Zisch-Interview

"Kuratoren kümmern sich um Kunstwerke"

Greta Padberg, Zisch-Reporterin aus der Klasse 4a der Grundschule Windenreute-Maleck, durfte die Kuratorin des Kunstmuseums Basel, Ariane Mensger, im Kupferstichkabinett des Museums besuchen und sie über ihre Arbeit und ihre neue Ausstellung "Weibsbilder" interviewen.  

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„Gestrandeter Wal“ – ein Kupferstich aus dem Basler Kunstmuseum von Hendrick Goltzius Foto: Martin B. Bühler
Ariane Mensger arbeitete bereits seit zwei Jahren interimistisch als Kuratorin im Kupferstichkabinett, und seit Mai wurde die Stelle fest mit ihr besetzt.

Zisch: Was ist eine Kuratorin?

Mensger: Kuratoren arbeiten im Museum. Der Ausdruck kommt von einem lateinischen Wort: "curare", das heißt "sich kümmern, sorgen". Und wir kümmern uns hier um die Kunstwerke und passen auf sie auf. Im Museum sind sehr viele unterschiedliche Kunstwerke, zum Teil auch sehr alte. Und wir sorgen dafür, dass sie gut aufbewahrt sind, dass andere Menschen sie anschauen können, dass sie restauriert werden, und dass sie in der Ausstellung möglichst gut hängen. Die meisten Kuratoren haben Kunstgeschichte studiert. Ich auch.

Zisch: Was ist ein Kupferstichkabinett?

Mensger: Im Kupferstichkabinett sind alle Kunstwerke, die auf Papier sind. Es gibt ja Gemälde und Skulpturen und Zeichnungen und Druckgrafiken. Zeichnungen und Druckgrafiken sind auf Papier. Und die muss man anders aufbewahren, weil sie so lichtempfindlich sind. Es sind also nicht nur Kupferstiche im Kupferstichkabinett. Da sind auch Zeichnungen und Aquarelle, all das. Wir können unsere Bilder nicht permanent zeigen wie Gemälde. Sie dürfen maximal drei Monate gezeigt werden, ansonsten sind sie im Kupferstichkabinett. Nebenan ist der Tresor, da sind die Zeichnungen und Kupferstiche in Kästen gelagert. Die Räume sind klimatisiert. Ich darf nicht einfach mein Fenster aufmachen und die Tür offen stehen lassen. Die Zeichnungen vertragen nicht viel Feuchtigkeit, sie schimmeln sonst und kriegen Stockflecken. Und wenn sie zu viel Licht bekommen, werden sie braun oder die Farbe vergeht.

Zisch: Das kenne ich aus der Schule: Wenn wir was gebastelt und ans Fenster geklebt haben, ist eine Seite heller. Mensger: Das ist genau der Effekt. Licht ist ganz gefährlich für Papier. Deshalb können wir unsere Schätze nicht so zeigen wie die Kollegen aus der Gemäldeabteilung.

Zisch:
Was sind "alte Meister"?

Mensger: Alte Meister sind Künstler, die schon tot sind. Ich bin spezialisiert auf die alten Meister, das bedeutet, meine Künstler haben in der Renaissance gelebt oder im Barock oder im Rokoko. Das sind bestimmte Epochen. Und andere Kollegen, die machen die neueren Meister oder die zeitgenössischen Künstler, die noch leben.

Zisch: Worum geht es in Ihrer nächsten Ausstellung?

Mensger: Meine nächste Ausstellung heißt "Weibsbilder", da geht es um Frauen, Frauenbilder. Es war gar nicht so selbstverständlich, dass man Frauen dargestellt hat. Lange Zeit wurden sie nur als Heilige gezeigt. In einer bestimmten Zeit, nämlich in der Renaissance, werden auf einmal viel mehr Frauen dargestellt, in bestimmten Rollen, als Eva, Venus oder Hexen. Um diese Frauen geht es in meiner Ausstellung. Der Titel ist natürlich ein bisschen provokant. "Weibsbilder" ist ja ein bisschen ein Schimpfwort heute, aber früher hat man Frauen so genannt.

Zisch: Warum wollten Sie im Museum arbeiten?

Mensger: Ich hatte in der Schule Leistungskurs Kunst. Da haben wir Bilder gemalt, und wir hatten Theorie, Kunstgeschichte. Da habe ich bemerkt, dass mir die Theorie, die Kunstgeschichte viel mehr Spaß macht als das Bildermalen. Dann war für mich klar, dass ich Kunstgeschichte studieren will. Während des Studiums habe ich Praktika gemacht und die Museumsarbeit kennengelernt und so gemerkt, dass ich da gerne arbeiten will.

Zisch: Malen Sie selber gerne Bilder? Mensger: Als Jugendliche habe ich sehr gerne gemalt. Jetzt male ich nicht mehr.

Zisch: Macht Ihnen Ihre Arbeit Spaß?

Mensger: Ja, sehr viel Spaß. Aber die Arbeit ist auch anstrengend, weil wir immer so feste Termine haben. Die Ausstellungseröffnung für die Ausstellung "Weibsbilder" steht jetzt schon fest: 6. Oktober 2017. Das heißt, ich muss alles bis zu diesem Termin fertig haben, und ich kann nicht sagen: "Oh, jetzt brauche ich aber noch ’ne Woche!", oder so.

Zisch: Viele Kinder finden Museen langweilig. Welche Idee hast du, damit Kinder gerne in Museen gehen?

Mensger: Das ist wirklich sehr schade. Es ist sehr wichtig, dass sich die Museen mehr um die Kinder bemühen. Aber es gibt ja auch schon viele Programme und Ateliers, wo Kinder nach der Ausstellung selbst malen können. Eigentlich müsste ich dich fragen, was dir gefallen würde, damit Kinder lieber ins Museum gehen. Da muss man die Kinder fragen, denn das andere sind immer Sachen, die sich die Erwachsenen ausdenken. Eine Idee ist, dass Kinder andere Kinder und Erwachsene führen. Das finde ich total schön. Die machen das sicher ganz anders. Würde dir das Spaß machen?

Zisch: Weiß nicht, kommt darauf an, was für Bilder. Welches ist Ihr Lieblingsmaler?

Mensger: Ich habe so viele Lieblingsmaler. Ich finde immer den Maler, mit dem ich mich gerade befasse, am tollsten. Zum Beispiel der hier (zeigt auf ein Bild) heißt Urs Graf, der ist ganz fantastisch. Aber wenn ich mich festlegen soll, dann Albrecht Dürer.

Zisch: Welchen Maler mögen Sie gar nicht?

Mensger: Das gibt es gar nicht. Ich finde generell alle Maler interessant. Es ist immer so, wenn man nichts weiß, findet man einen vielleicht nicht so gut, aber wenn man etwas über ihn erfährt, ist es meist interessant.

Zisch: In welcher Ausstellung waren Sie als Letztes?

Mensger: Wir schauen uns natürlich immer viele Ausstellungen an, vor allem auch hier im Haus, wenn die Kollegen was machen. Beispielsweise läuft gerade die Pradoausstellung seit zwei Wochen, das war die letzte Ausstellung, die ich gesehen habe. Außerdem war ich in Zürich in der Ausstellung mit Ernst Ludwig Kirchner, die war auch sehr schön.

Zisch: Wie lange geht diese Prado-Ausstellung noch, noch mal zwei Wochen?

Mensger: Nein, die läuft noch drei bis vier Monate. Wenn man diesen ganzen Aufwand betreibt, dann dauert es ein bisschen länger. Da sind Gemälde und Papierarbeiten. Nach drei bis vier Monaten muss man die Papierarbeiten abhängen. Die Gemälde kann man länger hängen lassen. Aber der Prado, der die Bilder geliehen hat, der möchte sie auch nicht so lange hergeben. Wenn man Ausstellungen organisiert, dann nimmt man eigene Bilder und Bilder aus anderen Museen.

Zisch: Bekommen die Leute, die die Bilder geben, dann Geld?

Mensger: Gute Frage. Weil alle Museen von allen leihen, hält man sich mit dem Geld etwas zurück. Pro Bild gibt es eine bestimmte Gebühr, aber wenn wir anfangen würden, dafür richtig Geld zu nehmen, dann könnte man keine Ausstellung mehr machen.

Zisch: Ich dachte, die Bilder gehören immer dem Maler!

Mensger: Die Maler leben ja oft nicht mehr.

Zisch: Wem gehören sie dann?

Mensger: Dann gehören sie der Öffentlichkeit, also allen. Die Bilder im Basler Kunstmuseum gehören eigentlich allen Schweizern. Sie zahlen mit ihren Steuern unter anderem dafür, dass dieses Museum existiert. Deswegen müssen wir auch dafür sorgen, dass viele Menschen sie sehen können.

Zisch: Haben Sie auch Bilder von Malern, die noch leben?

Mensger: Die gibt es auch.

Zisch: Dann bekommt sie der Maler doch zurück!

Mensger: Diese Bilder hat der Maler dann mal an das Museum verkauft oder auch verschenkt. Oder der Maler hat das Bild an einen Sammler verkauft, und der hat es dann an das Museum verschenkt. Der Maler lebt davon, dass er seine Bilder verkauft. Und wenn er gut genug ist, kommt er irgendwann ins Museum.

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