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Zischup-Interview

"Lieb haben und alle Möglichkeiten bieten"

Stefan Ruppaner ist Direktor der Alemannenschule Wutöschingen, an der die Schüler sehr selbständig lernen. Er erklärt, wie das funktioniert. .  

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Stefan Ruppaner vor der Alemannenschule in Wutöschingen  | Foto: Privat
Stefan Ruppaner vor der Alemannenschule in Wutöschingen Foto: Privat
Stundenlang in der Schule sitzen, um dann die ganze Zeit das Gefühl zu haben, dass man nichts versteht. Fehlende Konzentration und Motivation, da der Unterricht so langweilig gestaltet wird. Erst um vier nach Hause kommen und obendrein ein Berg an Hausaufgaben. Damit hat die Alemannenschule in Wutöschingen Schluss gemacht. Sie hat völlig neue Wege beim Lernen beschritten. Und das scheint zu funktionieren.

Die Schule hat sich auf den Weg gemacht, Schule und Lernen neu zu gestalten. Die Schüler und Schülerinnen lernen an dieser Schule selbstständig. Doch nicht mit Schulbüchern, sondern jedes Kind bekommt ein Tablet, mit dem es auf digitalen Lernplattformen arbeiten kann. Statt der Klassenzimmer gibt es sogenannte Inputräume und ein Lernatelier. In den Inputräumen haben die Schülerinnen und Schüler pro Woche eine Unterrichtsstunde in jedem Hauptfach, ansonsten gibt es keinen Frontalunterricht. Im Lernatelier sitzen die Jugendlichen unterschiedlichen Alters auf Holzbalkonen und arbeiten. Jeder hat dort seinen festen Platz mit einem Schreibtisch und einem Schrank. Trotz der vielen Schüler wird im Lernatelier nur geflüstert, was ziemlich gut funktioniert. Sie haben aber auch noch andere Orte mit Sitzmöglichkeiten, an denen sie lernen können.

Die Stundenpläne schreiben sich die Schülerinnen und Schüler selbst, die sich hier Lernpartnerinnen und Lernpartner nennen. Sie können sich auch aussuchen, wann sie was lernen. Wenn sie Fragen zum Stoff haben, können sie sich an die Lernbegleiter wenden. So werden die Lehrkräfte genannt. Wenn man ein Thema sicher verstanden hat, kann man statt einer Klassenarbeit zu einem Zeitpunkt, den man selbst wählt, einen Gelingensnachweis schreiben. Die Schülerinnen und Schüler haben außerdem jede Woche ein Coachinggespräch mit den Lernbegleitern, in dem die weiteren Lernschritte besprochen werden. Am Nachmittag kann man einen Workshop machen, zum Beispiel Imkern, Filmedrehen oder man kümmert sich um die Tiere auf einem Bauernhof. Dadurch wird der Spaß am Lernen gefördert.

Zischup: Herr Ruppaner, wie kamen Sie auf die Idee, Schule so ganz neu zu gestalten?
Ruppaner: Im Jahr 2007 habe ich abends im Fernsehen gesehen, wie Achtklässler selbstständig lernen. Da hab ich gedacht: Was für ein Quatsch! Wenn man unsere Achtklässler alleine lässt, dann tobt das Chaos. Nach dem Film konnte ich die ganze Nacht nicht gut schlafen, weil mich interessiert hat, was das für ein Film war. Am nächsten Tag hab ich es herausgefunden. Es war der Film "Treibhäuser der Zukunft" von Reinhard Kahl. In dem Film war auch die Bodenseeschule in Friedrichshafen zu sehen. Ich habe dann einen Termin ausgemacht, um mir die Schule anzugucken, und dann festgestellt, dass die Kinder dort selbständig lernen und gerne in die Schule gehen. Da habe ich gedacht: Das sollten wir auch können.

Zischup: Gab es am Anfang viel Kritik an Ihrer Idee?
Ruppaner: Am Anfang haben viele Leute uns eher ausgelacht, weil sie dachten, es sei unmöglich. Inzwischen hat sich das Konzept ziemlich gut durchgesetzt. Wir haben mittlerweile 150 Anmeldungen für die fünfte Klasse, aber wir können davon nur 100 nehmen.

Zischup: Würden Sie sagen, dass Kinder auf Ihrer Schule glücklicher sind als auf einem normalen Gymnasium?
Ruppaner: Ja, das würde ich schon sagen. Meine Lehrkräfte haben eine Aufgabe: Seid lieb zu den Kindern und bietet ihnen alle Möglichkeiten, die es gibt. Wir trauen den Kindern auch viel zu. Sie zeigen hier, dass sie Verantwortung übernehmen können. Dadurch, dass wir keinen Unterricht machen, haben die Kinder auch mehr Zeit, sich zu entspannen, sich Aufgaben aufzuteilen und sich zu besprechen. Deshalb sind sie schon glücklicher, das kann man so sagen.

Zischup: Gibt es bei Ihnen auch Schüler, die nicht lernen wollen, wenn ja, was machen Sie mit ihnen?
Ruppaner: Natürlich gibt es die, aber mit ihnen reden wir jede Woche. Ich sage immer: einfach liebhaben. Jeder ist so, wie er ist. Wenn einer nicht lernen kann, muss man herausfinden, warum. Deswegen gibt es jede Woche 15 Minuten Coaching, damit sie mit dem Lehrer reden können. Da soll muss es auch nicht nur um Schulisches gehen.

Ressort: Schülertexte

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Fr, 26. April 2024: PDF-Version herunterladen

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