Jeff Nichols erzählt in "Loving" von der Beziehung von Richard und Mildred Loving
GESCHICHTSDRAMA: Jeff Nichols erzählt in "Loving" von der Beziehung, die zur Staatsaffäre wurde.
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Bald nach ihrer Rückkehr in ihre Heimatstadt Central Point im Caroline County werden sie mitten in der Nacht vom Sheriff und zwei Hilfssheriffs rüde aus dem Bett geworfen und ins Gefängnis gesteckt. Man verurteilt sie zu einem Jahr Haft wegen Verstoßes gegen das sogenannte Rassenintegrationsgesetz; unter der Voraussetzung, dass sie das County und den ganzen Staat Virginia sofort verlassen und in den nächsten 25 Jahren nicht mehr gemeinsam aufsuchen, wird ihnen aber Strafaussetzung gewährt.
Sie ziehen zu Mildreds Cousin und dessen Frau nach Washington, bekommen drei Kinder; zur Geburt des ersten reisen sie noch heimlich nach Virginia, damit Richards Mutter Mildred beistehen kann, doch die Sheriffs sind wachsam, und ohne den Anwalt, der von einem Irrtum seinerseits spricht, wäre die Gefängnisstrafe nicht mehr abzuwenden gewesen.
Dann aber schreibt Mildred 1963 einen Brief an den Justizminister Robert F. Kennedy und bittet ihn um Unterstützung. Die American Civil Liberties Union (ACLU) nimmt sich des Falles an, zunächst freilich bestätigen die Gerichte in Virginia noch einmal das Verbot einer gemischtrassigen Ehe – schließlich habe Gott "die Rassen Weiß, Schwarz, Gelb, Malaisch und Rot" nicht ohne Grund auf verschiedenen Kontinenten verteilt.
Doch im Jahr 1966 wendet sich das Blatt. Das Life Magazine bringt unter der Überschrift "Das Verbrechen, verheiratet zu sein" einen Bericht mit Fotos und schreibt: "Loving gegen Virginia kann der nächste historische Meilenstein in der Geschichte der Menschenrechte sein". Der Fall landet beim Obersten Gerichtshof von Amerika, und der entscheidet am 12. Juni 1967 einstimmig, ein Verbot von Eheschließungen aufgrund von Rassenmerkmalen sei verfassungswidrig. Zum Gedenken an das Urteil wird in den USA immer am 12. Juni der "Loving Day" begangen, vorgestern war der 50. Jahrestag.
nicht Geschichte schreiben
Das macht "Loving" nicht etwa zum unpolitischen, sondern zum umso nachdrücklicheren Film. Richard und Mildred sind keine Menschenrechtsaktivisten, sie wollen nicht Geschichte schreiben, sondern ihr Leben leben, ihren Alltag teilen, miteinander alt werden. Und was sie voneinander unterscheidet, ist nicht die Hautfarbe. Der Maurer Richard, den Joel Egerton ("Black Mass") als ernsten, schweigsamen, mitunter fast linkischen Mann mit gesenktem Blick gibt, hasst den Medienrummel um sich und seine Frau ebenso wie das ewige Versteckenmüssen in Virginia, wohin die Familie irgendwann doch wieder gezogen ist, weil die Kinder auf dem Land aufwachsen sollen.
Mildred dagegen scheint auf eine leise Art die Aufmerksamkeit fast ein wenig zu genießen, die ihr durch die Bürgerrechtsorganisation ACLU und ihre Anwälte zuteil wird. Ruth Negga ("Warcraft") spielt sie einfach wunderbar und wurde dafür verdientermaßen mit einer Oscar-Nominierung belohnt. Diese Frau, bescheiden und mutig, ihrer Zeit verhaftet und doch mit dem Blick für die Zukunft, spürt sicher mehr als ihr Mann, dass ihr Fall ein historischer werden könnte. Was aber nicht heißt, dass sie nicht ganz auf ihn fixiert wäre und progressivere Pläne als die Verwirklichung des amerikanischen Familienidylls im Sinn hätte.
Aber das ist ja gerade die wuchtige Botschaft dieses zurückhaltenden Films: Die Rassentrennung in der Ehe ist angesichts der konservativen Werte, die hier gelebt werden wollen, umso skandalöser. Und besonders grotesk, weil Liebe ja nie eine Monokultur ist.
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