Beschützer. Er muss erfolgsorientiert sein, er muss sein eigener Chef sein. Es gibt zu viele Schafe in der Welt. Zu wenige Führer, zu viele Folger. Deswegen ist das Volk verblendet, dumm und primitiv. Aber: Wer sich an meiner Musik orientiert, kann noch ein Alpha-Wolf werden.
Fudder: Wie wirkt das auf Frauen?
Kollegah: Es ist der Instinkt der Frau, den Alpha zu wollen. Die Frau will beschützt und versorgt werden, das ist ihre natürliche Rolle. Wer davor die Augen verschließt, lebt in einer anderen Welt.
Fudder: Siehst du die Jugendlichen da auf einem guten Weg?
Kollegah: Absolut. Als ich jung war, gab es viele Drogenabhängige, viele Planlose, das Koksziehen wurde glorifiziert, Sport war verpönt. Heute liegt der Fokus auf Sport. In unseren Songs sagen wir daher auch: Macht was aus euch! Damit haben wir auch weit mehr Einfluss als die Eltern.
Fudder: Bist du in Wahrheit nicht ein unglaublich schlechtes Vorbild?
Kollegah: Natürlich rappe ich ab und zu, dass ich ein Tütchen Koks verticke. Die Jugendlichen verstehen das aber als Stilmittel und nicht als Aufruf, gegen das Betäubungsmittelgesetz zu verstoßen.
Fudder: Und das ständige Mutterficken?
Kollegah: Meine Musik ist wie ein Actionfilm: Es werden Leute abgeknallt, Mütter gefickt. Am Ende ist der Film aber vorbei und niemand geht los und macht’s nach. Die Message, die bleibt, ist: Sei stark, mach was aus dir, sei ein Boss. Das kapieren die Kids.
Fudder: Gegen deine Konzerte wird immer wieder protestiert, oft von Frauen- und Schwulenrechtlern. Zu Recht?
Kollegah: Nein, nein, nein. Die wollen sich bloß Zeit vertreiben. Auf welcher Basis kritisieren die? Klar, wenn man sich ein Wort wie Schwuchtel rauspickt, kann man sagen: Der Kolle macht schwulenfeindliche Texte. Man muss aber wissen: Im Hiphop ist Schwuchtel nur ein ganz normales Schimpfwort, das hat mit Homophobie nichts zu tun.
Fudder: In Wahrheit ist es doch so: Du spielst die Rolle des Gangsters, weil die Kids das feiern und dein Album kaufen.
Kollegah: Natürlich habe ich mir einen gewissen Status erarbeitet. Die Leute feiern mich nicht nur als Musiker, sondern auch als Mensch, als Kultfigur. Das ist auch ein wichtiger Faktor um Einheiten zu verkaufen, gerade im Hiphop, der ja per se nicht das kauffreudigste Publikum hat. Dennoch verbiege ich mich nicht für ein Image. Ich bin einfach so.
Fudder: Zur Kultperson Kollegah gehört auch der Fitness-Wahn. Was muss ich tun, um auszusehen wie der Boss?
Kollegah: Hol’ dir die Bosstransformation. Das ist mein Fitnessprogramm. In 12 Wochen bringe ich damit deinen Körper auf ein schönes Level. Dazu kommt die Ernährung. McDonalds macht fett und unattraktiv. Salat ist auch tabu, davon schrumpft der Bizeps. Salat mit Putenstreifen ist aber okay.
Fudder: Du hast inzwischen richtig viel Geld verdient. Macht dich das glücklich?
Kollegah: Glück währt nur kurz und verfliegt. Geld ist daher alleine kein Mittel, um glücklich zu sein. Es geht viel mehr darum, wofür man es einsetzt. Wenn man damit etwas bewirkt, was einem am Herzen liegt, das macht glücklicher als sich einen Blechhaufen von Lamborghini zu kaufen. Der Boss steckt sein Geld lieber in Projekte, die die Welt verbessern können und Unrecht ausbalancieren.
Fudder: Der Boss klingt wie ein Politiker.
Kollegah: Ich könnte mir auch vorstellen, eines Tages als Politiker zu arbeiten, da gäbe es viel zu tun. Ich als Musiker habe ja einen großen Einfluss auf die Jungen, viele hören auf mich. Ich will aber nicht zu viel über meine Zukunft verraten.
Fudder: Mit 15 bist du zum Islam konvertiert. Wie gläubig bist du heute?
Kollegah: Ich bete regelmäßig, faste einmal im Jahr. Das dient der Selbstreinigung. Außerdem halte ich mich an Gebote wie die Armensteuer, bei der man 2,5% seines Nettoeinkommens an Bedürftige spendet. Würden das alle machen, hätten wir keine Bettler auf der Welt.
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