Zisch-Interview
"Mein Buch hatte ich auf dem Notenpult"
Wie lässt es sich vermeiden, Geige zu üben, wenn man gar keine Lust dazu hat? Die erste Geigerin des Freiburger Barockorchesters Petra Müllejans verrät es.
Benjamin Bek, Klasse 4a, Lorettoschule (Freiburg)
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Zisch: Wie kamst du in das Orchester?
Müllejans: Ich habe hier in Freiburg an der Musikhochschule Geige studiert. Wir waren damals ein paar Studenten, die ein eigenes Orchester gründen wollten. Wir spielen ja mit Barockinstrumenten und ein Barockorchester gab es damals noch nicht, so beschlossen wir, eines zu gründen und langsam aufzubauen.
Zisch: Wie war das Orchester damals, als es gegründet wurde?
Müllejans: Nicht so gut. Wenn man sich die ersten Aufnahmen von uns anhört, klingt das ganz schön peinlich. Aber wir mussten erst lernen, auf den Barockinstrumenten zu spielen, was anders ist als auf modernen Instrumenten. Zum Beispiel spielen wir mit Darmsaiten, die sich sehr schnell verstimmen. Oft klang das auch furchtbar, weil wir nicht gut zusammen waren. Mit einer so großen Gruppe und ohne Dirigenten muss man unheimlich viel üben, um zusammen spielen zu können. Inzwischen haben wir es aber ganz gut raus, glaube ich.
Zisch: Wie viele seid ihr und wer entscheidet, was gespielt wird?
Müllejans: Wir sind 30 feste Mitglieder, die alle mitreden dürfen. Ein kleines ausgewähltes Gremium von fünf Musikern darf dann, wenn viele Vorschläge kommen, entscheiden, was gespielt wird. Außerdem haben wir auch noch einen Musikwissenschaftler im Büro, der sich ganz spezielle Programme ausdenkt.
Zisch: Dauert es dann nicht ewig, bis sich alle auf Lieder einigen können?
Müllejans: Das kannst du aber laut sagen! Das dauert ganz schön lange und nervt manchmal auch wahnsinnig.
Zisch: Wie bereitet ihr ein Konzert vor?
Müllejans: Wir proben nicht jeden Tag und jede Woche, weil manche von den Musikerinnen und Musikern gar nicht in Freiburg wohnen. Wir reservieren für das gemeinsame Proben immer die vier Tage vor dem ersten Konzert und proben dann in unserem Probehaus jeden Tag zwischen sechs und acht Stunden. Dann geht es auf Tournee, dabei spielen wir meistens zuerst im Konzerthaus in Freiburg und geben dann anschließend noch in vielen anderen Städten Konzerte.
Zisch: Was ist deine Rolle im Freiburger Barockorchester?
Müllejans: Ich war ganz lange mit Gottfried von der Golz zusammen das, was man künstlerische Leitung nennt. Die Leitung habe ich aber vor ein paar Jahren abgegeben. Ich wollte nicht mehr weitermachen und spiele jetzt einfach in der ersten oder der zweiten Geige. Davor war ich Konzertmeisterin, das ist der oder die Geigerin, die vorne sitzt und in unserem Fall die Einsätze gibt, denn wir spielen ja ohne Dirigenten.
Zisch: Wieso hast du die Geige gewählt?
Müllejans: Ich bin in der Nähe von Köln aufgewachsen. Als ich fünf Jahre alt war, wurde dort eine neue Musikschule gegründet. Die hatte eine ganz tolle Musikschulleiterin, die sich die Kinder genauer angeschaut und ihnen geeignete Instrumente zugeteilt hat. So kam ich zur Geige. Sie hatte ein sehr gutes Gefühl, denn ich glaube, ich wusste mit sieben Jahren noch gar nicht, was eine Geige ist. Ich hatte dann einen ganz tollen jungen Geigenlehrer und somit war ganz schnell klar, dass die Geige mein Instrument ist.
Zisch: Hattest du manchmal keine Lust zu üben?
Müllejans: Ja. Ich hatte ganz schön oft keine Lust zu üben! Ich hatte vor allem als Kind meistens nicht so viel Lust, alleine zu üben. Mir hat es aber Spaß gemacht, in der Gruppe zu spielen. Ich habe schon mit acht oder neun Jahren in einem kleinen Orchester mitgespielt. Das hätte ich zehn Stunden am Tag machen können, und das habe ich auch. Aber nur alleine üben empfand ich als langweilig, und weißt du, was ich dann manchmal gemacht habe? Meine Mutter wollte immer mitkriegen, dass ich übe. Ich aber war so eine Leseratte, habe dann mein Stück schnell auswendig gelernt und während des Spielens einfach immer gelesen. Mein Buch hatte ich auf dem Notenpult, dazwischen habe ich umgeblättert und meine Mutter hat nichts gemerkt. Ich habe außerdem mal eine Saite vor dem Unterricht heimlich angeritzt, weil ich nicht geübt hatte. Die ist dann gerissen und der Unterricht konnte nicht stattfinden.
Zisch: Hast du manchmal Lampenfieber?
Müllejans: Ja, ich habe manchmal Lampenfieber. Vor allem, wenn ich ein Solo zu spielen habe, oder wenn ich als Konzertmeisterin das Orchester angeführt habe. Dann war ich, je nachdem wie schwer das Programm war, ganz schön nervös.
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